Hungaroring, 2022: George Russell auf Pole, Max Verstappen startet nach technischem Qualifying-Fauxpas nur vom zehnten Startplatz. 70 Runden später steht der Red-Bull-Pilot trotz sehenswertem 360-Grad-Dreher wieder ganz oben am Podest, Ferrari im nächsten Strategie-Debakel und Mercedes auf zwei und drei. 2023 das nächste Feuerwerk? Zum Aufwärmen die Brennpunkte des Ungarn-GP.

Brennpunkt 1: Daniel Ricciardos Formel-1-Comeback

"Er sah gebrochen aus", verrät Christian Horner im 'F1 Nation' Podcast über Daniel Ricciardo, als er ihn im letzten Jahr beim GP in Mexiko traf. Acht Monate später: Nyck de Vries raus, Daniel Ricciardo rein. Laut Christian Horner stand die Entscheidung in der elften Runde des Reifentests fest.

Einen Anruf von Dr. Helmut Marko später war die Rochade perfekt und der Honey Badger wieder ein Fixpunkt am Grid. Der erste richtige Test wird das Rennen in Ungarn. Was schafft Daniel Ricciardo im schwierigen AlphaTauri-Boliden? Kann er sich nach dem McLaren-Formtief rehabilitieren?

Ziel: Top-10-Platzierungen. "Es wird eine Herausforderung sein", schätzt der achtmalige Grand-Prix-Sieger. Yuki Tsunodas zehnte Plätze in Baku und Australien das bisherige Saisonhighlight bei AlphaTauri. "Das Auto hat sicher seine Probleme, es fehlt an Abtrieb und solchen Dingen. Aber wenn es gut ausbalanciert ist, kann ich damit arbeiten."

Das interne Teamduell bietet Brennstoff. Für Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo. Nyck de Vries hatte der Japaner in seinem dritten Jahr in der Formel 1 im Griff. Auch der Australier muss sich beweisen. "Sie [Red Bull] erwarten Ergebnisse", meint Ricciardo. "Aber bis ich im Auto sitze, ist es schwer zu definieren, was das ist. Ist es P8, P14? Ich fühle mich aber nicht unter Druck gesetzt."

Brennpunkt 2: Druck auf Sergio Perez steigt und steigt

Sergio Perez kämpft. Nicht um den WM-Titel: Von den einstigen Titelambitionen ist nichts mehr übrig, stattdessen muss der Mexikaner jedes Qualifying darum zittern, ins Q3 zu kommen. Vier Doppelsiegen in den ersten fünf Rennen folgte nur ein dritter Platz in Spielberg. Und: Die Verpflichtung von Daniel Ricciardo trägt nicht unbedingt dazu bei, Druck von den Schultern zu nehmen.

Verstappen vs. Perez: Die letzten fünf Rennen bei Red Bull

Sergio PerezQualifyingRennenMax VerstappenQualifyingRennen
Monaco2016Monaco11
Spanien114Spanien11
Kanada126Kanada11
Österreich153Österreich11
Großbritannien156Großbritannien11

"Es ist frustrierend für ihn, dass er immer wieder Aufholjagden machen muss. Aber er muss einfach sein Qualifying in den Griff bekommen", meint Christian Horner und sieht das Problem nicht fahrerisch, sondern mental. "90 Prozent im Sport ist Kopfsache. Er braucht einen guten Lauf, dann wird er seinen Schwung wiederfinden." Trotz Vertrag bis Ende 2024, zählt jetzt jedes Rennen für Sergio Perez. Beginnend in Ungarn.

Brennpunkt 3: Erstes großes Update von Red Bull

"Auch sie kämpfen mit den Tücken der Groundeffect-Autos. Nur haben sie einen so großen Vorsprung, dass sie die Defizite mit Performance maskieren", erklärt McLarens Andrea Stella. Red Bull verzichtete bislang auf große Umbauten, aufgrund der geringen ATR-Zeit entwickelte das Team im Spar-Programm.

Seit elf Rennen ungeschlagen: Red Bull, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Seit elf Rennen ungeschlagen: Red Bull, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

In Ungarn soll das erste größere Update-Paket kommen. Laut 'Auto, Motor und Sport' mit umfassenden Änderungen am Bodywork, inklusive Seitenkästen mit einer tiefen Rinne à la Aston Martin. Wie bei den neuen Teilen in Baku soll die Zeitverbesserung ungefähr zwei Zehntel betragen. Und Red Bull dabei helfen, McLarens Rekord von elf Siegen zu überbieten.

