Kevin Magnussen und Romain Grosjean, diese Fahrerpaarung war bei Haas von 2017 bis 2020 durchweg aktiv. Es kommt in der Formel 1 nicht oft vor, besonders in einem Mittelfeldteam, dass ein Duo derart lange zusammenbleibt. Im Feld für 2023 sind die Paarungen von Red Bull und Ferrari am längsten unverändert und diese werden erst in ihre dritte gemeinsame Saison gehen. Eigentlich hätte auch Haas 2022 seine Fahrerpaarung beibehalten, doch als Nikita Mazepin zu Beginn des Jahres aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine rausgeworfen wurde, zauberte das US-Team wieder Kevin Magnussen aus dem Hut. Wäre dessen jahrelanger Gefährte Romain Grosjean nicht auch eine Option gewesen?

Diese Frage hat Teamchef Günther Steiner nun im Formel-1-Podcast 'Beyond the Grid' beantwortet. Es hing vor allem mit dem Privatleben des Franzosen zusammen: "Romain wollte sein Leben verändern und zog in die USA. Ich habe ihn über die Jahre recht gut kennengelernt. Ich wusste, dass er diese Veränderung wollte und seine Familie mit in die Staaten genommen hatte. Er hat einen Lebensplan. Bei Kevin weiß ich, es ist Kevin. Der hatte keinen richtigen Plan. Er lebt einfach und genießt es. Romain hatte aber einen Plan und einen Vertrag mit Andretti, auf den er sehr stolz war. Er wollte in die USA und Indycar fahren, da freute er sich sehr darauf. Ich dachte nicht, dass ich ihn überreden könnte. Es wäre sehr schwer geworden: Ich respektiere, dass er drei Kinder und eine Frau daheim hat. Da will man nicht so eine Veränderung im Leben. Kevin ist da viel einfacher, er ist mir ähnlicher."

Steiner: Grosjean bei Haas mit zwei Gesichtern

Grosjean fährt seit 2021 in der Indycar-Serie. Dort erzielte er bereits eine Pole-Position und vier Podestplätze. Ab 2022 unterschrieb er für mehrere Jahre beim Topteam Andretti. Für Steiner war das der Grund, nicht bei ihm anzufragen: "Ich dachte nicht über ihn nach, denn ich wusste, dass er gerade erst einen neuen Vertrag unterschrieben hatte." Ein Jahr später hat Haas Nico Hülkenberg als Nachfolger von Mick Schumacher verpflichtet, Grosjean war erneut kein Thema. Stattdessen wird der Franzose ab 2024 zusätzlich mit Lamborghini in der LMDh-Klasse antreten.

Der Südtiroler Teamchef erinnerte sich an das auf und ab seines Ex-Piloten in der Formel 1 und verpasste dieser Eigenschaft sogar ein eigenes Wort: "Wir alle wissen, dass Romain ein sehr guter Fahrer ist, an einem seiner guten Tage. Er kann aber auch ein sehr schlechter Fahrer sein, an einem seiner schlechten Tage. Ich denke das ist einfach sein Charakter. Manchmal, als er noch für uns fuhr, knallte er im Qualifying eine unglaubliche Rundenzeit hin und wir fragten uns: Wie hat er das gemacht? In Baku, als er sich aus dem nichts wegdrehte, haben wir uns das aber auch gefragt. Es ist bei ihm dasselbe, sowohl im positiven als auch im negativen. Es ist 'Grosjeaning'."

Grosjean war schon 2016 beim Debüt von Haas dabei, Foto: Sutton
Grosjean war schon 2016 beim Debüt von Haas dabei, Foto: Sutton

Gene Haas selbst bringt Magnussen ins Spiel

Grosjean kam also als kurzfristiger Ersatz zu Saisonbeginn nicht in Frage, aber wie kam es dann zur Magnussen-Verpflichtung? Steiner berichtet von seinen Besprechungen mit dem Teambesitzer: "Als alles passierte [Ukraine-Krieg und Mazepin-Rauswurf, Anm. d. Red.], sprach ich mit Gene [Haas, Anm. d. Red.] darüber, wen wir ins Auto setzen sollten. Wir gingen eine Liste durch, als er meinte, was ich von Kevin halten würde. Ich meinte nur, dass ich damit zufrieden wäre, wenn wir ihn bekommen könnten."

Gene Haas brachte Günther Steiner auf die Idee, Magnussen zurückzuholen, Foto: Sutton
Gene Haas brachte Günther Steiner auf die Idee, Magnussen zurückzuholen, Foto: Sutton

Gene Haas selbst schlug also eine Rückkehr seines alten Piloten vor, doch wusste er zu diesem Zeitpunkt gar nichts von der aktuellen Beschäftigung des Dänen: "Gene fragte, was er gerade macht. Er fuhr für Peugeot in der WEC. Ich hatte ihn beim 24-Stunden-Rennen in Daytona getroffen, da haben wir 20 Minuten lang etwas gequatscht. Ich wusste also, was er macht. Aber er hatte einen Vertrag und ich wusste gar nicht, ob er überhaupt aus diesem Vertrag rauswollte. Also rief ich ihn an und teilte dann Gene mit, dass Kevin davon überzeugt war, dass er aus dem Vertrag rauskommen könnte. Also beschlossen wir, es durchzuziehen. Das war dann der harte Teil."

Magnussens Rückkehr für Steiner nicht überraschend: F1-Sehnsucht erst da, wenn man raus ist

Während die Verhandlungen mit Peugeot wohl alles andere als einfach waren, ging mit Haas selbst alles ganz schnell: "Der Vertrag mit uns war kein Problem. Wir haben einfach den alten Vertrag von früher genommen, dann mussten wir nicht über Tage mit Anwälten und Managern darüber verhandeln. Wir haben das finanzielle besprochen und dann ging es los." Und schon saß Magnussen in Bahrain im Haas und überzeugte sofort.

Kevin Magnussen zeigte in Bahrain, dass er nichts verlernt hatte, Foto: LAT Images
Kevin Magnussen zeigte in Bahrain, dass er nichts verlernt hatte, Foto: LAT Images

Auch Magnussen ist mittlerweile Vater und war in den USA unterwegs, dennoch ergriff er die Chance einer Formel-1-Rückkehr sofort. Für Steiner ist das keine Überraschung: "Die Formel 1 ist eine dieser Sportarten, die du nicht wertschätzt, solange du drin bist. Sobald du aber draußen bist, dann vermisst du sie. Dir wird erst klar, was du da hattest. Du vermisst ja auch nicht die Sonne, bevor es zu regnen anfängt. Wenn die Sonne immer scheinen würde, dann wäre es nichts Besonderes. Dann regnet es drei Tage durch und du vermisst sie. So ist das auch mit der Formel 1." Die Erfahrung draußen zu sein, wird Magnussen vorerst nicht machen müssen, denn er ist auch 2023 wieder für Haas am Start. Mit seinem alten Kollegen Romain Grosjean hingegen wird er wohl nicht mehr vereint werden.