In der Formel 1, wie im Rest des Motorsports, gibt es ein ewiges Problem. Einerseits will jeder enges Racing und damit ein möglichst ebenbürtiges Feld. Besonders in der Formel 1 steht dem die Angst vor der Gleichmacherei gegenüber. Dieser Spagat kann mit den komplett neuen Power Units ab 2026 besonders schwierig werden. Motorsport-Magazin.com prüft also die jüngsten Regeländerungen dazu.
Denn das Thema wurde in den vergangenen Monaten heiß diskutiert. Mit dem Endergebnis, dass eine bereits in den vorangestellten Entwürfen der 2026er-Reglements inkludierte Maßnahme nun klar umrissen wurde. Sie nennt sich ADUO. Das steht für "Additional Development and Upgrade Opportunities", übersetzt "Zusätzliche Entwicklungs- und Upgrade-Möglichkeiten".
Eines vorweg: Bei ADUO handelt es sich jedenfalls nicht um eine "Balance of Performance". Das vor allem unter Sportwagen-Fans gefürchtete Konzept bemüht sich, durch tatsächliche technische Aspekte wie etwa Luftmengenbegrenzer die Leistungen unterschiedlicher Autos aneinander künstlich anzugleichen. Das will die Formel 1 auf keinen Fall.
Das ändert nichts daran, dass besonders bei einem so gigantischen Regel-Umbruch wie dem 2026er-Motor (inklusive zweier neuer Hersteller, Audi und Red Bull Ford) die Gefahr groß ist, dass jemand davon- oder hinterherfährt. Die Erinnerungen an den Beginn der aktuellen Turbo-Hybrid-Motoren 2014 haben sich eingebrannt. Damals wie heute gab es Entwicklungs-Beschränkungen, um die Kosten zu drücken. Mit der unvermeidlichen Konsequenz, dass es Zurückgebliebenen schwerfiel, eine zu Beginn große Lücke zu Mercedes zu schließen.
Formel-1-Motoren unter Beobachtung: FIA will mehr als nur PS
Für den 2026er-Motor ist die Entwicklung mittels einer eigenen Motor-Budget-Obergrenze sowie mit strikten Auflistungen von zulässigen Updates (abgesehen von Zuverlässigkeit und Sicherheit) erneut stark reguliert. Aus dieser Regulierung allein ergibt sich allerdings schon eine offensichtliche Lösung für das Problem: Nachzüglern mehr Ressourcen zugestehen.
Wichtig ist erst einmal die Definition des Nachzüglers. Es wird nicht allein um die Leistung geben. Vielmehr wollen die Regelhüter der FIA für jeden Verbrennungsmotor (ICE) einen sogenannten "ICE Performance Index" mit einer noch nicht final definierten Methodik berechnen. Dafür kann die FIA alle notwendigen Daten von den Herstellern einfordern.
Dieser Index wird jeweils für sechs Rennen lange Perioden erstellt. Nach dem sechsten, zwölften und dem 18. GP wird dann verglichen. Wer ist der beste ICE-Hersteller? Und wie weit sind alle anderen hintendran? Der Performance-Index wird hierfür als Prozentwert angegeben. Jeder, der weniger als zwei Prozent zurückliegt, gilt als wettbewerbsfähig und bekommt nichts. Für alle anderen gibt es aber eine Serie an Zugeständnissen.
| GP | |
|---|---|
| Periode 1 | 1 bis 6 |
| Periode 2 | 7 bis 12 |
| Periode 3 | 13 bis 18 |
ADUO #1: Mehr Updates für zurückgebliebene Formel-1-Motoren
Das Technische Reglement beinhaltet eine Liste von 84 Komponenten, bei denen festgelegt ist, wann sie ein Performance-Update erhalten dürfen. Grundsätzlich gibt es maximal ein Update pro Teil pro Jahr, das muss zu Saisonbeginn eingeführt werden. Bei manchen Teilen ist nur in bestimmten Jahren ein Update erlaubt, bei anderen gar nicht. Wer jetzt aber über 2 Prozent Rückstand hat, der bekommt mehr.
