Marc Marquez hat es geschafft, der MotoGP-Superstar kann noch gewinnen! In Aragon beendete er am Sonntag eine Sieglos-Serie von 1.043 Tagen und zelebrierte seinen ersten Grand-Prix-Erfolg seit November 2021 in Misano anschließend euphorisch mit seinen Fans. Die Szene des Tages spielte sich allerdings schon einige Minuten zuvor ab.

Sechs Runden vor Schluss attackierte nämlich WM-Anwärter Francesco Bagnaia Markenkollege Alex Marquez im Kampf um den dritten und letzten Podestplatz. Vor der legendären Aragon-Steinwand unterlief dem jüngeren Marquez-Bruder dabei ein kleiner Fehler, er bremste zu spät zur Linkskurve T12 und ging weit. Bagnaia witterte seine Chance und versuchte, mit seinem Geschwindigkeitsvorteil in der nachfolgenden Rechtskurve T13 außen herum vorbeizugehen.

Francesco Bagnaia im Glück: Keine Brüche nach Marquez-Kollision

Alex Marquez steckte jedoch nicht auf und hielt sein Vorderrad rein, obwohl Bagnaia am Kurveneingang bereits sichtbar in Front lag. Daraufhin passierte, was in einem solchen Fall unvermeidbar ist. Es kam zum Kontakt, beide Piloten stürzten und landeten heftig durchgerüttelt im Kiesbett - ausgerechnet genau vor der Marc-Marquez-Fantribüne, vor der der MotoGP-Superstar wenig später seinen emotionalen Grand-Prix-Sieg feiern sollte.

Speziell Bagnaia hatte dabei noch großes Glück, wurde er auf dem Weg ins Kiesbett doch unter dem Motorrad von Alex Marquez gefangen. Der Ducati-Star kam allerdings mit dem Schrecken und ohne schwerere Verletzungen davon. Im Medical-Center an der Strecke unterzog er sich sofort einem Check-Up durch die MotoGP-Ärtze, welche lediglich ein paar Blessuren und keine Knochenbrüche feststellen konnten. Einem Start beim San Marino GP kommende Woche in Misano (06. - 08.09.) steht somit nichts im Weg.

Francesco Bagnaia schmipft auf Alex Marquez: Gefährlich gegen ihn zu fahren!

Das hinderte Bagnaia allerdings nicht daran, sich in seiner Medienrunde so richtig sauer auf Alex Marquez zu präsentieren. "Ich muss eigentlich nicht viel erklären. Als ich in Kurve 12 eingelenkt habe, war ich vorne. Ich habe ihm Platz gelassen, weil ich die Linie nicht unbedingt schließen musste", erklärte er zunächst seine Sicht des Unfallhergangs. Anschließend unterstellte er Alex Marquez indirekt sogar, die Kollision absichtlich ausgelöst zu haben: "Als er auf meiner Innenseite war, habe ich gespürt, dass er weiter Gas gegeben hat und erst damit gestoppt hat, als ich abgeworfen wurde."

Die folgenschwere Kollision zwischen Alex Marquez und Pecco Bagnaia, Foto: LAT Images
Die folgenschwere Kollision zwischen Alex Marquez und Pecco Bagnaia, Foto: LAT Images

Eine heftige Behauptung, die sich laut Bagnaia aber bestätigen lässt. "Das macht mich richtig sauer, denn die Daten zeigen, dass er nach dem Kontakt von 40 auf 60 Prozent beschleunigt hat", schimpft der Ducati-Star und ergänzt: "Es ist wirklich gefährlich, mit jemandem Rennen zu fahren, der solche Dinge tut. Eigentlich versuchst du alles, um den Kontakt zu vermeiden. Aber die Daten zeigen ganz klar, dass es Fahrer gibt, die das wohl nicht so sehen."

MotoGP-Kollegen unterstützen Bagnaia: Alex Marquez schuld am Crash!

