Damit hätten vor dem Start in den Belgien-GP wohl die wenigsten gerechnet: George Russell triumphiert mit einer aggressiven Ein-Stopp-Strategie, feiert seinen zweiten Sieg des Jahres und den dritten seiner Formel-1-Karriere. In einem packenden Schlussspurt setzte sich der Brite nur mit 0,526 Vorsprung auf Teamkollege Lewis Hamilton durch, der den ersten Mercedes-Doppelsieg seit 2022 perfekt machte.
"Es ist ein fantastisches Resultat. Wir haben diesen Sieg heute morgen in unserem Strategie-Meeting defintiv nicht vohergesehen, aber das Auto hat sich wirklich großartig angefühlt und wir haben einige Menge Änderungen seit Freitag-Nacht vorgenommen", freute sich Russell wenig überraschend über den Erfolg. "Und die Reifen haben sich einfach wirklich toll angefühlt und ich habe immer wieder gesagt: 'Wir können eine Ein-Stopp-Strategie schaffen.' Und die Strategie hat einen wirklich fantastischen Job gemacht."
Reifenverschleiß in Belgien geringer als erwartet
Russell hatte den Belgien-GP nur von Rang sechs in Angriff genommen und am Start eine Position gegen Lando Norris gewonnen. Tatsächlich kam Russell anschließend gemeinsam mit Max Verstappen als erster Pilot der Spitzengruppe am Ende der zehnten von 44 Rennrunden zu seinem Reifenwechsel von Mediums auf Hards. In Runde 21 überholte Russell schließlich Sergio Perez auf Rang vier. Auf den Führenden Lewis Hamilton hatte der 26-Jährige zu diesem Zeitpunkt rund 8,5 Sekunden Rückstand.
Als im Anschluss zwischen Runde 21 und Runde 31 alle Piloten in den Top-8 zum zweiten Mal an die Box kamen, blieb Russell allerdings draußen. Der Reifenverschleiß stellte sich als niedriger heraus als im Vorfeld des Rennens erwartet. Schon in Runde 26 forderte Russell von Mercedes, über eine Ein-Stopp-Strategie nachzudenken.
Russell schwärmt: War wie im Simulator zu fahren
"Es ging hin und her mit der Kommunikation", beschrieb Russell. "Ich habe gesagt: 'Lasst uns über eine Ein-Stopp-Strategie nachdenken, die Reifen sind gut.' Und ich muss ehrlich sein, ich habe damit ein bisschen gewürfelt. Aber plötzlich habe ich die Reifen in ein wirklich gutes Fenster bekommen."
Besonders die freie Fahrt an der Spitze half Russell, der sich zuvor vor allem in DRS-Zügen befunden hatte. "Da waren keine Hinterbänkler, niemand anderes um mich herum. Und ich habe mich in gewisser Weise so gefühlt, als wäre ich eins mit der Strecke", schwärmte Russell. "Und das hat mir einfach wirklich erlaubt, in so einen großartigen Rhythmus zu kommen. Es war fast, als würde ich im Simulator fahren."
Mercedes geht ins Risiko: Wären sowieso Fünfter geworden
"An einem bestimmten Punkt haben wir gesehen, dass es ohnehin P5 werden würde, P5 mit einer Ein-Stopp-Strategie, P5 mit einer Zwei-Stopp-Strategie. Und dann haben wir es einfach riskiert", beschrieb Mercedes-Teamchef Toto Wolff seinerseits die Gedankenspiele bei den Silberpfeilen.
"Er hat gesagt, die Reifen fühlen sich immer noch gut an und wir haben gedacht: 'Lasst uns gegen Norris und Verstappen absichern.' Und dann haben wir das nicht gemacht und er hat es über die Ziellinie gebracht", lobte Wolff seinen Piloten. 34 Runden absolvierte Russell schlussendlich auf dem harten Reifen - mehr als jeder andere Fahrer.
Es zahlte sich aus. Zwar verkürzte Hamilton den Rückstand auf Russell nach seinem zweiten Stopp am Ende der 26. Runde innerhalb von 13 Umläufen von rund 9,2 Sekunden auf weniger als eine Sekunde, doch in den letzten vier Runden gelang Hamilton nie ein ernsthafter Überholversuch. Immer wieder konnte Russell den Vorsprung ausgangs von La Source groß genug halten, sodass Hamilton auf der Kemmel-Geraden nicht vorbeikam.
Russell: So unterscheidet sich das Duell mit Hamilton von seinem ersten GP-Sieg
Die Situation erinnert an Russells ersten Grand-Prix-Sieg 2022 in Interlagos. Auch damals setzte Hamilton seinen Teamkollegen im Schlussspurt stark unter Druck, kam aber nicht vorbei. Nervös wurde Russell im Angesicht seines schnell näher kommenden Stallgefährten in Spa aber nicht. "Ich war wirklich entspannt, ich weiß nicht warum", sagte der 118-fache GP-Starter.
Ein gravierender Unterschied zu jenem November-Nachmittag in Sao Paulo 2022, erklärte Russell: "In Brasilien vor ein paar Jahren bei meinem ersten Sieg war ich so nervös die letzten 15 Runden und hatte Lewis direkt hinter mir, aber heute habe ich mich wirklich selbstbewusst gefühlt, hatte wirklich das Vertrauen ins Auto und habe in gewisser Weise akzeptiert, dass eben passieren wird, was passiert. Aber es gab keinen Grund, warum wir das nicht schaffen können."
Russell droht Disqualifikation
In der Fahrer-WM der Formel 1 konnte Russell durch den Sieg weiteren Boden gut machen und an Sergio Perez auf Rang sieben vorbeiziehen. Zudem hat Russell nur noch zwei Punkte Rückstand auf Hamilton. In der Konstrukteurs-WM kommt Mercedes ebenfalls mit großen Schritten Ferrari näher und hat nur noch 56 Zähler Rückstand auf die Scuderia.
Russell droht jedoch noch Ärger: Sein Mercedes-Bolide wurde nach dem Rennen mit zu wenig Gewicht gewogen. Es droht eine Disqualifikation. Alle Entwicklungen findet Ihr hier in unserem Liveticker:
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