Oliver Bearman steht in der Formel 1 2025 kurz vor einer Rennsperre. Die Strafe aus Monza und den Unfall mit Carlos Sainz ordnet der Haas-Fahrer ohne viel Drama ein. Er ist sich keiner Schuld bewusst, respektiert jedoch die Racing-Regeln der FIA. Am Resultat ändert all das jedoch nichts. Aus Angst vor der nächsten Strafe muss er ab dem Rennen in Baku an diesem Wochenende umdenken.
"Ich denke, es ist als Rennfahrer und auch als Fan vielleicht schwierig, die Strafe zu verstehen. Von meiner Seite war zu jedem Zeitpunkt alles unter Kontrolle. Ich bin einfach nur mit einem anderen Fahrer in die Kurve gefahren, und dann wurde mir gar kein Platz gelassen", so der 20-Jährige, der sich unmittelbar nach dem Rennen in Monza noch nicht zum Vorfall geäußert hatte. Vor Baku beurteilt er die Situation eindeutig: "Ich habe das Gefühl, dass man mir etwas Unrecht getan hat."
Oliver Bearman scheut jetzt Risiko in den Formel-1-Rennen
Noch schwerer als das Gefühl der Ungerechtigkeit wiegt allerdings das, was ihm beim nächsten Vergehen droht. Die zwei in Zusammenhang mit der Monza-Kollision gegen ihn ausgesprochenen Strafpunkte, haben ihn bedrohlich nah an eine Rennsperre gebracht. Mit zehn von zwölf erlaubten Strafpunkten führt er die Sünderkartei der Formel-1-Fahrer an. Noch zwei Punkte, dann erwartet ihn ein Wochenende auf der Bank.
Beim nächsten Zweikampf dieser Art nimmt er sein Rennfahrer-Herz lieber an die kurze Leine, bevor ihn die Höchststrafe trifft. "Ich habe keine Wahl! Ich würde hoffen, dass man mir innen den Platz gibt. Aber ganz eindeutig gibt es eine Wahrscheinlichkeit, dass das nicht passieren wird, und das Risiko kann ich nicht eingehen", so der Rookie, der sich nicht von der Verantwortung für seine Situation freispricht: "Die Regeln sind so und es ist meine Schuld, dass ich die Strafe bekommen habe. Egal, ob ich mit den Regeln übereinstimme oder nicht."
In Zukunft um WM-Punkte zu kämpfen und dabei jegliches Risiko zu scheuen, gestaltet sich jedoch schwierig. Im Duell das Regelbuch im Hinterkopf zu haben, hält er für ein Ding der Unmöglichkeit. "Das kannst du nicht! Stell dir vor, du gehst in die Kurve und hast einen Fahrer neben dir. Du entscheidest, dass du für diese Kurve kämpfen wirst", erklärt er. "In dem Bruchteil einer Sekunde, in dem du anbremst, und du siehst, wie schnell du unter Berücksichtigung deines Rivalen in die Kurve fährst, denkst du nicht an die dreiseitigen Richtlinien, die man dir im Januar mal geschickt hat. Das ist nicht möglich."
Haas bemühte kein Right of Review
Für Bearman gibt es in seiner Situation keinen Weg zurück. Erst am 3. November verfallen zwei Strafpunkte, die er sich 2024 beim Brasilien GP einfing. Unter Berufung auf das 'Right of Review' hätten er und sein Team die Monza-Strafe vielleicht rückgängig machen können. Williams war am vergangenen Wochenende erst mit diesem Verfahren erfolgreich, nachdem eine Strafe gegen Carlos Sainz für eine Kollision mit Liam Lawson im Zandvoort-Rennen angefochten wurde.
Für Bearman ist dieser Zug abgefahren, denn sein Team hätte den Antrag auf eine Neubewertung innerhalb von vier Tagen nach dem Zwischenfall stellen müssen. Im Fall von Carlos Sainz vs. Liam Lawson steht er allerdings hinter der Revision der Strafe: "Ich denke, es ist korrekt, dass sie die Strafe und die Strafpunkte widerrufen haben. So weit sollte es aber gar nicht erst kommen. Es war von außen ziemlich klar, was passiert ist. Natürlich wollen sie so schnell wie möglich eine Entscheidung treffen, aber in vielen dieser Fälle würden sie eine Antwort bekommen, wenn sie mit uns Fahrern sprechen. Wir wären uns alle darüber einig, was eine Strafe sein sollte, und was nicht."
Weniger Strafpunkte durch mehr Politik am Formel-1-Boxenfunk?
Bereits fünf Mal wurde ein Vergehen von ihm in der laufenden Saison von den Stewards geahndet - dreimal gab es Strafpunkte. "Es ist schade, dass ich an diesen Punkt geraten bin. Aber das ist nicht ohne Grund. Ich habe in Silverstone einen sehr gefährlichen Fehler begangen", räumt er ein. Besonders schmerzen ihn allerdings die Strafpunkte aus Monaco: "In Monaco habe ich vier Punkte kassiert, wegen der roten Flagge, bei der ich das Gefühl hatte, alles getan zu haben, um eine gefährliche Situation zu vermeiden."
In Monza wurde Sauber-Pilot Gabriel Bortoleto nach einem ähnlichen Vergehen freigesprochen. Der Brasilianer überholte unmittelbar nach dem Eintreten der roten Flagge noch ein anderes Auto, entkam aber einer Strafe. Der Konkurrent und sein Team gingen mit der Situation allerdings auch anders um, als es Haas und Bearman in Monaco taten. "Vielleicht war ich am Funk nicht aktiv genug. In Monza ist es jemandem passiert und sie haben am Funk gleich klargestellt, dass sie nichts anderes hätten tun können", sagt Bearman.
Seine Schlussfolgerung ist, dass er sich das Leben bei der Rennleitung mit etwas mehr Politik leichter machen könnte: "Ich habe damals nichts gesagt, weil ich einfach froh war, bei der roten Flagge nicht in ein anderes Auto gecrasht zu sei. Vielleicht hätte ich auch dieses Narrativ wählen sollen und es hätte mir in Monaco auch geholfen."


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