Die Formel 1 hat einen weiteren Automobilhersteller und Motorenpartner: Audi steigt ab der F1-Saison 2026 in die Königsklasse des Motorsports ein. Wer erklären die wichtigsten offenen Fragen rund um den neuen Konkurrenten von Mercedes, Ferrari und Renault.

Warum steigt Audi ein?

"Motorsport ist fester Bestandteil der Audi DNA", sagt der Vorstandsvorsitzende Markus Duesmann in bester PR-Manier. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl an Gründen, auch personelle. Formel-1-Boss Stefano Domenicali arbeitete nach seinem Aus bei Ferrari 2014 zunächst bei Audi, ehe er als Markenchef zu Lamborghini wechselte. Domenicali arbeitet seit Jahren intensiv daran, seine ehemaligen Kollegen in die Formel 1 zu holen.

Aber es gibt auch rationale Gründe auf Audi-Seite: Die Formel 1 boomt. Formel E, Le Mans oder Dakar sind schön und gut, mobilisieren aber - gelinde gesagt - nicht die Massen. Die Formel 1 ist bei der Aufmerksamkeit die einzige Königsklasse. Durch Budgetobergrenzen lässt sich ein Engagement inzwischen auch finanziell sinnvoll gestalten, die Zeiten des Wettrüstens der Hersteller sind vorbei.

Dazu kommt 2026 ein Reglement, das den Einstieg auch auf technischer Seite lukrativ macht. Die Hybrid-Komponente wird von 120 auf 350 Kilowatt deutlich erhöht. Außerdem wird komplett nachhaltiger Kraftstoff eingesetzt. Aus Marketing-Sicht ein entscheidender Punkt für Audi.

Warum steigt Audi erst 2026 ein?

Die Formel 1 fährt seit 2014 mit Turbo-Hybrid-Motoren. Das Reglement der Power Units ist seither nahezu unverändert. Ferrari, Mercedes und Renault sind von Anfang an dabei und haben einen immensen Vorsprung. 2026 tritt ein neues Reglement in Kraft, dass es neuen Hersteller ermöglichen soll, auf Augenhöhe einzusteigen. Diese Chance nutzt Audi.

Mit welchem Chassis startet Audi?

In Spa gab Audi zunächst einmal den Einstieg als Motorenhersteller bekannt. Die Ingolstädter wollen aber nicht nur Motorlieferant sein, sondern auch ein eigenes Team haben. Radio Fahrerlager meldet seit Monaten, dass ein Deal zwischen Audi und Sauber fix ist. Demnach würde Audi das Team in Hinwil nach und nach übernehmen und zum Werksteam machen. Warum zieht Audi nicht ein komplett eigenes Team auf? "Die Ausgangsposition ist sehr viel besser, wenn man mit einem bestehenden Auto arbeitet", erklärt Duesmann.

Audi startet ab 2026 in der Formel 1! Aber mit welchem Team? (09:27 Min.)

Warum noch keine Team-Entscheidung?

Das Motorenprogramm wurde verkündet, die Team-Entscheidung noch nicht. Warum? "Der Antriebsstrang hat eine lange Vorlaufzeit, da mussten wir uns entscheiden. Die Entscheidung beim Team fällt noch in diesem Jahr, wir werden es so bald als möglich bekanntgeben", verspricht Duesmann. In anderen Worten: Anders als beim Motor läuft Audi auf Chassis-Seite noch nicht die Zeit davon. Ein Reglement für 2026 gibt es noch gar nicht, eine eigene Infrastruktur muss nicht aufgebaut werden.

Wo wird Audis Formel-1-Motor gebaut?

Audi will den kompletten Motor in Eigenregie entwickeln und herstellen - in Neuburg an der Donau, nahe Ingolstadt. "Der Standort verfügt bereits über Prüfstände für Formel-1-Motoren, Hochleistungs-Elektromotoren und Batterien. Derzeit wird dort der notwendige Ausbau in Bezug auf Personal, Gebäude und technische Infrastruktur unternommen, bis Jahresende soll alles Wesentliche stehen", heißt es von Audi. Seitenhieb in Richtung Mercedes: "Damit entsteht erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt wieder ein Formel-1-Antrieb in Deutschland." Mercedes baut die Formel-1-Motoren im britischen Brixworth. 2005 hatte Mercedes die Motorenschmiede Ilmor übernommen.

Warum kämpft Audi gegen Porsche?

Audi ist die erste Marke des Volkswagen-Konzerns in der Formel 1. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Porsche nachziehen wird. Allerdings wird Porsche gemeinsame Sache mit Red Bull machen. "Das war eine große Diskussion, aber beide unserer Marken haben viele Fans und einen speziellen Charakter, deshalb haben wir uns so entschieden. Wir sind schon in Le Mans mit zwei komplett voneinander unabhängigen Projekten gegen Porsche gefahren. So ist es auch hier. Wir sind in Deutschland, Porsche - wenn sie kommen - in England", erklärt Duesmann

Porsche hängt sich an Red Bull Powertrains. Red Bull soll kein besonders großes Interesse gehabt haben, ein weiteres Werksteam mit 'seinen' Motoren zu beliefern. Das ist auch auf Audi-Seiten eine Überlegung: "Der Antriebsstrang muss speziell für ein Chassis entwickelt werden. Wir werden ein anderes Chassis haben und damit auch einen anderen Antriebsstrang", so Duesmann.

