Wieder nur Zweiter, dafür aber Big-Points im WM-Kampf: Der MotoGP-Sonntag in Misano endete für Francesco Bagnaia im Zwiespalt. Nach dem Qualifying trotz Verletzungen als klarer Favorit in beide Rennen gegangen, musste sich der Italiener auch im Grand Prix wieder überraschend einem seiner Kontrahenten geschlagen geben. Der Frust, erneut nicht vor heimischem Publikum gewonnen zu haben, war dabei nach Zielankunft unverkennbar. Bagnaias Jubel während der Auslaufrunde und im Parc Ferme fiel verhalten aus, das Ducati-Team war fast schon um Aufbauarbeit bemüht. Zumindest der dicke Patzer von WM-Rivale Jorge Martin konnte ihm dann mit einiger Zeit Abstand aber doch noch ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
"Mit Blick auf das, was in Aragon passiert ist, muss ich zufrieden sein", bilanzierte der amtierende MotoGP-Weltmeister sieben Tage nach seiner heftigen Kollision mit Ducati-Kollege Alex Marquez. "Jorge hat heute nur einen Punkt geholt, daher ist dieser Ausgang für die Weltmeisterschaft besser. Aber ich hätte schon gerne gewonnen und ohne den Regen hätte ich dazu auch eine gute Gelegenheit gehabt. Für Jorge wäre es sehr schwierig geworden, mich zu überholen."
Nach Martin-Patzer: Francesco Bagnaia ändert MotoGP-Taktik
Zu Beginn des San-Marino-GP hatte sich zunächst ein ähnliches Szenario wie am Vortag abgezeichnet, nur mit vertauschter Rollenverteilung. Im Sprint hatte Jorge Martin den besseren Start erwischt und das Rennen in weiterer Folge kontrolliert, Bagnaia fand aufgrund der Überholschwierigkeiten in Misano bis zum Schluss keinen Weg vorbei. 23 Stunden später fand sich dann der Ducati-Pilot dank der besseren Auftaktphase in Front und hätte - mit Blick auf seine starke Longrun-Pace im Training - den ersten Platz bei einem normalen Rennverlauf wohl auch nicht mehr hergegeben.
Die MotoGP-Götter hatten jedoch anderes im Sinne und schickten zu Beginn der siebten Runde einen kurzen und leichten Regenschauer über den Misano World Circuit Marco Simoncelli. Dieser veränderte den Rennverlauf dramatisch, denn WM-Rivale Martin entschied sich in weiterer Folge zu einem folgenschweren Boxenstopp. Laut Bagnaia der rennentscheidende Moment: "Als ich gesehen habe, dass er in die Box fährt, habe ich mich umentschieden. Ich sagte mir nur, dass ich jetzt bloß nicht stürzen dürfte, weil ich wusste, dass er keine Punkte mehr erzielen würde."
Der Ducati-Star sollte nur indirekt Recht behalten, denn als 15. fuhr Martin letztlich zumindest noch ein mickriges Pünktchen ein. Sämtliche Siegchancen waren aber natürlich dahin, da der Regen kurze Zeit später wieder stoppte. Bagnaia selbst führte zu diesem Zeitpunkt noch, ging aber kein Risiko mehr. "Ich wollte schon konkurrenzfähig bleiben", sagt er zwar, wehrte sich aber nicht mit allen Mitteln gegen den von hinten heranstürmenden Marc Marquez. "Marc ist in diesen Bedingungen der Mutigste. Ich habe versucht, ihn gleich wieder zu überholen, hatte aber keine Chance. Es wäre einzig mit einer 'Divebomb' gegangen und das wäre nicht die korrekte Entscheidung gewesen. Ich bin daher gefolgt und habe in den letzten Runden Zeit verloren. Deshalb habe ich mich dann entschieden, den zweiten Platz mitzunehmen. Das war heute das Maximum."
Francesco Bagnaia trotzt Schmerzen in Misano-Schlussphase
Eine entspannte Fahrt ins Ziel entwickelte sich dann allerdings nicht, der WM-Zweite musste zum Schluss nochmal richtig leiden. "Ich habe dann ein bisschen den Fokus verloren, wodurch die letzten Runden ein echtes Desaster wurden", lässt Bagnaia wissen und erklärt: "Ich war nicht mehr meine Performance fokussiert. Das war dann, als hätten alle Schmerzmittel plötzlich ihre Wirkung verloren. Das hat die letzten Runden wirklich nochmal herausfordernd gemacht." Nach dem Crash in Aragon war der 27-Jährige mit Prellungen im Schulter- und Nackenbereich nach Misano gereist. Am Freitag berichtete er sogar von Schmerzen wie Messerstichen, die bis zum Sonntag offenbar nicht völlig abgeheilt waren.
Mit Blick auf die Geschehnisse des vergangenen Wochenendes gab Bagnaia schlussendlich dann auch zu, sich trotz des ausgebliebenen Sieges mit dem Resultat des San-Marino-GP anfreunden zu können. Für den Emilia Romagna Grand Prix in zwei Wochen (20. bis 22. September) gilt dies aber ausdrücklich nicht. Selbst bei einem erneuten Punkteplus von 16 Zählern gegenüber Martin würde der Ducati-Star keine weiteren zweiten Plätze unterschreiben. "Ich glaube an mich, ich will gewinnen", kündigt er an.
Wie Marc Marquez sich überhaupt in die Lage brachte, Bagnaia am Sonntag schlagen zu können, erfahrt ihr hier:
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