Am Samstagabend hatte Williams noch alles unter Kontrolle. Im engen Kampf um Platz acht in der Team-WM der Formel 1 lag man einen Punkt vor Alpine. Dann kam der Regen-Sonntag in Brasilien. Während Alpine ein sensationelles Doppel-Podium zelebrierte, versenkten Alex Albon und Franco Colapinto ihre Autos an einem Tag drei Mal in der Wand. Jetzt ist die Saison wohl für die Tonne.
Im auf Sonntag verschobenen Qualifying stopfte Colapinto bereits in Q1 sein Auto in die Wand. Nach wie vor schien aber dank Albon alles möglich. Bis Albon, nach einer starken Runde kurz sogar auf Startplatz zwei liegend, in Q3 sein Auto mit einem massiven Abflug in der ersten Kurve so schwer beschädigte, dass er nicht einmal im Grand Prix antreten konnte. Getriebe, Aufhängung, Lenkung, Flügel, Verkleidung, Unterboden waren allesamt hinüber.
Nach wie vor fragt sich Albon, ob es ein Bremsdefekt war. Das ganze Qualifying über hatte er mit der Bremsperformance gehadert: "Wir müssen einen langen Blick da draufwerfen, um herauszufinden, was passiert ist." Bei Colapinto bekam man ein etwas weniger stark beschädigtes Auto immerhin für einen Start von Platz 16 rennfit.
Colapinto schreibt im Rennen noch mehr Williams-Teile ab
Colapinto, der vor Sonntagmorgen noch keinen Meter in einem F1-Auto im Regen absolviert hatte, hatte es im Rennen nicht einfach. Anfangs hielt er sich noch knapp hinter den Punkterängen, mit einem Ausrutscher in Runde 23 fiel er bis auf Platz 14 zurück. In Runde 27 stoppte er bei stärker werdendem Regen für neue Intermediates, bei einem Safety Car in Runde 30 noch einmal.
Dadurch war Colapinto weit hinter der Safety-Car-Schlange und machte Tempo, um aufzuschließen. "Ich habe gepusht, um Temperatur in die Reifen zu bekommen, und dann habe ich das Auto einfach auf einen dieser großen Bäche auf der Strecke verloren." Trotz Safety Car flog Colapinto den Berg hoch heftig in die Wand und zerstörte seinen Williams komplett.
"Das tut gerade richtig weh", bilanziert Teamchef James Vowles nach dem Rennen. "Aber ich wollte tatsächlich dieses Rennen mir bis zum Schluss anschauen, um sicherzustellen, dass ich mich an den heutigen Tag erinnere. Denn ich will nicht, dass wir uns in Zukunft wieder so fühlen."
Williams steht nach Brasilien vor bitterer F1-Realität
Die Gegenwart ist nämlich noch viel bitterer als das isolierte Ergebnis mit null Punkten. Zum einen ist es spät in der Saison, und schon in den letzten Monaten ging bei Williams viel kaputt. Vowles hadert: "Wir hatten jetzt drei riesige Unfälle innerhalb von wenigen Stunden. Das bedeutet Unmengen an Arbeit, um die Ersatzteil-Lage bis Las Vegas in zwei Wochen unter Kontrolle zu bekommen."
Zum anderen war Williams wie eingangs angesprochen eigentlich in einem engen Kampf mit Alpine um Platz acht in der Konstrukteurs-WM. Nach Brasilien weiß jetzt jeder Realist, dass dieses Duell vorbei ist. Mit 33 Punkten für ein Doppel-Podium ist Alpine bis auf P6 vorgesprungen. Das sind Punktemengen, die für ein Mittelfeld-Team ohne ein völliges Chaos-Rennen wie eben Brasilien in kurzer Zeit eigentlich unmöglich sind. Williams müsste in den letzten drei Rennen 27 Punkte holen, um die jetzt achtplatzierten Racing Bulls einzufangen.
"Alpine war schnell im Rennen, keine Frage", zollt Vowles aber den Rivalen auch Respekt, anstatt nur von Glück zu sprechen. Was bleibt? "Ich werde nie aufgeben, solange es nicht vorbei ist, und das ist es erst mit der Zielflagge in Abu Dhabi. Wir haben zwei schnelle Fahrer, ein schnelles Auto. Jetzt müssen wir zu jedem Wochenende gehen und alles rausholen, was geht, ohne dabei den Blick auf 2025 und 2026 zu verlieren. Dort liegen unsere echten Ziele, das habe ich immer gesagt."
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