Schlechter kann die Vorgeschichte für einen Formel-1-Einstieg kaum sein. 2026 wird mit Audi erstmals eine Marke des Volkswagen-Konzerns in der Königsklasse des Motorsports antreten. 75 Jahre lang hatte Volkswagen einen großen Bogen um die Formel 1 gemacht. Zeitweise auch deshalb, weil der langjährige Vorstandsvorsitzende Ferdinand Piëch ein Problem mit Bernie Ecclestone hatte. 2022 stand Red Bull kurz vor einer Liaison mit Porsche. Der Zuffenhausener Sportwagenbauer wollte beim Weltmeisterteam einsteigen, der Einstieg in die Königsklasse war eigentlich schon beschlossene Sache.
Audi kommt statt Porsche in die Formel 1
In letzter Sekunde platzte der Deal, weil man sich bei Red Bull und Porsche doch nicht mehr so grün war, als der Sportwagenhersteller schon Büros in Red Bulls Energystation für sich vereinnahmen wollte. Einige Jahre zuvor hätte ein ähnlicher Deal mit Audi geschlossen werden sollen. Red Bull befand sind in der Motorenfalle und brauchte einen starken Partner. Der ehemalige Ferrari-Rennleiter und heutige Formel-1-Boss Stefano Domenicali führte für Audi eine Machbarkeitsstudie durch, die Verhandlungen waren weit fortgeschritten. Piëch aber verhinderte den Einstieg. 2017 wurde Bernie Ecclestone als Formel-1-Boss abgesetzt, Ferdinand Piëch verstarb 2019.
Und so unternahm Audi 2022 einen weiteren Anlauf in Richtung Formel 1. Am 26. August war es so weit: Der damalige CEO Markus Duesmann verkündete zusammen mit seinem Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann, FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem und F1-Boss Stefano Domenicali den Einstieg für 2026. Endlich war es geschafft.
Doch die Audi-Bekanntgabe schmeckte nicht allen. Eigentlich galt Porsche als wahrscheinlicherer Kandidat, doch die Verhandlungen mit Red Bull stockten plötzlich. Duesmann wollte den Audi-Einstieg aber unbedingt durchziehen und preschte vor. Es gibt nicht wenige die meinen, Duesmann hätte aufs Tempo gedrückt, weil Porsche-Chef Oliver Blume im September 2022 auch noch den Volkswagen-Vorsitz übernahm. Möglicherweise hätte dann die Gemengelage im Konzern wieder ganz anders ausgesehen. So gab es mit der Einstiegsverkündung schon böses Blut zwischen den Konzerntöchtern.
Audi mit Verhandlungsgeschick bei der FIA
Aber Audi hatte bereits gute Vorarbeit geleistet. Am Verhandlungstisch über den Formel-1-Antrieb der Zukunft konnten Audis Verhandlungsführer Adam Baker und Stefan Dreyer Erfolge erzielen. Weil FIA und Liberty Media den Konzern unbedingt anlocken wollten, war man kompromissbereit. Für Audi und Red Bull Powertrains wurde das Motorenreglement so geschrieben, dass mit der MGU-H das komplexeste Bauteil 2026 entfällt.

Die Neueinsteiger sollen eine realistische Chance haben, von Anfang an wettbewerbsfähig zu sein. "Wir haben vieles erreicht, was wir wollten. Das war Grundvoraussetzung, sonst wären wir nicht eingestiegen", freut sich Audis F1-Motorenchef Dreyer. Audi konnte zwar erst mit der offiziellen Verkündung in der Motorenschmiede in Neuburg an der Donau Vollgas geben, aber entscheidende Vorarbeit wurde schon geleistet.
"Die Umsetzungsphase hat ein paar Monate vor der Kommunikation begonnen", verrät Dreyer. Im Frühjahr 2022 wurden die Mitarbeiter mit Geheimhaltungserklärungen über ihren genauen Job mehr und mehr. Bei der Verkündung des Einstiegs waren bereits mehr als 100 Mitarbeiter an Bord. Inzwischen ist man bei der Wunschgröße von gut 300 Mitarbeitern angekommen. Bei den Prüfständen hatte man ebenfalls bereits vorgesorgt. Sobald die Entscheidung stand, rollten am Kompetenz-Center Motorsport die Bagger an.
Nachzügler Audi? Kam der Einstieg zu spät?
