Mercedes ist zurück: Nach einer schwierigen Zeit nach der Sommerpause für die Silberpfeile, meldeten sich die ehemaligen Formel-1-Dominatoren beim Las-Vegas-GP eindrucksvoll zurück. George Russell konnte sich nach einer dominanten Vorstellung von der Pole aus seinen dritten Grand-Prix-Sieg sichern. Lewis Hamilton vergoldete auf Rang zwei die Bilanz des deutschen Autobauers. Es ist der erste Mercedes-Doppelsieg seit dem Sao-Paulo-GP 2022, nachdem der Doppelsieg beim diesjährigen Belgien-GP im Juli nach der Disqualifikation Russells verloren gegangen war.
„Was für ein Wochenende“, zeigte sich Russell im Anschluss wenig überraschend begeistert. „Das kam total unerwartet, was es noch schöner macht. Es ist nicht das erste Rennen, das ich dieses Jahr angeführt habe, weswegen ich einfach nur darauf gewartet habe, dass es ein Safety-Car oder eine rote Flagge gibt, oder dass ein verdammter Baum auf die Strecke fliegt, was auch immer.“
Russell: Erster Stint Schlüssel zum Sieg
Letztlich bewahrheiteten sich diese Befürchtungen jedoch nicht. „Ich nehme an, das bedeutet, dass sich das Glück zu unseren Gunsten gewendet hat, auch mit Lewis auf P2. Was für ein Ergebnis“, so Russell. Ebenjener Lewis Hamilton war es, der als einziger Pilot im Schlussspurt noch versuchte, seinem Noch-Teamkollegen den Sieg streitig zu machen. Zeitweise holte der Rekordweltmeister seinen nach Start von Rang zehn beachtlichen Rückstand mit großen Schritten auf, musste sich im Ziel jedoch um 7,313 Sekunden deutlich geschlagen geben.
Als Schlüssel zum Sieg machte Russell den ersten Stint auf dem Medium-Reifen aus. Nachdem der Brite am Start die Führung verteidigt hatte und sich in den Auftaktrunden zwischenzeitlich einen harten Zweikampf mit Charles Leclerc lieferte, zog Russell im Anschluss schnell davon als der Monegasse begann, mit seinen Reifen zu kämpfen. Als nach 9 von 50 Rennrunden die ersten Piloten des Spitzen-Quintetts an die Box kamen, betrug sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten Carlos Sainz bereits mehr als fünf Sekunden.
“Der erste Stint war außergewöhnlich“, schwärmte Russell. „Von dort an wusste ich, dass der einzige Weg, wie wir wahrscheinlich den Sieg verlieren würden, wäre, wenn ich Graining an meinen Reifen verursache.“ Dementsprechend sei das Management der Pace im Anschluss die Hauptbaustelle gewesen, so Russell weiter.