Porsche-Chef Oliver Blume wird am 1. September auch den Konzernvorsitz der Volkswagen AG übernehmen. Eine interessante Konstellation, wenn 2026 Porsche gegen Audi antritt. Zumal im Konzern Synergien an allen Ecken und Enden genutzt werden, Modelle der Marken sitzen teilweise auf gleichen Plattformen. Von Meinungsverschiedenheiten will Duesmann nichts wissen: "Er ist im Vorstand ein fantastischer Partner, er ist ein genauso enthusiastischer Racer wie ich, wir sind da auf einer Linie."

Formel 1 2026: Neue Motoren! Was ist mit Porsche und Audi? (18:58 Min.)

Was kostet Audi die Formel 1?

"Geld zu verdienen ist immer gut, wir müssen es aber nicht", stellt Duesmann klar. Mit der Formel 1 Geld zu verdienen, das war bis vor kurzem völlig unmöglich. Seit es die Budgetobergrenze gibt, ist es aber keine Utopie mehr. Dennoch wird es für Audi schwierig, das Formel-1-Projekt finanziell nachhaltig zu betreiben. Zwar kommt die Budgetobergrenze 2023 auch für Motorenhersteller, allerdings sind die Mittel der Refinanzierung auf Motoren-Seite beschränkt.

Noch bevor der erste Audi-Motor 2026 überhaupt einen Meter auf einer Rennstrecke zurückgelegt haben wird, werden alleine für das Motorenprojekt Investitionen im mittleren dreistelligen Millionenbereich notwendig sein. Dazu kommen die Übernahmekosten für ein eigenes Team. Durch die Budgetobergrenze sind Teams deutlich im Wert gestiegen. Wie viel das Projekt kostet, wollte man nicht öffentlich beziffern.

Wie lange bleibt Audi in der Formel 1?

Für Herstellerengagements im Motorsport gibt es nur eine Konstante: Sie sind - abgesehen von Ferrari in der Formel 1 - endlich. Jüngstes Beispiel: Hersteller stiegen in die Formel E ein und gleich wieder aus, auch Audi. "Das Investment in die Formel 1 ist viel größer. Man muss langfristig planen, wir planen sehr langfristig", lässt der Audi-Boss wissen.

Was passiert mit Le Mans und Co?

"Für uns bedeutet das keine zusätzlichen Ausgaben", sagte Duesmann in der Pressekonferenz. Das ist gleichbedeutend mit dem Tod anderer Motorsportengagements. Dran glauben muss das LMDh-Projekt, Audi wird damit nicht nach Le Mans zurückkehren. Die Entwicklung des Sportwagens für Langstreckenrennen hatte Audi Sport zuletzt bereits ausgesetzt. Das elektrifizierte Dakar-Projekt soll hingegen fortgesetzt werden.

Wer leitet Audis Formel-1-Projekt?

Konzernchef Markus Duesmann und Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann verkündeten den Einstieg in Spa. Mit dem operativen Geschäft werden sie aber nichts zu tun haben. Für das Power-Unit-Projekt wurde eine eigene Gesellschaft als 100-prozentige Tochter von Audi Sport gegründet. Geschäftsführer dieser Tochter Adam Baker, der 2021 von der FIA zu Audi wechselte. Einen Teamchef gibt es - auch mangels Team - noch nicht. Änderungen gibt es aber an der Spitze der Audi Sport GmbH. Geschäftsführer Julius Seebach wird durch Rolf Michl ersetzt.

Welche Ziele hat Audi in der Formel 1?

Hersteller sind in der Formel 1, um zu gewinnen. Aber wann? Schon beim Einstieg 2026? Duesmann gibt sich vorsichtig: "Das wäre ideal, ist aber nicht realistisch. Idealerweise sind wir in den ersten zwei bis drei Jahren sehr konkurrenzfähig."

Auch den Audi-Bossen ist nicht entgangen, dass man trotz neuen Reglements einen Rückstand auf die Konkurrenz haben wird. In Brixworth, Maranello und Co. steht nicht nur die Infrastruktur längst, auch der untere Teil des V6 existiert schon. "Das wird bis 2026 eine echte Herausforderung, aber es wurden Kompromisse im Reglement gefunden, damit wir auf Augenhöhe mit den anderen Herstellern einsteigen können", besänftigt Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann. "Wir sind, wo wir sind, die anderen haben schon funktionierende Power Units. Aber die Regeländerungen sind groß genug, um einzusteigen", so Duesmann.

Wer fährt für Audi?

Kein Team, kein Fahrer. Weil das Projekt erst 2026 startet, wäre es auch deutlich verfrüht, sich bereits auf dem Fahrermarkt umzusehen. Einen Wunsch hat Audi-Boss Duesmann aber schon: "Ich hoffe, dass wir dann einen deutschen Fahrer und ein Rennen in Deutschland haben werden."