Trotzdem mahnten Experten, Audi sei für den Einstieg 2026 viel zu spät dran. Red Bull Powertrains hatte schon einen V6-Motor auf dem Prüfstand, da wagte man in Neuburg noch nicht davon zu träumen. Die aktuell involvierten Hersteller können ohnehin auf ihren bestehenden Verbrennern aufbauen. Neben Freude über einen neuen Hersteller - noch dazu vom Kaliber von Audi - mischte sich auch viel Skepsis, ob die Ingolstädter die Aufgabe nicht unterschätzt hätten. Zumal Motorsport-Know-how bei Audi auf der Verbrenner-Seite Mangelware war.
Und trotzdem ist Neuburg an der Donau Audis kleinste Baustelle. Eine realistische Einschätzung, wo Audis Motorenschmiede im Vergleich zur Konkurrenz steht, ist unmöglich, doch die Signale aus dem Kompetenz-Center sind positiv. Audis Problem sitzt vor allem in Hinwil. Die Motorenschmiede sitzt direkt bei Audi Sport und wurde extra für die Formel 1 hochgefahren. Beim Rennteam hingegen kann und will man nicht bei Null beginnen. Deshalb wurde Sauber als Werksteam auserkoren.
Im Oktober 2022 gab man offiziell bekannt, Sauber als 'strategischen Partner' ausgewählt zu haben. Der Plan sah vor, bis zum Einstieg 2026 nach und nach Anteile am Schweizer Traditionsteam zu übernehmen. Finn Rausing, der schwedische Milliardär und Sauber-Besitzer, hatte schon zuvor intensiv mit Andretti über eine Übernahme verhandelt. Die Pläne der US-Amerikaner scheiterten aber. "Audi ist der beste Partner für die Sauber Group", so Rausing bei der Bekanntgabe des Audi-Deals. Und auch auf Audi-Seite war die Aufbruchstimmung zu spüren.
"Wir freuen uns, für unser ambitioniertes Formel-1-Projekt einen derart erfahrenen und kompetenten Partner gewonnen zu haben", sagte der damalige Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann. Für die Marke mit den vier Ringen war Sauber im wahrsten Sinne des Wortes eine 'naheliegende' Lösung.
Warum Hinterbänkler-Team Sauber?
Die Fabrik in Hinwil ist nur vier Autostunden vom Kompetenz-Center Motorsport entfernt. Audi nutzte schon für die Entwicklung der LMP1-Boliden und des letzten DTM-Autos den Sauber-Windkanal. Man kennt sich bereits. Dabei hatte man durchaus auch andere Szenarien durchgespielt: Von der Übernahme eines Teams in England bis hin zum kompletten Neuaufbau. Schlussendlich gab es für alle Lösungen noch mehr Gegenargumente als für die Sauber-Variante.
Denn ganz blauäugig konnte Audi nicht an die Sache herangegangen sein. Seit 2010 war Sauber fast durchgängig ein Hinterbänklerteam. In den zwölf vorangegangenen Saisons betrug die durchschnittliche Platzierung in der Konstrukteursweltmeisterschaft 8,25. Das Highlight war ein sechster Platz in der Saison 2012. Die oftmals gelobte Infrastruktur in Hinwil war längst nicht mehr auf Top-Niveau für Formel-1-Verhältnisse.
Nach dem Ausstieg von BMW Ende 2009 wurde vom chronisch klammen Team kaum mehr in die Infrastruktur investiert. Im Überlebensmodus ist an Investitionen für die Zukunft nicht zu denken. Erst als 2016 Finn Rausing einstieg, kam das Team wieder in finanziell stabiles Fahrwasser. Von Investitionen eines Werksteam wagte auch mit Rausing niemand zu träumen.
Andreas Seidl wird Audi-Geschenk
Aber es gab einen Glücksfall für Audi: Der Rausschmiss von Mattia Binotto als Ferrari-Teamchef setzte eine Rochade auf dem Teamchef-Markt in Gang. Fred Vasseur, bislang Sauber-Teamchef, wechselte als Binotto-Nachfolger zu Ferrari. Dafür bekam Audi ein vorgezogenes Geschenk: Andreas Seidl. Der Bayer war ohnehin längst mit dem VW-Konzern in Kontakt. Der damalige McLaren-Teamchef lehnte sogar ein Ferrari-Angebot ab, weil er ab 2026 den Einsatz der VW-Marke leiten wollte. Als der Platz bei Sauber Anfang 2023 vorzeitig frei wurde, reagierte Seidl sofort und löste seinen bis Ende 2025 laufenden McLaren-Vertrag vorzeitig auf.
Seidl war für alle Beteiligten der Wunschkandidat, vor allem für Oliver Blume. Blume und Seidl kennen und schätzen sich. Seidl führte Porsches LMP1-Team unter Ober-Boss Blume zu großen Erfolgen. In der Zwischenzeit war Blume nicht mehr 'nur' Porsche-Chef, sondern leitete den gesamten Volkswagen-Konzern.
