Formel 1 Katar, Gewinner: Max Verstappen

Mit diesem Sieg hat kaum jemand gerechnet, am allerwenigsten Max Verstappen. „Ich erwarte nicht, dass alles auf den Kopf gestellt wird und es auf einmal funktioniert“, sagte er nach dem Sprint-Qualifying am Freitag. Selten lag er so weit daneben, denn Red Bull musste zwischen Sprint und Qualifying gar nicht einmal so viel auf den Kopf stellen, um das Auto von einem unkontrollierbaren Biest plötzlich doch in ein siegfähiges Gefährt zu verwandeln. Im Samstags-Qualifying und vor allem im Rennen war der RB20 so schnell wie seit Monaten bei trockenen Bedingungen nicht mehr. Verstappen musste „nur“ einen perfekten Start hinlegen und 45 Runden lang fehlerlos dem Druck von Norris standhalten. Einen Job, den er mit Bravour erledigte. Weltmeisterlich!

Formel 1 Katar, Gewinner: Ferrari

Seit Wochen prognostizierten die Roten – vor allem in Form von Carlos Sainz – unermüdlich, dass Katar ein sehr schwieriges Wochenende für Ferrari im WM-Kampf mit McLaren werden würde. Recht hatten sie ja, wie sich in erster Linie im Sprint zeigte. Doch der Rennverlauf spielte den Roten ein Ass im Konstrukteurs-Titelkampf gegen McLaren zu. Charles Leclercs zweiter Platz ist durch seine Pace nicht zu erklären, vielmehr aber durch die perfekte Ausführung des Rennens und eine goldrichtige Strategie. Einen Wehrmutstropfen gibt es aber: Carlos Sainz war einer von nur zwei Fahrern, denen der Reifen einging. Ohne den Plattfuß würden die Karten für Team Maranello noch um einiges besser liegen, in Abu Dhabi doch noch die Team-Krone zu erobern. So gehen sie nach wie vor als klarer Außenseiter ins Finale.

Formel 1 Katar, Gewinner: Alpine

Blicken wir einmal 30 Tage in die Vergangenheit. Wer damals auf Alpine als WM-Sechsten getippt hätte, der hätte nicht nur eine gute Quote bekommen, sondern wäre unter Garantie auch als unbesonnener Phantast abgestempelt worden. Eher schien es Richtung P9 anstatt Richtung P6 zu gehen. Doch vor dem Finale sieht plötzlich alles danach aus, als ob die Franzosen tatsächlich das Unmögliche möglich machen können. Brasilien sei Dank und dem dort eingefahrenen Doppel-Podium. Aber auch Pierre Gasly sei Dank! Denn in Katar münzte er die Gunst der Stunde in eine sensationelle fünfte Position um. Wie es die Gesetze der Physik erlauben konnten, dass er Sainz hinter sich halten konnte, obwohl er gleichzeitig ‚Lift and Coast‘ betrieb? Die Antworten kann wohl nur der Alpine-Teamleader selbst geben, wenn überhaupt.

Formel 1 Katar, Gewinner: Jack Doohan

Pierre Gasly war aber in Katar auch eine Art Alleinunterhalter, denn von Esteban Ocon war nichts zu sehen. Also kein Unterschied zu nächstem Wochenende, möchte man beinahe zynisch anmerken, denn in Abu Dhabi wird Ocon beim Grand Prix überhaupt nicht am Start stehen. Der dienstälteste Pilot in Enstone seit dem Wiedereinstieg von Renault beendet seine Laufbahn bei Alpine ein Rennen früher, um sich direkt bei den Post-Season-Testfahrten auf Haas einschießen zu können. Jack Doohan kommt dadurch ein paar Monate früher als geplant zu seinem ersten Formel-1-Einsatz. Das ist von Haus aus ein Freudentag für den Sohn von Ex-Motorrad-Weltmeister Mick Doohan. Was der Einsatz für die wilden Gerüchte, um einen vorzeitigen Rausschmiss des Australiers zugunsten von Franco Colapinto, bedeutet, ist noch unklar. Wenn überhaupt, dann hat der Argentinier in den letzten Wochen aber sowieso seine Aktien geschwächt. In Katar war er an seinem frühen DNF zwar nicht schuld, blieb aber mit zwei Q1-Ausfällen hinter den Erwartungen zurück.