Das System ist hier zweistufig. Wer zwar mehr als 2 Prozent, aber weniger als 4 Prozent zurückliegt, darf sowohl in der laufenden als auch in der nächsten Saison je ein zusätzliches Update bringen. Für welche Teile man diese ADUO-Erlaubnis verwenden darf, steht grundsätzlich frei, solange sie in der angesprochene 84-Komponenten-Liste als ADUO-Teil markiert sind. Das ist die Mehrheit, nur eine Handvoll Teile dürfen gar nie geupdatet werden.
Der Turbolader darf beispielsweise grundsätzlich nur 2027 und 2029 zu Saisonbeginn geupdatet werden. Erhält ein Team Anfang 2027 aber eine ADUO-Zuweisung, dürfte es 2027 noch ein Update bringen, sowie eines im Jahr 2028. Es gibt auch eine Handvoll Komponenten, bei denen Updates überhaupt nur via ADUO möglich sind, darunter einige Teile des Motorblocks, oder die Wasser- und Ölpumpen am Motor.
Wer 4 Prozent oder noch mehr zurückliegt, der bekommt sogar zwei Updates für das laufende und zwei für das nächste Jahr, vier insgesamt. Wesentlich ist noch, dass man nur einmal pro Jahr ADUO erhalten kann. Wenn ein Team also bereits in der ersten Abrechnungs-Periode über 4 Prozent zurückhinkt und ihm die vier Updates zugesprochen werden, war es das für diese Saison. Für erneut schlechtes Abschneiden in der zweiten Periode bis Rennen 12 gibt es dann nichts mehr. Auch sind ADUO-Zuweisungen an die definierten Jahre gekoppelt. Aufsparen und mitnehmen kann man sie nicht.
ADUO #2: Mehr Zeit auf den Formel-1-Prüfständen
Wenn man einem Team mehr Updates zugesteht, so macht es nur Sinn, auch die ebenfalls vom Reglement begrenzte Prüfstandnutzung zu lockern. Auch das machen ADUO. Allerdings nicht in direktem Zusammenhang mit den Updates. Gleich ist dafür die 2-Prozent-Hürde. Wer näher als 2 Prozent dran ist am besten Motor bekommt nichts.
Dahinter wird gestaffelt aufgestockt. 70 zusätzliche Betriebsstunden bei einem Rückstand bis zu 4 Prozent, 110 Stunden bis 6 Prozent, 150 bis 8 Prozent, und wer über 8 Prozent im Rückstand sein sollte, bekommt bereits 190 zusätzliche Stunden. Diese erhält man nicht für das ganze Jahr, sondern pro Abrechnungsperiode. Innerhalb von zwei Monaten muss man der FIA melden, wann innerhalb der laufenden und folgenden Saison man wieviel davon nutzen möchte.
ADUO #3: Anpassen der Budget-Obergrenze für Formel-1-Motoren
Genauso logisch ist das Anpassen der bei den 2026er-Motoren neuen separaten Budget-Obergrenze für Power Units. Mit der gleichen prozentualen Staffelung wie bei den Prüfständen. 3 Millionen Dollar von 2 bis 4 Prozent, 4,65 Millionen bis 6 Prozent, 6,35 Millionen bis 8 Prozent und für alle darüber 8 Millionen Dollar. Die Budget-Regelung ist flexibel. Der Hersteller kann deklarieren, wie viel davon er auf die laufende, und wie viel davon er auf die folgende Saison aufteilen möchte. Zusammengefasst sieht das alles wie folgt aus:
| Rückstand auf beste ICE | Zusatz-Upgrades | Prüfstandszeit | Budget |
|---|---|---|---|
| unter 2 Prozent | - | - | - |
| 2 bis 4 Prozent | 1 dieses Jahr, 1 nächstes Jahr | 70 Stunden/Periode | 3.000.000 $ |
| 4 bis 6 Prozent | 2 dieses Jahr, 2 nächstes Jahr | 110 Stunden/Periode | 4.650.000 $ |
| 6 bis 8 Prozent | 2 dieses Jahr, 2 nächstes Jahr | 150 Stunden/Periode | 6.350.000 $ |
| über 8 Prozent | 2 dieses Jahr, 2 nächstes Jahr | 190 Stunden/Periode | 8.000.000 $ |
Bonus: Zugeständnisse für zu viele defekte Formel-1-Motoren
Keine direkte ADUO-Maßnahme, aber doch eine mit Artverwandtschaft, ist die ebenfalls erst im Oktober finalisierte "Reliability Allowance". Eine kurze Provision im Reglement, welche die Motor-Budget-Obergrenze bei Herstellern ändert, die unverhältnismäßig oft Motoren tauschen muss. Zuverlässigkeitssorgen sind schließlich besonders bei neuen Motoren hoch.
