2015 bleibt für Honda eine absolute Horrorsaison. In Barcelona stürzte Marc Marquez zum zweiten Mal hintereinander im Rennen, zum dritten Mal insgesamt verzeichnete er in einem Grand Prix dieses Jahres einen Crash. Die Enttäuschung darüber konnte Dani Pedrosa bei Honda mit seinem dritten Platz nur minimal mindern. Zu groß war sein Rückstand von fast 20 Sekunden auf das Yamaha-Duo an der Spitze.

Honda dürfte nun erkannt haben, dass die RC213V des Jahrgangs 2015 ein absoluter Rohrkrepierer ist. Zwar ist die Maschine stark und grundsätzlich auch schnell, allerdings so schwierig zu fahren, dass eine Renndistanz am Limit nur sehr schwer sturzfrei zu bewältigen ist. Somit ist klar, dass eine gravierende Veränderung am Motorrad her muss. Eines der Hauptprobleme ist das unheimlich aggressive Triebwerk, doch damit wird man bei Honda aufgrund des Motorenweiterentwicklungsverbots während der Saison leben müssen.

Marquez landete mit der aktuellen Honda schon mehrmals im Kies, Foto: Tobias Linke
Marquez landete mit der aktuellen Honda schon mehrmals im Kies, Foto: Tobias Linke

Also muss der große Sprung in einem anderen Bereich stattfinden, nämlich dem Chassis. Honda wagte hier bei den Testfahrten am Montag in Barcelona einen durchaus ungewöhnlichen Schritt und schickte Marquez mit dem Chassis von 2014, als er die ersten zehn Saisonrennen gewinnen konnte, auf die Strecke. Durch den schon nach 90 Minuten einsetzenden Starkregen am Circuit de Catalunya konnte der Weltmeister aber nur wenige Runden drehen und sich keine fundierte Meinung bilden.

Verregneter Test wird zum Problem

"Man müsste es viel ausführlicher testen. Einmal mit neuen Reifen, dann mit alten Reifen, dann auf einem Longrun - dazu hatten wir heute einfach nicht die Gelegenheit", erklärte Marquez nach dem Test. "Zuerst müssen wir jetzt einmal analysieren, in welchen Bereichen wir uns damit verbessert haben. Das Gefühl war an und für sich gut und ich sehe schon Potenzial, aber ich bin aufgrund des Regens eben nur ein paar Runden gefahren, also kann ich es nicht so genau sagen."

Das Motorrad das Marquez am Montag fuhr war eine bunte Mischung aus dem Vorjahres-Chassis, dem 2015er-Motor und in Barcelona erstmals eingesetzten Teilen wie einem neuen Auspuff. "Das alles zusammen scheint gut zu funktionieren", meinte der in der Weltmeisterschaft derzeit nur auf Rang fünf liegende Marquez. "Es fühlt sich ganz anders an als das Motorrad aus den ersten Rennen, aber relativ ähnlich wie die Vorjahresmaschine. Ich kann mir damit einfach mehr Fehler erlauben, so wie 2013 oder 2014, während ich mit dem bisherigen Bike extrem präzise sein musste. Da sind solche Fehler wie am Sonntag eben nicht möglich."

Der Plan bei Repsol Honda war, das neu zusammengesetzte Motorrad am Montag in Barcelona ausführlich zu testen und so bereits einen Einsatz beim nächsten Rennen kommende Woche im niederländischen Assen zu ermöglichen. Aufgrund des eingeschränkten Betriebs gerät diese Idee nun aber ins Schwanken, wie Marquez bestätigt: "Wir haben uns noch nicht entschieden, ob wir in Assen das 2014er-Chassis nutzen werden."

Marquez kommt als Vorjahressieger nach Assen, Foto: Milagro
Marquez kommt als Vorjahressieger nach Assen, Foto: Milagro

Wetter erneut als Spielverderber?

Das Problem ist klar. Bekommt man die Maschine in den Trainings nicht sofort einwandfrei zu laufen, hat man beim in Assen traditionell bereits am Samstag stattfindenden Rennen wohl noch weniger Chancen als mit dem zickigen 2015er-Modell. "Wir müssen das Wochenende genau durchplanen und dürfen dabei auch nicht auf das oft wechselhafte Wetter vergessen", gibt Marquez zu bedenken. "Wenn wir beispielsweise einen Tag für die Abstimmung der Elektronik und anderer Dinge benötigen, werden wir vielleicht nicht das beste Setup für das Rennen finden. Da müssen wir also extrem aufpassen, aber aktuell sind wir an einem Punkt, wo wir einfach viele Dinge ausprobieren müssen."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Was hat Honda denn noch zu verlieren? Knapp 70 Punkte liegt Marc Marquez als bester Pilot auf einer RC213V hinter dem Yamaha-Duo Valentino Rossi und Jorge Lorenzo zurück. Unfassbare 162 Punkte fehlen Repsol Honda in der Teamwertung bereits auf die Werkstruppe von Yamaha. Immerhin 52 Punkte beträgt der Abstand in der Konstrukteurswertung. Der größte Motorradbauer der Welt wird 2015 also aller Voraussicht nach ohne MotoGP-Titel abschließen, es geht nur noch um einzelne Rennsiege und Prestigeerfolge. Die erreicht man aktuell wohl am ehesten mit mutigen Veränderungen anstatt behutsamer Weiterentwicklung. Der Einsatz des neu zusammengesetzten Bikes in Assen wäre ein erster Schritt in Richtung radikaler Entscheidungen.(Markus Zörweg)