Formel 1 Katar, Gewinner: Sauber

PUNKTE! Und dann gleich vier an der Zahl. Inzwischen hätte es wohl kaum jemand mehr für möglich gehalten, dass die Schweizer Mannschaft tatsächlich in diesem Jahr noch einmal anschreibt und dann auch noch Zhou Guanyu, der seinem Teamkollegen Valtteri Bottas für den Großteil der Saison meilenweit unterlegen war. Die Sterne in Katar standen richtig für das zukünftige Audi-Team: Die Konkurrenz räumte sich zum Teil selbst aus dem Weg, das Safety Car kam ebenfalls günstig und – und das ist das allerwichtigste – die neuesten Updates scheinen tatsächlich Wirkung gezeigt zu haben. Der Q2-Aufstieg von Zhou in Las Vegas war ein Schritt nach vorne, das Weiterkommen beider Fahrer in den mittleren Qualifying-Abschnitt in Katar ein wahrer Sprung. Der Aufwärts-Trend bei Sauber kam reichlich spät in diesem Jahr, aber er kam. So kann das 2025 ja doch noch was werden.

Formel 1 Katar, Verlierer: McLaren

Es hätte die große Konstrukteurs-Krönung werden können. Oder wenigstens eine Vorentscheidug, die den Titelgewinn in Abu Dhabi nur zu einer Formalität degradiert hätte. McLaren hatte in Katar alle Trümpfe in der Hand, um Ferrari in die Knie zu zwingen und im Sprint bekamen sie es auch umgesetzt. Doch im Rennen muss sich vor allem Lando Norris den Vorwurf gefallen lassen, seinem Team einen Bärendienst erwiesen zu haben. Diesen Vorwurf macht er sich auch selbst: „Wenn ich getan habe, was sie sagen, dann bravo dafür, dass sie die richtige Strafe ausgesprochen haben“, gab er sich sportsmännisch und argumentierte nicht gegen das drakonische Strafmaß, das seinem Teamboss Andrea Stella sauer aufstieß. Sicherheitsrelevante Vergehen sind eben kein Kavaliersdelikt. Auch, dass Verstappen ihn anschwärzte, nahm er gelassen zur Kenntnis. Plus dann noch der freiwillig retournierte Sprint-Sieg am Samstag… Menschlich ist Norris an diesem Wochenende eindeutig ein Sieger - Punkte gibt es dafür aber keine.

Formel 1 Katar, Verlierer: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton und Mercedes – das ist die mit Abstand erfolgreichste Fahrer-Team-Paarung in der Formel 1 mit sechs Fahrertiteln, 84 Rennsiegen und 78 Pole Positionen. Das Ende dieser Partnerschaft wird diesem erfolgreichen Status aber nicht gerecht. Hamilton ist seit Wochen auf der Suche nach seiner Form und kommt mit den derzeitigen Fahreigenschaften des W15 nicht zurecht. Bereits über die ganze Saison gesehen liegt er deutlich hinter George Russell zurück. Katar war ein neuer Tiefpunkt des Jahres. Denn der Rekord-Weltmeister war auf der Wüstenstrecke nicht nur langsam und hatte Probleme mit dem Auto, sondern leistete sich noch zwei untypische Fehler. Zunächst rollte er am Start etwas zu früh los, dann aktivierte er bei der Boxendurchfahrt den entsprechenden Begrenzer nicht. Für ersteres bekam er eine 5-Sekunden-Strafe, für Causa Nummer 2 eine Durchfahrtsstrafe. Dass dann auch noch ausgerechnet an seinem Mercedes ein Reifenschaden auftrat, der ihn zwischenzeitlich eine Runde zurückwarf, passt da irgendwie ins Bild. Schon jetzt scheint Hamilton seinen Abgang zu Ferrari kaum erwarten zu können.

Formel 1 Katar, Verlierer: Sergio Perez

Dass Sergio Perez ein schlechtes Wochenende hatte, hat inzwischen kaum mehr einen Neuigkeitswert. Seit fast sieben Monaten wartet der Teamkollege des Weltmeisters auf ein Top-5-Resultat, inzwischen sind Punkte schon alles andere als eine Selbstverständlichkeit für den Mexikaner. Zwei waren es nur in den letzten vier GP-Wochenenden. In Katar hätte er diese Unserie beenden können, denn beim Safety-Car-Restart lag er auf Position 5. Pardon, wäre auf Position 5 gelegen. Denn Perez schaffte es nicht einmal bis Start-Ziel, sondern drehte sich in Kurve 12 und verbrannte anschließend die Kupplung, weshalb das Rennen für ihn beendet war. Einen Tag zuvor hatte er schon den Start in den Sprint aus der Boxengasse komplett verschlafen und war dadurch von Franco Colapinto überholt worden. Wird Abu Dhabi sein letztes Rennen für Red Bull sein? Um es in den Worten von Teamchef Christian Horner zu sagen: „Ich überlasse es Checo, seine eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen.“

Peinliche Fehler: Perez vor Rauswurf! Norris-Strafe gerecht? (09:52 Min.)

