In der Formel 1 beginnt am Montag nach dem Abu Dhabi GP inoffiziell bereits die Saison 2023. Zahlreiche Teams heißen neue Fahrer willkommen, und auf die Haas-Garage waren viele Augen gerichtet. Dort absolvierte am Montagvormittag Nico Hülkenberg, der Mick Schumacher beerbt, schon in neuer Kluft die erste Sitzanpassung.

Danach stellte sich Hülkenberg, der am Dienstag auch schon den abschließenden Reifentest fahren wird, erstmals als Haas-Pilot den F1-Medien. Sein Fokus liegt auf der Zukunft, nachdem er sein Comeback sozusagen per Initiativ-Bewerbung bei Teamchef Günther Steiner selbst ins Rollen gebracht hat. Und damit letztendlich das Schumacher-Aus besiegelt hat.

"Ich habe Günther im Sommer angerufen", bestätigt Hülkenberg, dass er den Stein ins Rollen gebracht hatte. "Zwei Jahre lang habe ich mir deswegen keinen Stress gemacht und das Leben abseits des Cockpits genossen. Das ist viel entspannter und hat andere Vorteile, aber dann hat es sich wieder eingeschlichen. Der Wunsch, im Grid zu sein, Rennen zu fahren, Leuten auf der Strecke in den Arsch zu treten."

Besonders dass er 2022 als Aston-Martin-Ersatzfahrer öfter wieder Grands Prix besuchte, befeuerte den Comeback-Willen. Zu Saisonbeginn hatte Hülkenberg davor schon zwei Rennen als Ersatz für Sebastian Vettel bestritten. Er verhandelte schließlich mehrere Monate mit Haas, in den letzten Wochen vor Abu Dhabi näherten sich die beiden Parteien dann dem Abschluss. Lose Diskussionen auf anderen Seiten gab es, auch das bestätigt Hülkenberg, aber der Weg führte immer wieder zurück zu Haas.

Hülkenberg sticht Schumacher aus: Kein Mitleid

Dort entschied sich das Team von Günther Steiner schließlich, Mick Schumacher auszutauschen. Im zweiten Jahr hatte Schumacher mit Kevin Magnussen einen erfahrenen Teamkollegen bekommen und sich gegen den Dänen zeitweise schwergetan. Viele Faktoren spielten in die Fahrerentscheidung mit hinein - nicht nur die Ergebnisse, auch der Wunsch von Haas nach einem zweiten erfahrenen Piloten neben Magnussen.

Hülkenberg bedauert Schumachers letztendliches Schicksal nicht: "Nein. So ist die Formel 1. Wir kämpfen alle um unsere Karriere, um das gleiche Stück Asphalt. Viele Fahrer mussten in ihrer Karriere für einen anderen Platz machen. Ob der jetzt zwei Jahre oder zehn Jahre mehr Erfahrung hat - so läuft es in der Formel 1 eben."

Das Gefühl kennt Hülkenberg selbst gut. 2019 musste er bei Renault für Esteban Ocon Platz machen. "Letztendlich liegt es am Fahrer, mit seinen fahrerischen Leistungen zu überzeugen", lautet sein Fazit. "Sonst nimmt das Team Veränderungen vor. Das gilt auch für die Ingenieure. Für das ganze Personal. Deshalb passiert es die ganze Zeit."

Hülkenbergs kritische Ersatz-Einsätze als Schlüssel?

Als Hülkenberg Ende 2019 seinen Renault-Sitz verlor, standen hinter einem Comeback auch große Fragezeichen. Schon über 30 Jahre alt, hatte er obendrauf noch den unliebsamen Rekord der meisten Rennen ohne Podium anhängen, 181. Dass er sich im kollektiven Gedächtnis des Formel-1-Fahrerlagers trotzdem so gut halten konnte, führt er vor allem auf seine drei kurzfristigen Auftritte als Ersatzfahrer im Coronavirus-Jahr 2020 zurück.

2020 fuhr Hülkenberg beim Ersatz-Auftritt in Silverstone auf Startplatz 3, Foto: LAT Images
2020 fuhr Hülkenberg beim Ersatz-Auftritt in Silverstone auf Startplatz 3, Foto: LAT Images

Ohne die, vermutet Hülkenberg gegenüber Motorsport-Magazin.com, würde er jetzt nicht im Haas sitzen: "Ich glaube, die haben sehr, sehr gut getan. Es war auch ein riesiger PR-Push jedes Mal, wenn das passiert ist. Zusätzlich waren die sportlich auch recht erfolgreich - das war so 'He Leute, mich gibt's auch noch.'" Einmal qualifizierte sich Hülkenberg damals unter den Top-3, und bei den zwei Rennen, die er beendete, punktete er.

Damit hielt er sich im Gespräch, 2022 fuhr er noch zwei Rennen. Ein Comeback im Motorsport war für ihn nur in der Formel 1 denkbar, das war ihm danach klar: "So sehr ich zurückkommen wollte, so wäre ich auf der anderen Seite ja weich gefallen. Ich bin zehn Jahre F1 gefahren. Ich wäre enttäuscht gewesen, keine Frage, aber hätte mich jetzt auch nicht aufgehangen."

Hülkenberg schon in Abu Dhabi im Haas: Minimale Testzeit

Wie schnell er sich anpassen kann, das kann Hülkenberg jetzt auch bei Haas zeigen. Am Dienstag sitzt er in Abu Dhabi beim Reifentest erstmals im VF-22, danach gibt es nur mehr eineinhalb Test-Tage in Bahrain 2023.

In Sachen Zielen und Ambitionen ist der mittlerweile 35-Jährige realistisch: "Maximieren, was wir haben. Du hängst immer davon ab, wie wettbewerbsfähig dein Paket ist, das wissen wir alle. Im Rennen können sich Chancen ergeben, du kannst Glück haben, aber es geht einfach darum, jedes Rennwochenende zu maximieren und nichts übrigzulassen."