Seidl hatte nach seinem Abschied bei Porsche McLaren in der Formel 1 nach einer schwierigen Zeit wieder auf die richtige Bahn gebracht, dazu kannte er Hinwil aus seiner Zeit bei BMW noch bestens. Seidl passte wie die berühmtberüchtigte Faust aufs Auge für die Audi-Stelle. Der vorzeitige Start bei Sauber hätte ein Gamechanger sein können. Er war es aber nicht.
Mit Hauptsponsor Alfa Romeo tat sich Audi schwer. Seidl blieb auch deshalb im Hintergrund und zog die Strippen in der Fabrik. Die Rolle des Teamchefs wurde nach Vasseur nicht eins zu eins nachbesetzt. Stattdessen musste Alessandro Alunni Bravi die Misserfolge als Teamrepräsentant vor Ort erklären. Neben dem Hauptsponsor erbte Seidl noch zwei Fahrer von Vasseur.
Finanzielle Probleme hindern Seidls Arbeit bei Audi
Valtteri Bottas hatte vom Franzosen erstmals in seiner Karriere einen langfristigen Vertrag erhalten. Gleich drei Jahre bekam der Finne bei Sauber. Die Sicherheit über seine Zukunft machte ihn nicht schneller. Teamkollege Zhou Guanyu schlug sich zunächst besser als von vielen erwartet, Bäume riss der Chinese aber nicht aus. Um kurzfristige Erfolge ging es aber bei Seidl sowieso nicht, er richtete sein gesamtes Programm von Anfang an auf 2026 aus.
Was nicht bedeutet, dass der Bayer nicht schon gerne früher Ergebnisse gesehen hätte. Wer die Formel 1 kennt, der weiß, dass Erfolg das Resultat von jahrelanger Aufbauarbeit ist.

Mit der Aufbauarbeit tat sich Seidl aber schwerer als erwartet. Das hatte vor allem finanzielle Gründe. Duesmann und Hoffmann hatten sich das Projekt etwas weniger kostenintensiv vorgestellt. Seidls erste Bestandsaufnahme war vor allem eins: teuer. Schon bald musste Seidl aber nicht mehr bei Duesmann die Millionen aus Ingolstadt einsammeln. Obwohl der Audi-CEO noch einen Vertrag bis 2025 hatte, musste er schon 2023 gehen.
Im September wurde er von Gernot Döllner an der Spitze der Audi AG abgelöst. Obwohl es offiziell nie Zweifel am Formel-1-Projekt gab, stand der Einstieg auf der Kippe. Ende 2023 bezog Döllner erstmals öffentlich Stellung zur Formel 1, intern stand der Einstieg aber trotzdem zur Diskussion, Gelder wurden nicht so schnell freigegeben, wie man sich das in Hinwil erhofft und auch erwartet hatte.
Auch die komplizierten Besitzverhältnisse zwischen Rausing und Audi bremsten den Aufbau ein. Im März kam dann endlich der Befreiungsschlag: Audi gab bekannt, die Sauber-Übernahme nicht nur zu beschleunigen, sondern zeitnah sogar 100 Prozent zu übernehmen. Auf dieses Signal hatte Seidl aber nicht warten wollen. Stattdessen versuchte er, über den direkten Draht zu Volkswagen-Chef Oliver Blume an Ressourcen zu kommen.
Die benötigte er dringend. Sauber operierte zwar an der Budgetobergrenze, allerdings gab es dabei drei Probleme. Einerseits rechnete sich Sauber die Bücher selbst schlecht. Insider berichten, bei Sauber wären Ausgaben in den Cap gerechnet worden, die bei anderen Teams ausgegliedert wurden.
Das war für Sauber zuvor kein großes Problem, weil man schlicht nicht mehr Geld zur Verfügung hatte. Ziel der Performance-orientierten Buchhalter ist es aber eigentlich, möglichst viele Ausgaben nicht in den Cap zu rechnen. So kann mehr Geld für Performance-relevante Dinge ausgegeben werden.
Deshalb wurde recht schnell klar, dass man allein schon deshalb mehr Geld für Sauber benötigen würde als ursprünglich veranlasst.
Der Formel-1-Standort-Nachteil Schweiz
Dazu kommt der Standort-Nachteil Hinwil. Sauber ist das einzige in der Schweiz ansässige Formel-1-Team. "Verglichen mit einem Team, das in England oder in Italien stationiert wäre mit derselben Anzahl an Personal, haben wir ein relativ großes Problem mit der Gehaltsliste. Das frisst im Endeffekt 20 bis 30 Prozent und viel Potenzial, das sonst im Auto stecken würden", beklagte schon Jan Monchaux, als er noch Technischer Direktor bei Sauber war.
