Ferraris letztes Aufbäumen gegen das Ergebnis des Australien-GPs ist gescheitert. Am 18. April weisen die FIA-Stewards den Versuch der Scuderia ab, mittels eines 'Rechts auf Neubeurteilung' die 5-Sekunden-Strafe gegen Carlos Sainz anzufechten. Sainz bleibt damit punktelos auf dem zwölften Platz.

Ferrari hatte versucht, mit dem im Englischen als 'Right of Review' bekannten Rechtsmittel eine erneute Verhandlung der Strafe zu erreichen, scheiterte aber schon in der Vorstufe. Keine der Elemente, die das Team der FIA vorlegte, wurden von den Stewards als "neu" und "relevant" eingestuft. Diese Hürden hätte man schaffen müssen, damit überhaupt die Verhandlung begonnen hätte.

Australien-Stewards schmettern Ferraris neue Beweise ab

Kurz zum Verfahren: Bei einem Recht auf Neubeurteilung muss die protestierende Partei, hier Ferrari, neue Beweise vorlegen, die für den Fall relevant und signifikant sind. Diese Beweise werden von den vier Stewards, die schon in Australien die Strafe aussprachen, untersucht. Im Fall Sainz legte das Team drei Beweislinien vor. Keine davon war für die Stewards neu, relevant oder signifikant.

Sainz hatte beim letzten stehenden Restart hin zur ersten Kurve Fernando Alonso umgedreht und dafür fünf Strafsekunden erhalten. Noch während dem Rennen, daher gab es keine Anhörung. Ferrari erhoffte sich mehr Aufschluss und legte den Stewards Folgendes vor:

  • Telemetrie-Daten von Sainz nach dem Restart
  • Eine schriftliche Zeugenaussage von Sainz selbst
  • "Zeugenaussagen" von anderen Fahrern, tatsächlich TV-Interviews nach dem Rennen

Ferraris Frust rührte auch daher, dass es nie eine Anhörung gab, sondern dass die Entscheidung einfach während der letzten Unterbrechung getroffen wurde. Das Team argumentierte, dass die Aussagen eines Fahrers und Telemetrie den Unfall anders darstellen könnten.

Dabei berief man sich auf den Unfall zwischen Felipe Massa und Sergio Perez 2014 in Kanada, bei dem Perez' damaliges Team Force India Beschwerde eingelegt hatte. Für die Stewards jedoch kein ausreichendes Argument. Damals wurde erneut verhandelt, weil eigentlich eine Anhörung nach dem Rennen angesetzt worden war, an der Perez jedoch aufgrund von Checks im Krankenhaus nicht teilnehmen konnte.

Bei Sainz wurde nie eine Anhörung angesetzt. Das ist Standard-Prozedere. Solange ein Beteiligter noch im Rennen ist, wird versucht, die Strafe möglichst vor dem Zieleinlauf auszusprechen, um schnell klare Verhältnisse im Ergebnis zu schaffen. Und die Stewards sehen an den von Ferrari vorgelegten Informationen auch nichts, was neues Licht auf den Zwischenfall mit Alonso wirft.

So argumentieren die Stewards gegen Ferrari im Detail

In Sachen Telemetrie erklären die Stewards, dass diese weder signifikant noch relevant noch neu ist. "Die Stewards haben Zugriff auf eine umfangreiche Menge an Telemetriedaten", wird explizit erinnert. Was Ferrari noch vorlegte, sei "bestenfalls mehrdeutig" und würde wenn überhaupt eher die Argumentation für eine Strafe unterstützen.

Sainz' abgegebene Aussage ist ebenfalls weder signifikant noch relevant. "Zuerst einmal: Hätten wir gedacht, dass wir eine Aussage von [Sainz] gebraucht hätten, um den Zwischenfall zu analysieren, hätten wir ihn nach dem Rennen vorgeladen", sind die Stewards ziemlich deutlich.

Das Sainz-Statement in Verbindung mit der Telemetrie wurde vom Team genützt, um ein Bild von schlechten Gripverhältnissen, kalten Reifen und tiefstehender Sonne zu zeichnen. Dieser Argumentation können die Stewards nicht folgen. Die Daten zum Bremspunkt sagen nichts Signifikantes diesbezüglich aus.

Der Zustand der Strecke war für alle gleich: "Indem er im Kampf gegen [Gasly] spät bremste, nahm [Sainz] das Risiko auf sich, dass er, als Fahrer, die Kontrolle verlieren würde. In diesem Fall materialisierte sich das Risiko, mit der Konsequenz einer Kollision, und dann einer Strafe."

Und auch in Sachen tiefstehender Sonne schieben die Stewards nach: "Logik würde vorgeben, dass die Position der Sonne alle anderen Fahrer gleich beeinflusste. Es ist kein gerechtfertigter Grund, eine Strafe zu vermeiden." Ferraris schlussendlicher Versuch, noch TV-Interviews von anderen Fahrern zu diesen Themen vorzulegen, half dementsprechend auch nicht: "Diese Statements wurden nach unserer Entscheidung gemacht und konnten daher bei der Entscheidung nicht vorkommen, aber nichts in diese Statements war signifikant oder relevant für unsere Überlegungen."

Ferrari fordert weitere Diskussionen von der FIA

Wenige Minuten nachdem die Stewards-Entscheidung eintraf meldete sich Ferrari mit einem kurzen Statement und akzeptierte die Niederlage: "Wir sind natürlich enttäuscht und dachten, wir hätten ausreichend neues Material für die FIA, um es neu aufzurollen, besonders im Kontext der Bedingungen und von mehreren Zwischenfällen, die während dem letzten Restart passierten."

Mit keinem Wort werden in der Entscheidung der Stewards wiederum die anderen beiden Restart-Unfälle erwähnt. Während Sainz der Faktor "Startgetümmel" nicht als Entschuldigung zugestanden wurde, erlaubten das die Stewards bei der Kollision zwischen Pierre Gasly und Esteban Ocon sehr wohl und sprachen keine Strafe aus. Weiters wurde eine Kollision zwischen Logan Sargeant und Nyck de Vries überhaupt nicht untersucht.

Über diese beiden Zwischenfälle hatte sich Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur nach Australien beklagt, doch in der Beweisführung tauchen sie nicht auf. Die Scuderia hofft jetzt trotzdem diesbezüglich: "Wir freuen uns darauf, in umfangreichere Gespräche mit FIA, F1 und Teams einzutreten, um die Rechtssprechung unseres Sportes weiter zu verbessern und so das höchstmögliche Niveau an Fairness und Konstanz zu erreichen, welches unser Sport verdient."

Dieser Artikel erschien in Kurzfassung und wurde laufend aktualisiert.

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