Sieben Rennwochenenden ist die MotoGP-Saison 2024 alt. Sieben Rennwochenenden, an denen Marc Marquez ins Spitzenfeld der Königsklasse zurückgekehrt ist. Mit nur 35 Punkten Rückstand auf WM-Leader Jorge Martin belegt Marquez Rang drei der Gesamtwertung. Er hat bewiesen, dass nach seiner schweren Verletzung und schwierigen Jahren bei Honda immer noch mit ihm zu rechnen ist. So wurde Marquez auch wieder zu einer heißen Aktie am Transfermarkt.

Denn Marquez' Vertrag mit Gresini Racing gilt nur bis Ende 2024. Für das kommende Jahr ist er also wieder zu haben und hat auch das Interesse von Ducatis Werksteam geweckt. Doch weitere Türen stehen dem MotoGP-Superstar ebenfalls offen, im Ducati-Lager ebenso wie bei anderen Herstellern. Motorsport-Magazin.com analysiert, wie wahrscheinlich die einzelnen Varianten sind.

Bei Gresini hat Marquez zurück zu alter Stärke gefunden, Foto: LAT Images
Bei Gresini hat Marquez zurück zu alter Stärke gefunden, Foto: LAT Images

Option 1: Marc Marquez wechselt ins Ducati-Werksteam

Ein Wechsel von Marc Marquez in Ducatis Werksteam ist unmöglich. Zumindest, wenn man Berichten der 'Gazzetta dello Sport' glaubt. Die traditionell sehr gut informierte und in Ducati-Kreisen bestens vernetzte italienische Sportzeitung berichtete am Donnerstag, dass die Entscheidung der Führungsebene rund um CEO Claudio Domenicali, General Manager Gigi Dall'Igna, Sportdirektor Mauro Grassilli und Team-Manager Davide Tardozzi bereits gefallen sei. Und zwar zugunsten von Jorge Martin.

Ducati wollte diese Meldung nicht bestätigen. Auch Jorge Martin kommentierte nur vage, wollte lediglich Gespräche bestätigen. Marc Marquez ließ wissen, dass Ducati ihm gegenüber kommuniziert habe, dass der Bericht so nicht korrekt sei. Und tatsächlich war im MotoGP-Fahrerlager von Mugello zu hören, dass Ducati an diesem Wochenende sowohl Martin als auch Marquez konkrete Angebote gemacht haben sollen. Beide hätten diese aber vorerst aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt.

Jorge Martin könnte den Vorzug gegenüber Marc Marquez im Werksteam erhalten, Foto: LAT Images
Jorge Martin könnte den Vorzug gegenüber Marc Marquez im Werksteam erhalten, Foto: LAT Images

Der Ducati-Werksplatz könnte für Marquez also doch noch zur Realität werden, die wahrscheinlichere Variante ist aber nach wie vor eine Verpflichtung von Martin. Denn der aktuelle WM-Leader lässt keinen Zweifel an seinen Zukunftsplänen aufkommen: Entweder Werksvertrag oder Abschied aus dem Ducati-Lager. Und einen Mann vom Kaliber eines Jorge Martin würde man in Borgo Panigale sicher nur ungern verlieren. Insbesondere, weil sich Marc Marquez einfacher zufriedenstellen lässt. Nämlich mit Option 2.

Option 2: Marc Marquez bleibt bei Gresini - mit Upgrade

Während Jorge Martin einen Platz in einem Werksteam fordert, gibt sich Marc Marquez für 2025 etwas bescheidener: Er will lediglich ein Motorrad der aktuellsten Spezifikation, nachdem er in der laufenden Saison ja bei Gresini eine Vorjahresmaschine fährt. Um sowohl die Wünsche von Martin als auch Marquez zu erfüllen, soll Ducati mit Martin im Werksteam und Marquez bei Pramac Racing geplant haben. Das Kundenteam von Paolo Campinoti wird laut Aussagen von Team-Manager Gino Borsoi auch 2025 über die neuesten Desmosedici-Bikes verfügen. Doch diesen Plan von Ducati zerstörte Marquez. "Pramac ist für mich keine Option", sagte er in Mugello und erklärte diese Absage damit, nicht von einem Kundenteam in ein anderes wechseln zu wollen. Nach elf Jahren bei Repsol Honda musste er sich ja schließlich in dieser Saison erst an ein neues Umfeld bei Gresini Racing gewöhnen.

Marquez bevorzugte Variante wäre wohl, bei Gresini zu bleiben und dort eine GP25 zu fahren. Der Haken: Ducati plant aktuell nur mit vier neuen Motorrädern für die nächste Saison - zwei im Werksteam, zwei bei Pramac. Nur einmal, im Jahr 2022, hatte man eine zusätzliche Maschine in der neuesten Spezifikation aufgebaut. Diese fuhr damals Luca Marini bei VR46, mit mäßigem Erfolg für Hersteller, Team und Fahrer. Gleichzeitig geriet Ducati mit dem betriebenen Aufwand in seinem MotoGP-Projekt an logistische und menschliche Grenzen. Deshalb gilt die 4:4-Strategie - vier alte und vier neue Motorräder - seither bei Ducati als Goldstandard.