Selbst wenn Sauber an der Budgetobergrenze operiert, kann man sich nur rund 650 Mitarbeiter leisten, wohingegen die Top-Teams in England und Italien gut 900 Mitarbeiter für das gleiche Geld bekommen. Deshalb arbeitete Seidl im Hintergrund mit Hochdruck an einer Indexierung der Budgetobergrenze, die den Standort-Nachteil ausgleichen sollte. Das Unterfangen fand bei den anderen Teams erwartungsgemäß wenig Anklang.
Seidl hatte gehofft, die Änderung spätestens für 2026 durchzubekommen, doch der Widerstand der Konkurrenz ist groß. Auch weil er zuvor im McLaren-Shirt dem gleichen Wunsch von Vasseur im Sauber-Shirt nicht nachkommen wollte. Das dritte Problem betraf die Investitionen für die Infrastruktur. Wer hier aufholen muss, dem reicht es nicht, gleich viel Geld wie alle anderen ausgeben zu dürfen. Glück für Sauber: Mit Williams gab es immerhin ein Team, das hier im gleichen Boot saß. Nach ewigen Diskussionen wurden die Grenzen für Investitionen in die Infrastruktur an die Konstrukteurswertung angepasst.
Um die zwischenzeitlich fehlenden finanziellen Mittel zu kompensieren, engagierte man Zhou Guanyu ein weiteres Jahr. Der Chinese brachte zwar nicht viele Punkte mit nach Hinwil, dafür ein paar Millionen andere Argumente. Sportlich blieb es nicht nur wegen der Fahrer schwierig. James Key, der schon bei McLaren unter Seidl als Technischer Direktor wirkte, folgte seinem Chef zu Sauber und ersetzte Jan Monchaux.
Key kam aber nicht ganz freiwillig: Bei McLaren war er kurz zuvor rausgeschmissen worden. Seidl gab ihm bei Sauber eine zweite Chance. Doch auch nach mehr als einem Jahr im Amt kann der im Formel-1-Fahrerlager umstrittene Key bei Sauber keine Impulse setzen. Der Rennstall ging als einziges Team ohne Punkte in die Sommerpause 2024.
Audi: Probleme in Formel-1-Team als auch Konzern
Während das sportliche Tagesgeschäft mehr als schleppend lief, braute sich auch im Hintergrund etwas zusammen. CEO Döllner räumte bei Audi auf. Dass Entwicklungsvorstand Hoffmann seinen Vertrag erst 2023 um fünf Jahre verlängert hatte, schien ihn nicht zu stören: Als Teil seiner 'Audi Agenda' schmiss Döllner Hoffman als Entwicklungsvorstand raus. Die AG hat noch gravierendere Probleme als das Formel-1-Projekt.
Die letzten Geschäftszahlen offenbarten erhebliche Einbrüche bei Umsatz und Gewinn. Weil sich die Nachfrage nach E-Autos nicht nach dem Geschmack des Unternehmens entwickelt, steht das Werk in Brüssel vor der Schließung. Döllner setzte Hoffmann als Entwicklungsvorstand ab und übernahm den Posten selbst.
Mit Duesmann und Hoffmann waren die zwei treibenden Kräfte hinter Audis Formel-1-Einstieg nicht mehr im Amt. Für Hoffmann hatte sich Döllner aber einen neuen Posten einfallen lassen: Der Ingenieur wurde - zeitgleich zur vollständigen Sauber-Übernahme - zum Generalbevollmächtigten des F1-Projekts ernannt. Als solcher lag die Gesamtverantwortung zur Umsetzung des Formel-1-Engagements innerhalb der Audi AG bei ihm.
"Hoffmann verfügt über weitreichende Erfahrung im Motorsport und ist damit der richtige Mann zur richtigen Zeit", lobte Döllner. "Als Vorstand der Technischen Entwicklung und Verantwortlicher für Audi Sport konnte er große Motorsport-Erfolge für die Vier Ringe erzielen. Hierzu zählen internationale Siege und Titel im Kundensport, in der DTM und in der rein elektrischen Formel E Weltmeisterschaft.
Zuletzt konnte Audi als erster Hersteller überhaupt die berühmte wie berüchtigte Rallye Dakar mit einem innovativen elektrifizierten Antriebsstrang für sich entscheiden." Ebenjenes Dakar-Projekt samt Rekordstrafe in Höhe von 750.000 Euro fiel Hoffmann aber noch auf die Füße. Intern sorgten Ungereimtheiten bei der Absprache mit dem Vorstand für großen Wirbel.
