Luca di Montezemolo kämpft mal wieder an zwei Fronten: Auf der einen Seite muss der Ferrari Präsident zusehen, dass die lahmenden Boliden aus Maranello wieder in Tritt kommen. Auf der anderen Seite klagt der Italiener seit Jahren über die Formel 1. Erst war ihm die Aerodynamik ein Dorn im Auge, man baue schließlich Autos und keine Flugzeuge, betonte er nicht nur einmal.

Nachdem das technische Reglement 2014 komplett umgeschrieben wurde, stehen nun wieder die Motoren im Mittelpunkt. Eigentlich das, was Montezemolo jahrelang gefordert hatte. Doch ausgerechnet jetzt hinkt Ferrari bei den Motoren hinterher. Und so muss der 66-Jährige seine Kritik etwas anpassen.

"Wie jetzt geht es nicht weiter. Die Teams müssen doch selbst entscheiden können, wie viel Sprit sie verbrauchen und wie viele Reifen sie verschleißen wollen. Früher gewann einfach der beste Mann im besten Auto", sagte er dem Focus. Hintergrund ist die maximale Menge von 100 Kilogramm Benzin, die ein Pilot während des gesamten Rennens verbrauchen darf. Im vergangenen Jahr war die Benzinmenge noch den Teams selbst überlassen, rund 30 Prozent mehr wurde 2013 verbraucht.

Doch Montezemolos Kritik ist nicht durchdacht: Die Formel 1 ist 2014 längst nicht die befürchtete Spritspar-Formel. Einige Teams starten sogar mit deutlich weniger als 100 Kilogramm Benzin. Auch der Reifen-Vorwurf lässt sich nur bedingt bestätigen. Zwar gibt es nach wie vor limitierte Reifensätze an einem Wochenende für jeden Piloten, die Reifen halten aber deutlich besser als noch vor einem Jahr. So war in Silverstone sogar eine Einstopp-Strategie bei den meisten Piloten die schnellste Variante.

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner widerspricht Montezemolo: "Pirelli hat auf alles reagiert und die Probleme, die angesprochen wurden, in Eigenregie gelöst. Pirelli hat einen Reifen gebaut, der schneller auf Temperatur kommt, der länger hält und trotzdem Taktikvarianten zulässt. Auch durch die zusätzlichen Reifen sowohl im Freien Training als auch im Q3 hat man bei Pirelli auf die Wünsche der Fans reagiert. Also: Alles richtig gemacht."

Ferrari drängt weiter auf Regeländerungen

Luca di Montezemolo versucht die Formel-1-Welt zu überzeugen, Foto: Sutton
Luca di Montezemolo versucht die Formel-1-Welt zu überzeugen, Foto: Sutton

In einem Punkt scheint der Landgraf aber richtig zu liegen: "Das hat alles keinen Charme mehr, wir müssen dringend etwas tun. Die Regeln sind viel zu kompliziert, die Rennsportler fahren wie Taxifahrer." In der Tat haben vor allem TV-Stationen mit enormen Quoteneinbrüchen zu kämpfen, Fans beklagen sich nicht nur über den leisen Sound der neuen Motoren sondern auch über die Komplexität der modernen Formel 1.

Schon beim Großen Preis von Bahrain versuchte Luca di Montezemolo die Formel-1-Welt auf seine Seite zu ziehen. Mit mangelndem Erfolg: Zwar versucht die Formel 1 seitdem Kleinigkeiten, um Sound und Show zu verbessern, der große Sprung blieb aber bislang aus. Aufgeben will Montezemolo nicht: "Wenn er [Bernie Ecclestone] das nicht macht, mache ich es selbst. Das sehe ich als meine Pflicht."

Christian Danner findet deutliche Worte für Montezemolo: "Ich weiß wirklich nicht, wo das Faszinations-Problem liegt. Es kann nicht sein, dass ein Montezemolo - indem er völlige wirre Unwahrheiten erzählt - bewirkt, dass alle sagen: Das ist doof. Montezemolo hat sich zuvor über die Aerodynamik beschwert, er hätte gerne eine motorlastigere Formel 1. Jetzt hat er mehr Motor und was ist? Wenn seine Jungs nicht richtig arbeiten, dann ist daran nicht die Formel 1 nicht schuld."