McLarens Performance: Das Wunder von Woking?

McLaren erzielte mit 30 Punkten bei ihrem Heimrennen in Großbritannien mehr als in den bisherigen neun Saisonläufen insgesamt (29). Das Podium von Lando Norris der endgültige Beweis: Die B-Version des MCL60 scheint zu funktionieren. Nach Katastrophen-Start entwickelte sich das britische Team über die Rennen in Spielberg und Silverstone zum ersten Verfolger hinter Klassenprimus Red Bull.

"Aber wie ich immer wieder betone, war das eine Strecke mit Hochgeschwindigkeitskurven", wird Teamchef Andrea Stella in Großbritannien nicht müde zu betonen. "Und gleichzeitig war es kalt. Das beschönigt die Situation vielleicht ein bisschen. Trotzdem scheint das Auto im Rennen konkurrenzfähiger zu sein."

Formel 1 Updates: McLaren besser als Ferrari & Mercedes! (19:19 Min.)

Die nächste Härteprobe folgt in Budapest: Der 4,381 Kilometer lange Kurs in sengender ungarischer Hitze und hauptsächlich mittelschnellen und langsamen Kurven ist genau das Gegenteil der bevorzugten Bedingungen des McLaren. "In gewisser Weise freuen wir uns auf Ungarn, um genauer zu sehen, wo wir wirklich stehen", sieht es Stella positiv. Und: In Budapest folgt der letzte Part des dreiteiligen Update-Paketes.

Finden Fernando Alonso und Aston Martin ihr Momentum wieder?

Fünf Fernando-Alonso-Podien in den ersten sechs Rennen, in den letzten vier nur eines in Kanada. Ihren Ruf als erste Red-Bull-Jäger musste Aston Martin aufgeben, nur in Montreal war das britische Team zweite Kraft. In Silverstone holten Lawrence Stroll und Co. insgesamt sechs Zähler, Fernando Alonso rettete mit Safety-Car-Glück P7. Denn: McLaren, Mercedes und Ferrari waren eigentlich schneller.

Der Hungaroring sollte gut zum grünen Boliden passen. DRS und aerodynamische Effizienz spielen eine untergeordnete Rolle. Teamchef Mike Krack kündigte bereits neue Teile für Ungarn, Belgien und Zandvoort an. Problem: Seit 1. Juli hat Aston Martin um 20 Prozent weniger Zeit im Windkanal und für CFD-Simulationen.

Ferrari: Top oder Flop?

In Österreich noch zweite Kraft hinter Red Bull, kam Ferrari in Silverstone nicht über P9 (Charles Leclerc) und P10 (Carlos Sainz) hinaus. Ein schlecht getimtes Safety Car schadete der Strategie, aber: "Wir hätten mehr pushen können", so Fred Vasseur. Aus Angst vor einem hohen Reifenverschleiß ging Ferrari zu sorgsam ans Werk und zu früh an die Box. "Wir waren viel zu konservativ." Dazu kam das altbekannte Pace-Problem.

Hoffnung gibt die Streckencharakteristik in Ungarn: Mit 310 km/h eine der niedrigsten Höchstgeschwindigkeiten, maximaler Abtrieb und Fokus auf mechanischem Grip. Kein Wind, keine Highspeed-Kurven. Genau passend für den SF-23. "Auf dem Papier, ja", schätzt Fred Vasseur.

Auf einer überholfeindlichen Strecke wird das Setup eine wichtige Rolle spielen, und obwohl die Abstimmung aufgrund der ähnlichen Kurvengeschwindigkeiten einfacher ist, sind die Freien Trainings extrem wichtig. Ein Totalausfall wie bei Charles Leclerc im 2. Freien Training in Silverstone und fehlende Longrun-Daten ungünstig. "Wir brauchen einen reibungslosen Freitag und müssen beim Setup diese Extra-Zehntel finden", betont der Ferrari-Teamchef.

"Wir haben einen klaren Plan, was wir verbessern wollen. In den letzten drei Rennen haben wir bereits Schritte nach vorn gemacht", so Charles Leclerc. Weitere Updates sind geplant. "Nicht nur um vor Mercedes und Aston zu sein, sondern auch, um die Red Bulls so schnell wie möglich zu bekämpfen."