Luca Marini fuhr 2022 eine fünfte aktuelle Ducati, Foto: LAT Images
Luca Marini fuhr 2022 eine fünfte aktuelle Ducati, Foto: LAT Images

"Aktuell gehen wir von vier Motorrädern aus, aber uns zeigt sich ein kompliziertes Bild", erklärte Ducati-CEO Claudio Domenicali in Mugello gegenüber 'TNT Sports'. "Wir wollen natürlich das Beste für unsere Marke, stehen aber auch in engem Kontakt mit unseren Fahrern, um für sie die bestmögliche Lösung zu finden. Wir brauchen noch etwas Zeit, um alle Puzzleteile richtig zusammenzufügen." Eine GP25 für Marc Marquez bei Gresini scheint also zumindest im Bereich des Möglichen. Auch, weil bei Ducati möglicherweise Ressourcen frei werden. Yamaha ist weiterhin auf der Suche nach einem Kundenteam. Die Verhandlungen mit Pramac sind wohl gescheitert, VR46 scheint aber weiterhin eine Option zu sein. Eine Partnerschaft mit dem Team von Yamaha-Botschafter Valentino Rossi würde durchaus Sinn ergeben. Und zwei Vorjahres-Ducatis weniger könnten eine aktuelle Maschine mehr ermöglichen.

Fakt ist: Marc Marquez fühlt sich bei Gresini Racing pudelwohl und genießt es, die Box mit Bruder Alex zu teilen. Gleichzeitig erlaubt ihm die Arbeit in einem Kundenteam gewisse Freiheiten gegenüber dem Engagement im Werksteam, etwa was Medienverpflichtungen oder die Bespaßung von VIP-Gästen angeht. Außerdem würde ein Wechsel auf die Factory-Ducati für Marquez den Bruch mit langjährigen Partnern wie Red Bull oder Samsung bedeuten, da diese in direkter Konkurrenz zu den Teamsponsoren Monster Energy und Lenovo stehen. Ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Option 3: Marc Marquez wechselt zur Konkurrenz

Sollte Marc Marquez nicht ins Werksteam befördert werden und auch keine GP25 bei Gresini bekommen, könnte Ducati den Ausnahmekönner an die Konkurrenz verlieren. Dort bieten sich für Marquez zwei sinnvolle Alternativen: Aprilia und die Pierer Mobility Group, repräsentiert durch die Marken KTM und GasGas. Bei Aprilia ist mindestens ein Platz im Werksteam frei, da Aleix Espargaro Ende 2024 den Helm an den Nagel hängt. Doch auch eine Vertragsverlängerung von Maverick Vinales ist nicht gesichert. "Sie hatten nach dem Katar-GP die Chance, meinen Vertrag zu verlängern, aber sie wollten abwarten. Jetzt muss ich genau nachdenken, was ich machen will", erklärte Vinales in Mugello gegenüber 'DAZN'.

Wird Marc Marquez Teamkollege von Pedro Acosta oder Maverick Vinales?, Foto: LAT Images
Wird Marc Marquez Teamkollege von Pedro Acosta oder Maverick Vinales?, Foto: LAT Images

Bei der Pierer Mobility Group ist bislang ein Platz definitiv besetzt. Pedro Acosta wird 2025 ins KTM-Werksteam befördert. Auf die Frage, ob auch Brad Binder in dieser Position gesetzt ist, erhält man je nach Ansprechpartner unterschiedliche Antworten. Motorsportchef Pit Beirer sprach zuletzt von Verträgen, die es dem Hersteller erlauben, seine Fahrer zwischen KTM und GasGas-Tech3 zu verschieben. Binders Manager Bob Moore sieht das anders. "Brad hat einen Vertrag mit Red Bull KTM Factory Racing", stellte er bei 'Crash.net' klar.

Ob Marquez auch mit einem Platz bei GasGas-Tech3 einverstanden wäre, ist fraglich. Offiziell handelt es sich um ein Kundenteam, die Pierer Mobility Group behandelt die Mannschaft von Herve Poncharal aber im Wesentlichen wie ein zweites Werksteam, was sich im aktuell etwa für Acosta betriebenen Aufwand zeigt. Optimistisch, Marquez an Land ziehen zu können, ist die Führungsebene in Mattighofen und Munderfing allerdings nicht. Pit Beirer schätzte es schon Mitte Mai im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com als unrealistisch ein, Marquez auf eines seiner Motorräder zu bekommen. Auch KTM-Team-Manager Francesco Guidotti sendete in Mugello ähnliche Signale: "Ich glaube nicht, dass Marc verfügbar ist."

Fazit

Alle genannten Optionen sind für Marquez durchaus reizvoll. Betrachtet man ihre Umsetzbarkeit und gleichzeitig Marquez Erfolgschancen mit dem jeweiligen Paket, scheint ein Verbleib bei Gresini Racing inklusive eines Upgrades von Ducati auf aktuelles Material allerdings die wahrscheinlichste Variante. Ducati weiß nicht nur um den Marketingwert des achtfachen Weltmeisters, sondern auch um seine Gefährlichkeit, sollte er zur Konkurrenz wechseln. Es darf deshalb davon ausgegangen werden, dass in Borgo Panigale alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um Marquez eine GP25 in Gresini-Farben zur Verfügung zu stellen.