Zuspruch bekam Bagnaia von VR46-Academykollege Marco Bezzecchi. Auch dieser fand deutliche Worte: "Jeder, der mal ein Motorradrennen gefahren ist, weiß, dass man sich nach hinten umschauen muss, bevor du nach einem Fehler auf die Strecke zurückkommst. Es ist unmöglich, dass Alex ihn nicht gesehen hat. Entweder ist er blind oder er wollte ihn nicht sehen." Auch Miguel Oliveira stimmte zu: "Das war Alex' Schuld. Er ist derjenige, der den Kontakt verursacht hat. Es war eine komische Situation, weil er weitgegangen ist und wusste, dass Pecco neben ihm war. Am Kurveneingang war er schon ein halbes Motorrad hintendran. Er hätte aufgeben können, hat sich aber verhakt und damit war es gelaufen. Ob er eine Strafe verdient hätte? Ich wurde bereits für viel wenige bestraft, aber das ist nur meine Meinung."

Fabio Quartararo gesellte sich ebenfalls auf die Seite Bagnaias, blieb in seinen Aussagen aber zurückhaltender. "Ich denke, dass Alex die Schuld trägt. Er war neben der Linie und in Turn 12 im Dreck", erklärte er. WM-Rivale Jorge Martin verteidigte hingegen Alex Marquez: "Es ist schwierig zu sagen, aber dort war ziemlich viel Schmutz auf der Innenseite. Ich glaube daher nicht, dass sich Alex Marquez noch mehr hätte in die Kurve lehnen können. Wir haben mit [Joe] Roberts gesehen, was sonst passiert." Der US-Amerikaner war im Moto2-Rennen in der letzten Runde in einer ähnlichen Situation im Zweikampf mit Teamkollege Marcos Ramirez zu Sturz gekommen.

Francesco Bagnaia kam ohne größere Verletzungen davon, Foto: LAT Images
Francesco Bagnaia kam ohne größere Verletzungen davon, Foto: LAT Images

Urteil der MotoGP-Stewards lässt lange auf sich warten: Rennunfall!

Diese Ansicht vertrat auch Honda-Testfahrer Stefan Bradl, der am Sonntag als Kommentator für 'ServusTV' im Einsatz war. "Pecco schneidet ihm komplett vorne rein, was will Alex Marquez denn anderes machen? Das ist unglücklich gelaufen, aber Bagnaia muss ihm etwas mehr Platz lassen", analysierte er während des Rennens. Auch Marc Marquez verteidigte seinen Bruder wenig überraschend, sprach von einer "unglücklichen Situation".

"Ich denke, dass Alex weitging, aber noch auf der Strecke blieb und beim Einlenken nach Rechts nicht erwartet hat, dass Pecco da sein würde. Das war optimistisch von Pecco, dort außen herum zu überholen", begründete der Aragon-Sieger. Eine Anssicht, die wohl auch die MotoGP-Stewards teilten. Diese hatten nur wenige Augenblicke nach der Kollision eine Untersuchung angekündigt. Knapp drei Stunden später präsentierten sie ihr Urteil: "Rennunfall" und folglich keine Bestrafung für Alex Marquez.

Alex Marquez: Nur Bagnaia hätte Kollision verhindern können

Der ausgefallene Gresini-Pilot wollte von Bagnaias harscher Kritik unterdessen nichts wissen. "Ich bin auf die Linie zurückgekommen und war innen. Ich habe den Kontakt erst gespürt, als ich schon wieder nach vorne geblickt habe und das Bike gerade gefahren ist. Ich konnte nichts machen", ließ er sich im PR seines Teams zitieren. "Pecco kann mich beschuldigen, ich kann ihn beschuldigen. Am Resultat wird das aber nichts mehr ändern. Wenn jemand den Kontakt hätte verhindern können, dann er, weil er wusste, dass ich da bin. Wenn er so schnell war, wie er glaubt, hätte er mich aber auch einfach an einem anderen Ort überholen können."