Formel 1: Das steckt hinter der Mercedes-Stärke in Las Vegas
Doch auch diese Befürchtung wurde letztlich nicht zur Realität – zur Verwunderung von Mercedes-Teamchef Toto Wolff. „Es ist merkwürdig, denn wir waren in der Lage zu pushen, wann immer wir wollten. Und es ist kein Graining aufgetreten, weder auf dem Medium, noch auf dem Hard“, so der Österreicher. „Leclerc konnte nach ein paar Runden die Pace nicht halten und ist abgefallen. Wir hatten nicht ein einziges Anzeichen von Graining oder Reifenverschleiß.“
Doch was steckt hinter dem plötzlichen erneuten Mercedes-Aufschwung? Darauf angesprochen, hatte Wolff eine klare Antwort parat. „Es ist kalt. Das kann man klar in Korrelation dazu setzen, wo (auf welchen Strecken; d. Red.) wir stark waren“, meinte der 52-Jährige. „Und es geht einfach darum, das Auto an seinem idealen Punkt und die Reifen im optimalen Fenster zu halten. Das zeigt, dass das Auto sehr, sehr schnell sein kann. Wir waren zeitweise zwei Sekunden schneller als unsere Konkurrenz als George gepusht hat. Und für den Rest des Tages hat er nur seine Pace gemanagt.“
Neben der Kälte brachte Russell einen weiteren Aspekt der Mercedes-Stärke in Las Vegas ins Spiel: Der vergleichsweise glatte Asphalt im US-Bundesstaat Nevada. „Es ist kein Geheimnis, dass wir auf Strecken mit vielen Bodenwellen das Auto ein ziemliches Stück anheben müssen“, beschrieb Russell. „Wir müssen es weicher machen. Und dann sind wir in einem Abtriebs-Fenster, wo wir keinen Abtrieb haben.“
Wolff lobt konstantes Mercedes-Wochenende: Wissen, wo wir sein müssen
In diesem Kontext holte Russell zumindest indirekt auch zum Gegenschlag gegen Kritik an Mercedes aus. „Es ist nicht so, als hätten wir plötzlich vergessen, wie wir das Setup des Autos zu machen haben. Es ist einfach nur so, dass bestimmte Strecken von uns verlangen, das Auto in ein Fenster zu packen, das es nicht mag“, erklärte der 26-Jährige. „Und auf Strecken wie hier, wo der Asphalt relativ glatt ist, können wir das Auto ziemlich tief einstellen, ziemlich steif. Mit wenigen oder keinen Bodenwellen auf der Strecke fliegen wir.“
Auch im Hinblick auf die Entwicklung könnten sich die Lehren aus dem Las-Vegas-Wochenende für Mercedes noch als wertvoll herausstellen – besonders im Hinblick auf den Fakt, dass die Silberpfeile an diesem Wochenende jede einzelne Session anführten. „Das ist ein wirklich wichtiges Resultat, weil du bei Fluktuationen über das Wochenende normalerweise sagen kannst: ‘Naja, wir waren gut hier und dann waren wir nicht so gut in dieser Session‘“, setzte Wolff an.
“Aber hier waren wir in jeder Session vorne. Es gibt also eine Menge Daten, die uns erlauben zu sagen: ‘Zumindest wissen wir, wo der ideale Punkt für das Auto ist. Dort müssen wir sein‘“, so Wolff weiter. „Und dann versuchen wir, herauszufinden, wie wir dieses Ziel öfter treffen können.“
Russell-Kampfansage an Verstappen: Niemand ist unschlagbar
Das dürfte sich mit Sicherheit auch Russell wünschen – besonders im Hinblick auf die Saison 2025. Angesprochen auf Max Verstappens Titelgewinn reagierte der 126-fache GP-Starter nämlich mit viel Lob gegenüber dem Niederländer, aber auch mit einer Kampfansage: „Ich will nur jetzt sicherstellen, dass wir uns in diesen Kampf katapultieren, denn ich fühle mich bereit dazu.“
In der anschließenden Pressekonferenz der Top-3 legte Russell nach. „Niemand ist unschlagbar“, so die klare Aussage Russells. „Du musst an dich glauben.“ In diesem Kontext zog Russell auch einen Vergleich zu seinem Teamduell mit Lewis Hamilton über die letzten drei Jahre hinweg, wobei sich der Brite momentan auf dem Weg befindet, dieses nach 2022 zum zweiten Mal für sich zu entscheiden: „Lewis ist der Größte aller Zeiten. Und Max ist direkt auf Augenhöhe mit Lewis. Also ja, ich glaube absolut an mich, dass ich ihm mit gleichem Material einen Kampf liefern könnte.“
Einen harten WM-Kampf in der Formel 1 erwartet 2025 auch Verstappen selbst. Der Red-Bull-Pilot sieht sich dafür jedoch gerade nach dieser Saison gewappnet, in der er laut eigener Aussage über 70 Prozent der Saison nicht das schnellste Auto hatte. Was Verstappen noch zum Weg zu seinem vierten Formel-1-Titel zu sagen hatte, lest Ihr in diesem Artikel:
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