Nur ein Sieg und ein weiteres Podium in sieben Rennen, Gesamt-Rang fünf und bereits 69 Punkte Rückstand auf WM-Leader Valentino Rossi: Die MotoGP-Saison 2015 droht für Doppel-Weltmeister Marc Marquez nach dem dritten selbstverschuldeten Ausfall zu einem "Desaster" zu verkommen. Die aggressive Sieg-oder-nichts-Mentalität, die den Katalanen in seinen ersten beiden Jahren in der Motorrad-Königsklasse noch von Rekord zu Rekord trug, scheint in Kombination mit der nach wie vor fehlerbehafteten Honda RC213V derzeit zur Achillesferse des "Außerirdischen" zu werden.

Auch beim Heim-Rennen in Barcelona schien Marquez nichts aus seinen vorigen Fehlern gelernt zu haben. Nur zwei Wochen nach seinem überflüssigen Crash in Mugello im Kampf um Platz zwei gegen Ende des Rennens fand sich der Superstar einmal mehr im ungeliebten Kiesbett wieder - und das bereits in Runde drei. "Ich habe mich vor allem zu Beginn des Rennens sehr gut gefühlt und wusste, ich bin hier leistungstechnisch so nah an Jorge Lorenzo und Valentino dran wie schon lange nicht mehr. Das wollte ich ausnutzen und bin von Anfang an Risiko gegangen. Ich fuhr knapp drei Runden mit Jorge an der Spitze, dann hat mich ein kleiner Fehler leider jedoch das Rennen gekostet", resümierte Marquez.

Marquez verteidigt Harakiri-Style

Seine Erklärung für den erneuten Fauxpax war dabei ebenso simpel wie plausibel: "Der Sturz passierte am Eingang von Kurve zehn - wieder einmal also unsere Achillesferse Kurveneingang. Wir haben diesbezüglich an diesem Wochenende schon einen riesigen Schritt nach vorne gemacht und auf frischen Reifen hatte ich ein gutes Gefühl, jedoch ist eine Fahrt mit Gegnern im Rennen eben doch etwas anderes, als alleine im Training Runden zu drehen."

Grenzgänger Marc Marquez reizt die Limits des Machbaren gerne aus, Foto: Repsol
Grenzgänger Marc Marquez reizt die Limits des Machbaren gerne aus, Foto: Repsol

Dann wird Marquez spezifischer: "Ich habe bereits gestern gesagt, dass ich noch zu viel in die Kurven hineinrutsche, aber dass ich das Sliden nun besser kontrollieren kann. Was heute im Rennen passiert ist, ist mir in den Trainings und den Qualifyings unzählige Male passiert. Wenn du aber alleine auf der Strecke bist, nimmst du die Kurve eben etwas weiter, verlierst ein Zehntel, und fährst weiter. Heute war da aber Lorenzo, und hätte ich nicht aufgemacht und wäre von der Strecke gefahren, hätte es für uns beide sehr gefährlich werden können. Im Kies hatte ich dann leider keine Chance mehr, sitzenzubleiben - und flog ab."

Vorwürfe, er hätte zu früh alles auf eine Karte gesetzt, will Marquez nicht gelten lassen: "Es war mein Plan, mich an die Spitze zu setzen, um so besser kontrollieren zu können, wie das Rennen verläuft - vor allem in Anbetracht Jorges exzellenter Form. Das ging eben nur mit großem Risiko und ich war drei Runden am Limit, bis ich stürzte. Das passiert dann eben leichter, als wenn du nicht bei 100% bist."

WM weg - dennoch hohe Ziele

Für Marquez steht außer Frage, dass er das Rennen nicht anders hätte angehen können: "Vor dem Rennen war mein Ziel nach wie vor, Weltmeister zu werden. Dazu war klar, dass ich die Yamahas schlagen muss. Es war ein schmaler Grat zwischen zu viel Risiko und zu wenig, und ich habe den Preis dafür bezahlt. Ich hätte wie auch mein Teamkollege Dani Pedrosa auf Nummer sicher gehen können und mit 20 Sekunden Rückstand aufs Podest fahren, aber weder ist das meine Art, noch hätte es mir für die Gesamtwertung etwas geholfen."

Dass die WM angesichts von 69 respektive 68 Punkten Rückstand auf Rossi und Lorenzo nun verloren scheint, ist Marquez bewusst. Zumal mit den beiden Ducatis von Andrea Iannone und Andrea Dovizioso zwei weitere Piloten als Puffer zwischen ihm und den Yamahas liegen. Die Ziele für den Doppel-Weltmeister haben sich daher verschoben: "Die WM ist weg, aber ich habe dennoch zwei Ziele, die ich unbedingt erreichen will. Schon bald wieder oben auf dem Podest zu stehen und permanent Rennen zu gewinnen und auch die Basis für ein erfolgreiches Jahr 2016 legen. Diese Arbeit muss nun beginnen und ich werde wie immer mit voller Motivation an die Dinge herangehen."