Die Provision wird aber nur relevant, wenn ein Hersteller merkliche Probleme hat. Zur Erinnerung: Auch 2026 gibt es ein Limit für maximal verwendete Komponenten im Laufe der ganzen Saison. Von Verbrennungsmotor und Turbo dürfen je maximal 3 Stück pro Fahrer eingesetzt werden. Von MGU-K, Speicher und Kontroll-Elektronik je 2. Macht für das ganze Team in Summe 6/6/4/4/4. Diese Werte muss das Hauptteam eines Herstellers aber mehr als bloß überschreiten, um in den Genuss der "Reliability Allowance" zu kommen.
So würde im ersten Jahr beispielsweise erst ab dem 11. Verbrennungsmotor des Teams die erste Budget-Anpassung greifen. Die genauen Beträge sind sehr spezifisch und variieren von Teil zu Teil. Höchstwert wären 900.000 Dollar ab dem 17. Verbrennungsmotor. Die komplette Tabelle gibt es unten.
| Teil | 2026 | 2027 | 2028 | ab 2029 | Anpassung |
|---|---|---|---|---|---|
| ICE | bis 10 | bis 9 | bis 10 | bis 11 | - |
| 11-13 | 10-13 | 11-13 | 12-14 | 300.000 | |
| 14-16 | 14-16 | 14-16 | 15-17 | 600.000 | |
| ab 17 | ab 17 | ab 17 | ab 18 | 900.000 | |
| TC | bis 10 | bis 9 | bis 10 | bis 11 | - |
| 11-13 | 10-13 | 11-13 | 12-14 | 45.000 | |
| 14-16 | 14-16 | 14-16 | 15-17 | 90.000 | |
| ab 17 | ab 17 | ab 17 | ab 18 | 135.000 | |
| MGU-K | bis 8 | bis 7 | bis 8 | bis 9 | - |
| 9-11 | 8-11 | 9-11 | 10-12 | 52.500 | |
| 12-14 | 12-14 | 12-14 | 13-15 | 105.000 | |
| ab 15 | ab 15 | ab 15 | ab 16 | 157.500 | |
| ES | bis 8 | bis 7 | bis 8 | bis 9 | - |
| 9-11 | 8-11 | 9-11 | 10-12 | 64.500 | |
| 12-14 | 12-14 | 12-14 | 13-15 | 129.000 | |
| ab 15 | ab 15 | ab 15 | ab 16 | 193.500 | |
| CE | bis 8 | bis 7 | bis 8 | bis 9 | - |
| 9-11 | 8-11 | 9-11 | 10-12 | 64.500 | |
| 12-14 | 12-14 | 12-14 | 13-15 | 129.000 | |
| ab 15 | ab 15 | ab 15 | ab 16 | 193.500 |
Vorerst sind diese Maßnahmen trotz später Stunde immer noch provisorisch. Nach wie vor befinden sich Hersteller und FIA in regem Austausch. So behält man sich übereinstimmend vor, die ADUO-Prozentwerte noch zu verändern, so man denn hier Bedarf sieht.
Ähnlich provisorisch ist die Frage nach der Besetzung der drei F1-Cockpits des Red-Bull-Konzerns neben Max Verstappen. Wir haben vier Rennen vor Schluss Prognosen gewagt:



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