Alpine erlebte beim Saisonstart in Bahrain den absoluten Super-GAU. Das neue Formel-1-Auto ist nicht schneller als 2023, und damit im 2024er-Feld klar am langsamsten. Esteban Ocon und Pierre Gasly waren chancenlos. Dazu berichteten wir bereits, dass Technikdirektor Matt Harmann und Aero-Chef Dirk de Beer den Rücktritt eingereicht haben.

Neue Alpine-Personalstruktur: Drei Technikchefs für Famin

Am Montag nach dem Rennwochenende hat Alpine die beiden Abgänge nun offiziell bestätigt, und baut um. Teamchef Bruno Famin darf bleiben. Unter ihm gibt es nun allerdings eine neue Struktur. Drei Direktoren werden für die jeweiligen technischen Abteilungen zuständig sein und Famin direkt berichten. Eine Zwischenebene gibt es nicht. Damit kopiert Alpine die Personalstruktur von McLaren. Auch dort gibt es drei technische Direktoren, die direkt Teamchef Andrea Stella unterstellt sind.

Bruno Famin bleibt Teamchef bei Alpine, Foto: Alpine F1 Team
Bruno Famin bleibt Teamchef bei Alpine, Foto: Alpine F1 Team

Joe Burnell wird der Leiter der Ingenieursabteilung, David Wheater leitet die Aerodynamik und Ciaron Pilbeam wird Performance-Chef. "Wir haben uns zu diesen organisatorischen Veränderungen entschlossen, da wir klar erkennen können, dass wir in Bezug auf das Leistungsniveau nicht da sind, wo wir sein wollen und müssen", erklärt Bruno Famin. "Die neue Drei-Säulen-Struktur mit drei Technischen Direktoren, von denen jeder auf einen anderen Bereich spezialisiert ist, wird die Arbeit und die Zusammenarbeit in unseren technischen Bereichen verbessern und dazu beitragen, die Leistung von den Fabriken bis zur Rennstrecke zu steigern", ist er überzeugt.

Zumindest bei McLaren hat diese Vorgehensweise im Vorjahr funktioniert. Das Traditionsteam startete furchtbar, entließ Technikchef James Key, installierte die neue Personalstruktur und legte dann ein fulminantes Comeback hin. Ganz so katastrophal wie der übergewichtige A524 war der McLaren 2023 aber nicht. Lando Norris qualifizierte sich in Bahrain damals auf Rang 11. 2024 hatten die Alpine-Piloten keine Chance, sich gegen die letzte Startreihe zu wehren. Die Aufgabe des Comebacks wird für Enstone noch einmal eine Spur härter als es für Woking war.

Danner sieht Alpine in Gefahr: Renault-Chef könnte Reißleine ziehen

Ob Alpine noch genug Zeit für eine solche Wende hat, stellt unser Motorsport-Experte Christian Danner in Frage. In der ersten Ausgabe des neuen MSM-Formates "AvD Motorsport-Magazin mit Christian Danner" sprach er das grundlegende Dilemma des Rennstalls an: "Alpine hat ein Problem. Das Problem heißt, dass es im Besitz eines Automobilherstellers ist. Peter Sauber hat immer gesagt, Automobilhersteller sollten keine Formel-1-Teams besitzen. Denn sie sind ihren Aktionären verpflichtet. Und wenn man hinterherfährt, zieht man den Stöpsel. Das ist die Gefahr, die Alpine droht."

Schlechter als Haas! Wie kam es zum Alpine Desaster? (04:58 Min.)

Tatsächlich entwickelt sich im Paddock immer mehr der Konsens, dass Alpine der Verkaufskandidat Nummer Eins unter den Formel-1-Teams ist. "Ein Automobilhersteller Renault-Alpine kann es sich nicht leisten, als Letzter herumzufahren", meint auch Danner. Er fordert Konsequenzen: "Die fahren gnadenlos hinterher. Eigentlich ist das, was Alpine jetzt bräuchte, ein ganz starker, kompetenter Chef, der Tabula rasa macht, weil sonst zieht der Renault-Chef den Stöpsel aus diesem Team."

Danners Vorschlag ist mit Alpines Mitteilung am Montag nicht eingetreten. Harman und de Beer gingen freiwillig. Bruno Famin bleibt Teamchef. Tabula rasa sieht anders aus. An der Personalpolitik der letzten Jahre lässt der ehemalige Formel-1-Pilot kein gutes Haar: "Natürlich waren die Personalien völlig falsch, die in den vergangenen Jahren das Team geleitet haben bzw. auf jeden Fall mal in die falsche Richtung geführt haben." Dass Enstone prinzipiell die Grundlagen hat, deutlich konkurrenzfähiger zu sein, daran besteht für den Bayer kein Zweifel: "Der Standort dieses Teams hat eigentlich alles, was man braucht. Aber mit den falschen Leuten besetzt, kommt halt auch nichts raus."