Yamaha steckte 2023 in einem tiefen Loch: Die Japaner verzeichneten die erste sieglose MotoGP-Saison seit 20 Jahren. Nur drei Grand-Prix-Podien und der vorletzte Rang in der Herstellerwertung - kaum zu glauben, dass Fabio Quartararo ein Jahr zuvor bis zum letzten Rennen in Valencia um den Titel gekämpft hatte.
Der Abwärtstrend kam allerdings nicht so überraschend, wie es die Ergebnisse darstellen. Bereits zur Saisonhälfte 2022 hatte Quartararo immer wieder starke Probleme, seine M1 in eine Spitzenposition zu bringen. Der letzte MotoGP-Sieg Yamahas liegt mit dem Erfolg auf dem Sachsenring im Juli 2022 lange zurück. Immer wieder forderte der junge Franzose grundlegende Änderungen an der Denkweise der Ingenieure, da er sich der MotoGP-Konkurrenz hoffnungslos unterlegen sah. Diese Veränderungen sollen zur Saison 2024 endlich umgesetzt werden.
Jarvis: 'Frisches Blut' für den Erfolg
Zur Präsentation des neuen MotoGP-Bikes am Montag offenbarte Teamchef Lin Jarvis, dass die Kritik im japanischen Werk auf offene Ohren stieß. "Wir haben unsere Arbeitsweise verändert, das hat in der Mitte der vergangenen Saison begonnen. Wir wussten, dass wir 'frisches Blut' brauchten, daher haben wir einige wichtige Ingenieure von der Konkurrenz verpflichtet", erklärte Jarvis. Eine der Personalien ist Massimo Bartolini, der fortan die Position des technischen Direktors bekleidet. Der Italiener war bis zum Ende der vergangenen Saison Motoreningenieur bei Ducati. Zuvor hatte Yamaha bereits den ehemaligen Formel-1-Entwickler Luca Marmorini für sich gewonnen.
In der Entwicklung der M1 arbeiten dabei erstmals europäische Ingenieure mit den Vertretern aus Asien zusammen. Bisher war die Konzeption des Motorrads ausschließlich in der Hand der japanischen Ingenieure. "Es ist das erste Mal, dass wir einen Europäer auf einem derart hohen Level des Yamaha-Projekts sehen", unterstrich Jarvis die Verantwortung Bartolinis. "Er wird mit Masuda San zusammenarbeiten, der bisher der Leiter des Testteams war und nun in die Projektleitung hinzustößt. Unser Ziel ist es, schneller, aggressiver und abenteuerlustiger zu werden. Wir wollen unkonventioneller denken."
Einer der Schlüssel zur Rückkehr an die MotoGP-Spitze können dabei die gewonnenen Vorteile durch die Concessions-Regelung werden, die Yamaha durch die Einordnung in Gruppe D zustehen. Die Japaner dürfen beinahe unbegrenzt Testfahrten abhalten und dabei neben Entwicklungsfahrer Cal Crutchlow auch ihre Stammpiloten Fabio Quartararo und Alex Rins einsetzen. Zu einem ersten Einsatz kam es beim Shakedown-Test in Malaysia, der in der Vergangenheit gänzlich ohne Stammpiloten absolviert wurde.
"Ich denke, das wird eine große Hilfe sein. Wir haben die Möglichkeit mehr Dinge zu tun, die wir ohne sie nicht tun könnten, das betrifft vor allem das Testen. Wir können auf vielen Strecken mit unseren Stammfahrern testen und unseren Motor während der Saison weiterentwickeln. Die Concessions geben uns eine Menge Möglichkeiten, es liegt nun an uns diese Möglichkeiten auszuschöpfen und das Maximale aus der Situation zu machen. Wir müssen dabei sicherstellen, dass wir uns ständig weiterentwickeln und nicht dort stagnieren, wo wir am Anfang des Jahres stehen", ist sich Jarvis sicher.
Jarvis: 2024 der Beginn eines neuen Abschnitts
Einen sofortigen Sprung an die MotoGP-Spitze hält Jarvis dabei für unrealistisch. "Es ist ein Beginn eines neuen Abschnitts, wir haben Einiges aufzuholen. Um wieder schnell zu sein, müssen wir viele Dinge ändern. Wir haben angefangen uns neu aufzustellen, neue Ideen gesammelt und weitere Zusammenarbeiten gegründet. Mit dem ersten Test werden wir alles zusammenbringen", kündigte Jarvis an. "Wir werden nicht sofort an der Spitze sein, aber uns langsam nach vorne kämpfen und zurückschlagen."
Die ersten offiziellen Testfahrten stehen unmittelbar vor der Tür. Nachdem Quartararo und Rins bereits beim Shakedown-Test ausrücken durften, kommt es in dieser Woche nun zu einem ersten Vergleich mit den übrigen Werken der MotoGP. Vom 6. bis 8. Februar findet ein dreitägiger Test auf dem Sepang International Circuit statt.
Knapp zwei Wochen später folgt der letzte offizielle Pre-Season-Test der Königsklasse in Katar, ehe Anfang März an dieser Stelle der Saisonauftakt der MotoGP-Saison 2024 über die Bühne geht.
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