Letztendlich war Ferraris Versuch aussichtslos. Die 5-Sekunden-Strafe, die Carlos Sainz für das Umdrehen von Fernando Alonso in Australien beim letzten Restart erhalten hatte, wollte das Team per Recht auf Neubeurteilung wieder aushebeln. Doch die FIA-Stewards wiesen alle von Ferrari vorgelegten Beweise als weder neu, noch relevant, noch signifikant ab.

Ferrari meldete sich nach der Verhandlung schnell und akzeptierte die Strafe - doch erst das Team, und dann auch Carlos Sainz brachten zugleich ihre Enttäuschung zum Ausdruck. Dabei geht es um die Strafe selbst, aber genauso um den größeren Kontext.

Sainz bleibt dabei: Australien-Strafe unverhältnismäßig

"Ich bin sehr enttäuscht, dass die FIA unserem Antrag auf Neubewertung nicht stattgegeben hat", so Sainz am Dienstagabend in einer Stellungnahme. "Zwei Wochen später denke ich nach wie vor, dass die Strafe unverhältnismäßig ist, und ich glaube, dass es auf Basis der von uns vorgelegten Beweise und Argumente zumindest untersucht hätte werden sollen."

Für die Stewards war der Fall in Australien schon klar gewesen, die erneute Evaluierung weiterer Beweise änderte nichts. Ferraris vorgelegte Telemetrie brachte nichts Neues, und weitere Aussagen von Sainz und anderen Fahrern über die schwierigen Bedingungen zum Zeitpunkt des Zwischenfalles änderten nichts daran, dass Sainz Alonso rammte, andere aber unfallfrei durchkamen.

So fühlten die Stewards sich in ihrer Einschätzung des Zwischenfalles als schweren Fahrfehler bestätigt. Ferrari, und Sainz, geht es aber nicht nur um den Zwischenfall in Isolation. Sie hätten ihn gerne auch in einem größeren Kontext interpretiert.

Sainz nimmt FIA in die Pflicht: Seit Jahren heißes Thema

In zeitgleichen Kollisionen hatte Pierre Gasly Teamkollege Esteban Ocon abgeräumt. Nach Anhörung von Team und Fahrern entschieden die Stewards gegen eine Strafe. Hinten im Feld rammte Logan Sargeant mit schwerem Verbremser Nyck de Vries, beide fielen aus. Dafür gab es keine Untersuchung.

Sainz bemängelt: "Konstanz und Entscheidungsprozess sind seit mehreren Jahren schon ein heißes Thema, und wir müssen im Sinne unseres Sportes hier klarer sein." Sein Team hatte davor Hoffnungen auf Gespräche zwischen Teams, FIA und Formel 1 geäußert, "um die Rechtsprechung unseres Sportes weiter zu verbessern und so das höchstmögliche Niveau an Fairness und Konstanz zu erreichen, welches unser Sport verdient."

Was war das eigentliche Ziel von Ferrari?

Motorsport-Magazin.com meint: In einem Vakuum hat Carlos Sainz Fernando Alonso mit einem offensichtlichen Fahrfehler umgedreht und dafür eine 5-Sekunden-Strafe verdient. Die vorgelegten Beweise unterstrichen das sogar. Und keine Anhörung abzuhalten war auch der übliche Prozess. Das vermeintliche Gegenbeispiel eines nicht vergleichbaren Zwischenfalls aus 2014 unterstrich das ebenfalls. Ferraris einzige "Beweise" zeigten also, dass die Stewards richtig handelten.

Über die Sainz-Strafe zu debattieren mutet sinnlos an. Aber ging es darum? Oder war es vielleicht auch eine öffentliche Show, welche Aufmerksamkeit auf die komplett unterschiedliche Behandlung dreier Startunfälle lenken sollte?

Die FIA wollte nach Abu Dhabi 2021 die Integrität von Rennleitung und Stewards wiederherstellen. Die neue Saison impliziert jedoch ernste Probleme. Wofür gibt es das neue "Remote Operations Center", den Videoassistenten, wenn Unfälle wie Sargeant/de Vries untergehen? Wie können Diskussionen wie die um Fernando Alonsos Podium in Saudi-Arabien trotzdem entstehen? Im großen Kontext ist Ferraris Forderung nach Gesprächen mehr als fair.

Warum bringt Ferrari kein WM-Auto mehr zustande? - Formel 1 Q&A: (17:14 Min.)