Der Endspurt der Formel 1 ist 2024 ein heißer. Selbst wenn Max Verstappen in der Fahrer-WM noch immer 47 Punkte vor Lando Norris liegt. Doch gerade weil zwischen Verstappen, beiden McLaren und beiden Ferrari nun an jedem Wochenende alles offen scheint, balancieren beide WM-Titel auf Messers Schneide. Während Red Bull und McLaren sich dabei an die Gurgel gehen, lacht Ferrari. Auf dem Weg zum Titel?
Brasilien-Brennpunkt 1: Max Verstappen vor Motor-Strafe
Immer mehr verdichteten sich am letzten Wochenende schon die Anzeichen, dass Max Verstappen nach einem Leck im Lufteinlass des Motors mit seinen verbleibenden Power Units in argen Problemen gerät. Der Freitags-Motor musste getauscht werden, und am Sonntag klagte Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko nach dem Rennen darüber, dass der Ersatz-Motor ebenfalls eigentlich am Ende seiner Lebensdauer angekommen war und bis zu 8 Km/h an Topspeed kostete.
"Ob wir jenen Motor mit dem Leck noch einmal einsetzen könnten, wird derzeit untersucht", meinte Marko nun am Mittwoch in seiner Kolumne für die Speedweek, scheint sich aber mit der Strafe bereits abgefunden zu haben: "Das alles bedeutet: Wir kommen um einen Motorwechsel in Brasilien nicht herum." Einzig positiv: Wohl wird man nur den Verbrennungsmotor tauschen müssen. Das wären fünf Strafplätze im Grand Prix, das Minimum.
Mit einem Auto, bei dem man noch immer nicht per Abstimmung verlässlich guten Grip und Reifenverschleiß über eine ganze Renndistanz hineinbekommt, ist aber jeder Strafplatz einer zu viel. Eine erste Startreihe war für Verstappen zuletzt schon ein Erfolg. Ein 6. Platz nach Strafe wäre potenziell schon hinter Mercedes. Und die waren in Mexiko zwar nicht schnell, aber sicher auch nicht langsamer als Red Bull. Einzig positiv: In Mexiko kostete der Defekt wichtige Abstimmungs-Zeit. In Austin schien das Setup davor besser aussortiert.
Brasilien-Brennpunkt #2: Keine Ersatzteile mehr für Hamilton und Russell
Das Thema Mercedes kann an dieser Stelle eingeschoben werden. Weniger, weil die Erwartungen besonders hoch sind. Das Austin-Update produzierte auf der Strecke wenig Zählbares. Sehr viel Zählbares aber auf der Teilerechnung. Zwei heftige Unfälle, in Mexiko musste George Russell ein neues Chassis nehmen. Die Buchhalter im Team schielen jetzt besorgt auf die Budget-Obergrenze.
"Wir werden wohl zurückschrauben müssen, was wir ans Auto bauen", kündigt Toto Wolff an. Vom letzten Update-Paket inklusive Unterboden wird es in Brasilien wieder zwei Ausführungen geben: "Aber das ist quasi alles. Sonst kommt nichts. Wir haben gewisse Einschränkungen bei Teilen. Da müssen wir kreativ werden." Abgesehen davon, dass man sich noch nicht einmal sicher scheint, ob das Austin-Update nicht für die Fahrbarkeit Probleme macht. Möglicherweise wird man am Freitag noch einmal einen Vergleichstest mit dem alten Unterboden fahren.
Brasilien-Brennpunkt #3: Ferrari jetzt WM-Favorit?
Ferrari fand an den letzten beiden Wochenenden die Auseinandersetzungen zwischen Verstappen und Lando Norris immens lustig. 46 Punkte hat man in dem Zeitraum auf die Führenden McLaren in der Konstrukteurs-WM gut gemacht. 29 weitere werden bei vier weiteren Rennen wohl noch irgendwo zu finden sein. Momentan ist der SF-24 entweder bestes Auto oder dem McLaren ebenbürtig.
In Austin konnte man selbst die Highspeed-Schwächen des Autos ausreichend kaschieren, um in langsamen Kurven Zeit wieder wettzumachen. "So wird denke ich Katar ein schwieriges Rennen für uns, aber auf allen anderen Strecken sind wir dabei", prognostiziert Mexiko-Sieger Carlos Sainz. "Dann hast du auf praktisch jeder Strecke eine Chance zu gewinnen, außer Katar, das ist absolut keine Ferrari-Strecke."
Doch McLaren lauert. Mit der letzten Unterboden-Ausbaustufe riss Lando Norris in Mexiko keine Bäume aus, doch nachdem er in der zweiten Rennhälfte schneller war als beide Ferrari und einen davon noch einholte, ist Teamchef Andrea Stella angriffslustig: "Das upgedatete Auto schien Ferrari ebenbürtig auf einer Strecke, die wir eher als Ferrari-Strecke eingeschätzt hätten. Das stimmt für den Rest der Saison optimistisch."
Brasilien-Brennpunkt #4: Verstappen vs. Norris III - Jetzt wird's persönlich?
An den nun schon berüchtigten Racing-Richtlinien wird sich in Brasilien nichts ändern. Zu Mexiko hatte wieder jeder seine eigene Meinung. McLaren dankte den Stewards für faire Strafen. Red Bull sah ein Exempel an Verstappen statuiert. Fest steht: Die Austin-Stewards straften weniger hart, weil sie mildernde Umstände in den Manövern orteten. Die Mexiko-Stewards nicht, daher die Standard-Strafen.
An der Regelauslegung an sich hat sich nichts geändert. In Brasilien ist mit Kurve 4 erneut ein neuralgischer Punkt für Probleme prädestiniert. Hier drängte Verstappen 2021 Lewis Hamilton mit ähnlich fragwürdiger Methode in die Auslaufzone, mit der er zuletzt mehrmals Norris behandelte. Norris stellte am Sonntagabend klar, er würde nicht unfair werden, obwohl er nun zu dem Schluss gelangt ist, dass ein Sabotieren von seinem Ergebnis inzwischen Verstappens oberste Priorität zu sein scheint. McLaren vertraut auf die Stewards.
Brasilien-Brennpunkt #5: Kommt der Fahrer-Hammer um Sergio Perez?
Verstappen fährt nicht zuletzt so rücksichtslos, weil er in der Team-WM nur mehr wenig zu verlieren hat. Besser gesagt zu gewinnen. Mangels Ergebnisse ist Sergio Perez angezählt. Teamchef Christian Horner ließ sich am Sonntagabend zur nebulösen Aussage hinreißen, es käme über Brasilien hinaus ein Zeitpunkt, an dem "schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen." Was gleich Spekulationen um einen Perez-Abschuss nach Brasilien anheizte.
Noch erscheint dieses Szenario sehr unwahrscheinlich. Doch auszuschließen ist inzwischen kaum mehr etwas. Seit der Sommerpause holte Perez nur 19 Punkte. Selbst wenn er Brasilien übersteht, so fliegen im Fahrerlager die Gerüchte umher. Auch Franco Colapinto gilt inzwischen als Anwärter auf einen Platz im Red-Bull-Universum ab 2025.
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