Formel 1 Katar, Verlierer: Haas & Racing Bulls

Für die Racing Bulls und für Haas hätte das Wochenende eine kaum schlechtere Wendung nehmen können. Im Falle des US-Teams konnten zwar vier Punkte gesammelt werden - zwei im Sprint, zwei im Rennen - doch angesichts des fünften Platzes von Pierre Gasly ist der sechste Platz in der Konstrukteurs-Wertung dennoch so gut wie verloren. 5 Punkte beträgt die Differenz: Falls in Abu Dhabi keiner der sieben Topfahrer eine Bruchlandung hinlegt, ist das kaum mehr aufzuholen. Ziemlich bitter für Haas, denn für den Großteil der Saison waren die US-Amerikaner ‚Best of the Rest‘. Für die Racing Bulls ist der P6-Zug erst recht abgefahren. 13 Punkte zu Alpine, das wird wohl nichts mehr. Auch die acht Punkte zu Haas auf P7 sind kaum mehr aufzuholen. Nach dem schwachen Katar-Wochenende ist es erst recht schwer vorstellbar, dass da noch eine realistische Möglichkeit besteht.

Formel 1 Katar, Verlierer: George Russell

Platz 4 im Mercedes klingt eigentlich nach einem ordentlichen Resultat. Doch im Verlauf des Wochenendes hatte sich George Russell schon viel größere Hoffnungen gemacht. Vor allem nach dem guten Sprint und der geschenkten Pole Position nach der Strafe von Max Verstappen. Doch im Rennen war die Pace dann nicht mehr vorhanden, der Mercedes untersteuerte und langsam verlief auch der Boxenstopp seiner Crew. Das warf den Las-Vegas-Sieger weit aus dem Kampf um Platz 1. P4 kam am Ende nur noch glücklich zustande, mithilfe von Reifenschäden und Safety-Car-Trubel.

Formel 1 Katar, Verlierer: FIA

Blicken wir neben die Strecke. Dort manövrierte sich die FIA während dem Katar-GP wieder in ein schlechtes Licht. Die Kündigungswelle vor dem Grand Prix mit der Entlassung von F2-Rennleiterin Janette Tan und des erfahrenen Rennstewards Tim Mayer kurze Zeit nach der Entlassung von Renndirektor Niels Wittich, ließ so schon viele Beobachter verdutzt zurück. Als Mayer dann auch noch vor die Presse trat und erklärte, dass seine Kündigung ein niederer Revancheakt von FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem aufgrund einer Lappalie gewesen sei, warf das erst recht ein schlechtes Licht auf dem Weltverband und dessen Anführer, der nicht erst seit dem offenen Brief der Fahrer an ihn, sowieso schon unter Druck steht. Die Reaktion des Präsidenten? Ebenfalls ein Gang vor die Presse, nur um dort unmissverständlich klarzustellen, dass es die Fahrer nichts angehe, wie er den Sportverband führe und sie sich gefälligst auf das Rennfahren konzentrieren sollen. Ob das die Gemüter besänftigen wird?

Und das sind nur die Dinge, die sich abgesehen vom sportlichen Geschehen auf der Strecke zugetragen haben. Auf dem Lusail International Circuit machte die Rennleitung mit der ungewöhnlichen Handhabe des kaputten Rückspiegels auf Start-Ziel auf sich aufmerksam. Zuerst wurde ungewöhnlich oft Doppel-Gelb ausgelöst und wieder aufgehoben und schließlich entschieden, dass ein Bruchstück auf der einzigen Überholstelle der Strecke keine Gefahr darstellt. Erst als Valtteri Bottas den Rückspiegel erwischte, wurde das Rennen mit einem Safety Car neutralisiert. Kein gutes Bild für den neuen Rennleiter Rui Marques.