Einst war Jaime Alguersuari britischer Formel-3-Champion und mit nur 19 Jahren der jüngste Pilot der Königsklasse. Einem raketenhaften Aufstieg zum Red-Bull-Nachwuchsteam Toro Rosso (jetzt AlphaTauri) folgte ein fast ebenso rasanter Abstieg. Heute ist Alguersuari DJ und produziert Musik. Seine Zeit in der Red-Bull-Familie hinterließ ein seelisches Trauma bei ihm, wie er jetzt in einem Interview mit El Confidencial gestand.
Nicht auflegen: Lebensverändernde Anrufe für Alguersuari
"Ich hatte das Glück, viele Jahre von Red Bull unterstützt zu werden. Bis sie beschlossen, auf mich zu verzichten", erzählt Jaime Alguersuari. Mit einem Anruf von Red Bull begann die Formel-1-Karriere des Spaniers 2009, als er in Budapest den gefeuerten Sebastian Bourdais ersetzen sollte. Mit einem Anruf endete sie 2011: Jaime Alguersuari und sein Teamkollege Sebastian Buemi mussten für Daniel Ricciardo und Jean-Eric Vergne die Cockpits räumen. Alguersuaris Qualifying-Schwäche und schlechte Punkteausbeute wurden Red Bull schlussendlich zu viel und seine Formel-1-Karriere endete nach nur zwei Jahren. "Ich habe es nicht verstanden. Psychisch und emotional war das ein sehr schwerer Moment für mich!"
So musste sich der Spanier schon mit 21 das erste Mal beruflich umorientieren. Als Pirelli-Testfahrer, in der ADAC GT Masters oder der Formel E, nie mit wirklichem Erfolg. 2015 verkündete Alguersuari das Ende seiner Motorsportkarriere und wendete sich der Musik zu: Als DJ Squire hat er nach der Formel 1 eine neue Liebe gefunden. "Die Musik hat mich gerettet", meint der 32-Jährige. Wobei: Ganz aufgegeben wurde der Motorsport doch nicht, in den letzten zwei Jahren nahm der ehemalige Toro-Rosso-Pilot immer wieder vereinzelt an (Kart-)Rennen teil. Trotzdem, in die Formel 1 wolle er nicht mehr zurück.
Alguersuari: Gegner gratulierten, Red Bull war nie zufrieden
Der ständige Druck und Konkurrenzkampf setzten ihm zu. "Es gibt zwei Autos und du wirst die ganze Zeit mit deinem Teamkollegen verglichen." Im teaminternen Toro-Rosso-Duell musste sich Alguersuari Buemi in zwei von drei Saisonen geschlagen geben. "Ich hatte so einen Frust in mir. Der hinderte mich daran, ein normales Leben zu führen. Nicht nur gegenüber Helmut Marko und Red Bull. Gegen die gesamte Motorsport-Welt", gesteht der 32-Jährige.
"Bei Red Bull hast du nie Frieden gehabt, selbst wenn du eine gute Leistung gebracht hast", erzählt Jaime Alguersuari von seiner Zeit beim österreichischen Rennstall. "Deine Gegner haben dir mehr gratuliert als dein eigenes Team." Red Bull sei nie zufrieden gewesen. "Nichts war jemals genug." Bei Max Verstappen und seinem Vater Jos sehe er ein ähnliches Muster. "Das ist die Red-Bull-Schule." Er habe dasselbe durchgemacht seit er mit 15 in das Red-Bull-Nachwuchsprogramm aufgenommen wurde.
Jaime Alguersuari gestand, dass er sich 2009 eigentlich nicht bereit für die Formel 1 gefühlt hatte. Sagte aber wegen der vielleicht einzigen Möglichkeit in die Königsklasse zu kommen, trotzdem zu. Und aus Pflichtgefühl. "Red Bull war fast so etwas wie meine Eltern. Sie bezahlen dir deine Karriere, damit du Rennen fahren kannst. Und treffen die Entscheidungen." Obwohl über zehn Jahre her, lässt Alguersuari die Zeit im Formel-1-Paddock nicht los. "Ich träume immer noch davon." Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko spiele eine große Rolle in seinen (Alb-)träumen.
Alguersuari rudert auf Social Media zurück
"Diese Ohnmacht und Frustration, nie angekommen zu sein. Und Herr Marko, immer verärgert und schimpfend." Wie ein Kind fühle sich der Spanier dann. "Das hat ein Trauma bei mir verursacht, und ich bin mir sicher, dass Buemi Ähnliches erlebt hat." Die Erinnerungen kommen immer wieder hoch. "Ich habe Therapien gemacht und nach meinem Rücktritt haben mir mehrere Psychologen versucht zu helfen", so der Barceloner. Aber ohne Erfolg. "Manchmal wache ich weinend auf. Ich träume, dass ich eine gute Runde abgeliefert habe, aber Herr Marko war trotzdem verärgert."
Von Red Bull gab es keine Kommentare, allerdings ruderte Jaime Alguersuari bereits auf Twitter zurück. Er entkräftete seine Kommentare und dankte Dr. Helmut Marko sowie Red Bull öffentlich. "Helmut war mein Lehrer und jemand, der mich immer zu Bestleistungen gepusht hat. Und darüber hinaus." Ohne Red Bull hätte er in seinem Leben nie so viel erreicht, da sei sich der ehemalige Toro-Rosso-Pilot zu 100 Prozent sicher. In der Musik wie im Rennsport.
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