Es sind keine eineinhalb Jahre mehr, bis die Formel 1 2026 ein komplett neues Chassis- und Motorenreglement kommt. Dieser gigantische Umbruch bringt einen Neueinsteiger mit, nämlich Audi. Zum ersten Mal wird der deutsche Hersteller einen F1-Motor bauen. Genauer gesagt ist er seit über zwei Jahren mit Hochdruck damit beschäftigt. Was nicht bedeutet, dass es beim Saisonstart 2026 vorne losgeht.

Natürlich ist es Audis ultimatives Ziel, in Eigenregie zu siegen. Daran lassen CEO Gernot Döllner und sein neuer F1-Verantwortlicher Mattia Binotto keine Zweifel aufkommen, als sie am Rande des Italien-GPs eine erste gemeinsame Presserunde abhalten. "Ein Kernziel für uns ist, dass wir nicht nur mit einem Chassis gewinnen, sondern komplett als Hersteller von Chassis und Power Units", so Binotto. "Wir wissen, dass das eine gigantische Aufgabe ist."

Das trifft schon auf das Chassis zu. Im Laufe des ersten Quartals 2025 wird die 100-prozentige Übernahme zukünftige Einsatzteams Sauber abgeschlossen sein. Dann steht allein Audi hinter jenem Team, das aktuell noch auf dem letzten Platz der Konstrukteurs-WM hängt und dringend auf Vordermann gebracht werden wird. Dennoch könnte das Thema Power Unit sogar noch herausfordernder werden.

Trotz Reglementswechsel: Audi fehlt die Formel-1-Erfahrung

Binotto war einst jahrelang in Ferraris Motoren-Abteilung beschäftigt und übersah deren F1-Hybrid-Entwicklung in leitender Position. Er ist bestens qualifiziert, um den Aufwand einer Neuentwicklung wie der von Audi einzuschätzen. Seit seinem Dienstantritt im August ist er am F1-Standort der Deutschen in Neuburg an der Donau unterwegs und macht sich ein Bild der Lage. Der erste Eindruck ist positiv: "Der Motor macht gute Fortschritte, läuft gut auf dem Dyno, einige lange Distanzen wurden bereits absolviert."

Und sicher, 2026 ist ein neues Motorenreglement für alle. Auch für Audis Konkurrenten, die aktuell bereits in der Formel 1 aktiv sind. "Aber ich denke, das ist auch ein Lernprozess", mahnt Binotto. "Ich weiß, wie schwierig es ist, eine komplette F1-Organisation aufzuziehen. Da geht es nicht bloß um Design und Entwicklung. Es ist der ganze Prozess drumherum. Die Zuverlässigkeit. Das Management an der Rennstrecke."

Mercedes, Ferrari und Honda haben alle bereits einen F1-Hybrid-Entwicklungszyklus abgeschlossen. "Sie sind Experten, haben fantastisches Hintergrundwissen aus den letzten Jahren", weiß Binotto. "Selbst wenn sich die Regeln ändern, so ist diese ganze Erfahrung auf jeden Fall ziemlich wichtig und brauchbar."

Binotto mahnt: Erst die Rennstrecke gibt 2026 Antworten

Da hilft es nichts, dass Audis Anlagen in Neuburg auf dem letzten Stand der Technik sind, dass man seit Jahren mit hunderten Ingenieuren am Motor arbeitet: "Auch wenn ich denke, dass die Organisation toll ist, dass die Anlagen toll sind, so ist das Problem, dass es noch immer eine Lernkurve gibt, die wir hinter uns bringen müssen. Also rechne ich ursprünglich mit einem Rückstand. Auch wenn du nie weißt. Aber du musst eben auf der Strecke sein, um es zu wissen."

Stefan Dreyer (links) im Gespräch am Prüfstand im Audi Werk in Neuburg
Die Audi-Anlagen in Neuburg, Foto: Audi

Es ist die alte Motorsport-Weisheit: Es zählt nur das, was auf der Strecke abgeliefert wird. Und Audi wird sich einiges an Erfahrung der Konkurrenz erst einmal aneignen müssen. "Wir haben die guten Leute", ist sich Binotto sicher und spricht Audis Einsatz und Rückhalt im Projekt viel Lob aus. "Es wird an uns liegen, das Vertrauen zu erfüllen, welches sie in uns setzen."

"Aber wir haben noch über ein Jahr Zeit", will Binotto bei Prognosen weder zu weit nach oben oder unten ansetzen. "Es gibt ein intensives Programm auf den Prüfständen. In der Entwicklung. Und es wird unser Job sein, dass wir so viel wie möglich durchsetzen, und versuchen, 2026 zu Beginn so wettbewerbsfähig zu sein, wie wir nur können."

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