Es war aber nicht Hoffmanns einziges Problem. Mit der Ernennung des Ex-Vorstands zum Generalbevollmächtigten sorgte Döllner für reichlich Unruhe in den eigenen Reihen. De facto war Hoffmann nun Seidls Chef. Dabei war Seidl eigentlich als Alleinherrscher geholt worden. Es dauerte nicht einmal ein halbes Jahr, ehe Seidl und Hoffmann zusammen vor die Tür gesetzt wurden. Statt Doppelpass gab es zwischen den beiden eher Fouls und Schwalben. Döllner zog die Reißleine und schmiss Ende Juli 2024 beide raus. Seine Erklärung: "Unser Ziel ist es, das ganze Formel-1-Projekt durch klare Führungsstrukturen, eindeutige Verantwortlichkeiten, reduzierte Schnittstellen und effiziente Abstimmungsprozesse auf F1-Speed zu bringen.
Dazu muss das Team eigenständig und schnell agieren können." Dabei war es Döllner selbst, der mit Hoffmann eine Zwischenebene einzog. Nicht wenige glauben, dass es der Audi CEO absichtlich darauf anlegte, um Seidl und Hoffmann loszuwerden. Offenbar hatte er Seidl den guten direkten Draht zu Konzernchef Blume nicht verziehen. Und für Hoffmann war die Formel 1 ohnehin nur das Abstellgleis.
Mattia Binotto als neuer starker Mann bei Audi
Als neuen starken Mann holte Audi Mattia Binotto. Der ehemalige Ferrari-Teamchef, der die Teamchef-Rochade, die Seidl zu Sauber führte mit seinem Rauswurf losgetreten hatte, ist nun dessen Nachfolger. Obwohl seine genaue Position nicht CEO ist, sondern CTO und COO. Und ganz allein darf dann auch Binotto nicht herrschen: Schon am ersten Arbeitstag des Italieners gab es die erste Panne.

Red Bull gab bekannt, dass Jonathan Wheatley das Team verlassen wird, um bei Audi Teamchef zu werden. Red Bulls Mitteilung war ein Akt der Rache, weil man über den Wechsel unglücklich war. Audi sah dabei alles andere als souverän aus: Erst Stunden später bestätigte man Wheatley als Teamchef und erklärte die neue 'Doppelspitze'. Binotto leitet die operative Geschäftsführung in Hinwil, die technische Entwicklung der Autos und ist gleichzeitig die technische Schnittstelle zwischen Chassis-Abteilung in Hinwil und Motoren-Abteilung in Neuburg.
Wheatley hingegen obliegt die Leitung und Performance der Renneinsätze des Teams sowie die sportpolitische Vertretung von Audi auf Ebene der Teamchefs. Allerdings darf Wheatley seinen Dienst voraussichtlich erst im Juli 2025 antreten. Bis Ende 2024 bleibt er Teammanager bei Red Bull, anschließend greift eine Sperrfrist.
Damit hat die Mannschaft immerhin ausreichend Zeit, sich auf den neuen Teamchef einzustellen. Denn die Integration von neuen Mitarbeitern ist in Hinwil ein großes Problem. Unter Seidl wuchs das Team zwar von rund 400 auf gut 600 Mitarbeiter, doch die Alteingesessenen machten es ihren neuen Kollegen nicht immer einfach. Bei vielen Schweizern hatten sich Prozesse und Abläufe über die letzten 30 Jahre so eingebrannt, dass sie für den neuen Wind nur teilweise empfänglich waren.
Im Team brodelte es, nicht alle waren mit Seidls Führung und den von ihm angestoßenen Änderungen zufrieden. Dabei ist es nicht einfach, überhaupt Mechaniker und Ingenieure in die Schweiz zu locken. Stetige Gerüchte über Audis mangelndes Commitment halfen dabei nicht. Gepaart mit der aktuellen Performance tut man sich auch auf dem Fahrermarkt nicht leicht.
Mit Nico Hülkenberg konnte Seidl früh in der Saison immerhin einen Wunschfahrer verpflichten. Bei Carlos Sainz wurde der der deutsche Premiumhersteller aber von Williams ausgestochen. Von einem Privatteam mit großem Namen aber kurzfristig ebenso kleinen Chancen wie Audi. Sainz glaubt mehr an Williams als an Audi. Ein Nackenschlag für den OEM, den ihm aber angesichts der Audi-Geschichte wohl niemand verübeln kann.
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