Wechselhaftes Wetter und rote Flaggen: Die Umstände hätten wieder einige Möglichkeiten für McLaren geboten, das Qualifying zum Ungarn-GP zu verbocken. Aber das taten sie diesmal nicht. Ganz im Gegenteil: Dem Formel-1-Traditionsteam gehört die erste Startreihe, auch wenn es mit Max Verstappen sehr eng wurde. Jetzt soll am Sonntag der zweite Saisonsieg folgen.
Ausgerechnet in Regenquali beendet McLaren die Pannenserie
"Seit Brasilien 2012 war McLaren nicht in dieser Position im Qualifying. Also möchte ich zunächst die Männer und Frauen bei McLaren preisen, dass sie dies möglich gemacht haben. Sie haben ein solch konkurrenzfähiges Auto gebaut, aber auch das Team an der Strecke hat fehlerfrei gearbeitet an einem Tag, bei dem das Qualifying vom Regen betroffen war. Und dazu haben die Fahrer ihre Runden abgeliefert", fasste es Teamchef Andrea Stella nach dem Qualifying perfekt zusammen. Woking hat endlich einmal souverän durch eine heikle Lage manövriert.

"Es ist großartig für das Team. Das waren knifflige Bindungen. Es war also nicht einfach, aber hier macht es auch immer Spaß", jubelte Pole-Mann Lando Norris. Bei Teamkollege Oscar Piastri war dann doch der Rennfahrerehrgeiz zwischen den Zeilen zu hören: "Wenn du über die Linie kommst und es so eng ist, dann denkst du natürlich über Kleinigkeiten nach, die du besser hättest machen können. Aber ehrlich gesagt, war das eine solide Runde. Da gibt’s nicht viel, was ich anders machen würde."
Andrea Stella gibt Marschrichtung vor: Verstappen schlagen
22 Tausendstel trennten die beiden Papayas. Weitere 24 dahinter lag Weltmeister Verstappen. Dieser wird am Sonntag erneut der Gegner sein. Stella will endlich den zweiten Saisonsieg, der bereits einige Male weggeworden wurde: "Morgen müssen wir durch einiges durch. Das sind viele Runden hier auf den Hungaroring. Aber wir sind in einer guten Startposition und wir werden erneut versuchen, Verstappen zu schlagen."

Auch Norris stellte klar, wo McLaren sich mittlerweile selbst einordnet: "Ich bin so zuversichtlich wie zuletzt. Wir waren stets konkurrenzfähig, in Qualifying und Rennen. Ein schlechtes Rennen für uns war zuletzt Platz Drei oder Vier. Ein gutes bedeutete den Kampf um den Sieg. Ich denke wir haben beide eine gute Chance darauf, die Big Points abzugreifen." Piastri stimmte in seiner üblichen - etwas wortkargeren - Art mit ein: "Das Auto ist schnell und wir haben eine gute Chance."
Keine Angst vorm Start, aber Hitzeschlacht in Ungarn fordert die McLaren-Strategen
Doch wie man trotz eines schnellen Autos nicht gewinnt, hat das Team zum Leidwesen seiner mittlerweile wieder sehr zahlreichen Fans in den letzten Wochen immer wieder vorexerziert. Damals standen aber auch nicht beide Autos in Reihe Eins. Könnte aber nicht da eine Gefahr in Kurve Eins zwischen den beiden jungen Fahrern lauern? Lando Norris wiegelt ab: "Wir waren immer sauber. Wir behandeln uns gut und mit Respekt. Wir haben uns geholfen, wenn wir das mussten. Von meiner Seite sehe ich da kein Risiko."
Viel mehr Risiko liegt in der Strategie. Geht es nach Pirelli, so wird es in Ungarn wieder einmal ein Zweistopp-Rennen. Andrea Stella ist gewarnt: "Morgen werden McLaren, Red Bull und Ferrari zwei Mediums und einen harten Reifen haben. Also sollten alle ähnliche Strategien haben. Aber natürlich kannst du sie zu verschiedenen Zeitpunkten aufziehen. Außerdem zahlt sich der Undercut auf dieser Strecke sehr aus, besonders auf dem Medium."
Dazu kommen die Bedingungen. Der Samstag war deutlich kühler als am Trainingstag, sogar mit leichtem Regen. Am Sonntag soll sich der Hungaroring aber wieder in den üblichen Glutofen verwandeln. Oscar Piastri erklärt, was den Formel-1-Fahrern blüht: "Am Freitag war es schwierig, die Reifen zu managen. Selbst über eine Runde. Da kannst du sie schon in einer halben Runde zerstören." Und auch Norris plant nicht mit einer Spazierfahrt: "Es wäre schon einmal eine saubere Kurve 1 zu haben und dann zu sehen, was passiert. Aber das erwarte ich nicht. Es wird ein schwieriges Rennen, mit Oscar und Max hinter mir."
Dank Perez Chance auf Konstrukteurstitel? Stella: Auf uns konzentrieren!
Eines soll dabei erstmal keine Rolle spielen: Die WM. Sergio Perez hat das Auto erneut im Qualifying weggeworfen und wird kaum auf viele Punkte kommen können. Ferrari (302) dürfte McLaren (295) bei halbwegs normalem Rennverlauf schon am Sonntag schlucken. Doch Geschäftsführer Zak Brown sieht aufgrund der Perez-Schwäche sogar die Chance, Red Bull (373) den Konstrukteurstitel streitig zu machen.
Andrea Stella will von diesen Überlegungen aber nichts wissen: "Wir müssen uns auf uns selbst konzentrieren und es gut ausführen. Es ist so kompliziert, wenn du dich da von Möglichkeiten ablenken lässt, die nicht in deiner Hand liegen, dann kannst du deine Sachen verkehrt machen." Angesichts der Fehler in den letzten Rennen wäre das Team gut beraten, auf seinen Teamchef zu hören. Dann stehen die Chancen auf den zweiten Saisonsieg nach Miami sicherlich nicht schlecht.
Wie es McLarens großem Gegner Max Verstappen am Samstag auf dem Hungaroring erging, das könnt ihr hier nachlesen:
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