Daniel Ricciardo und McLaren: Was einst zur Traumehe werden sollte, endet nach nur zwei Saisons in einer großen Enttäuschung. Nach einer überraschend deutlichen Niederlage gegen Lando Norris im Jahr 2021, kam 2022 der komplette Absturz. Der Australier hat vor der Sommerpause gerade einmal ein Viertel der Punkte seines jungen britischen Teamkollegen eingefahren. Vor dem Rennen in Spa zog McLaren die Reißlinie. Es wird erwartet, dass Ricciardo durch Landsmann Oscar Piastri ersetzt werden wird.

Der 'Honigdachs' ist sich seines Scheiterns beim Traditionsrennstall bewusst: "Es ist natürlich nicht das Endergebnis, das wir wollten, als ich mich dem Team angeschlossen habe. Wir haben es als Kollektiv einfach nicht hinbekommen. Wir haben viel Arbeit reingesteckt, um die Probleme mit dem Auto verstehen zu lernen, sodass ich damit zurechtkommen kann. Es gab aber einfach zu viele Wochenenden, an denen ich Probleme hatte. Das hat zu der Entscheidung geführt."

Ricciardo und McLaren haben alles versucht

Der achtmalige Grand-Prix-Sieger hat weiterhin keine Erklärung für seine mangelnden Ergebnisse, was aber nicht an seiner Arbeitseinstellung liegt: "Natürlich fühlt es sich nicht gut an, aber zurückblickend kann ich erhobenen Hauptes gehen. Ich habe alles gegeben, damit es funktioniert. Manchmal muss man einfach akzeptieren, dass man es versucht hat und es trotzdem nicht funktioniert. Daher blicke ich nicht zurück und denke: Ich habe mich gehen lassen, daher verdiene ich das. Ich bin stolz darauf, wie wir gekämpft und durchgehalten haben, aber manche Dinge sollen einfach nicht sein."

Ricciardo bestätigte den Eindruck, den sein Team am Mittwoch bereits verbreitete: Bei seinem Rauswurf ging es einzig und allein um die Leistung auf der Strecke. Daher tritt der Australier auch nicht nach: "Es war nicht einfach ein zufälliger Anruf an einem Tag, an dem sie mir die Entscheidung mitgeteilt haben. Wir waren über die letzten Monate in einem ständigen Dialog. Es war nie so, als hätten sie gesagt: Wenn du nicht im nächsten Rennen unter den Top 5 bist, dann bist du raus. Es ging immer darum, was wir tun können, um es als Gemeinschaft doch noch hinzubekommen. Ich habe versucht Rückmeldung über meine Probleme mit dem Auto zu geben. Da gab es viel Kommunikation, aber ich verstand natürlich, dass das Team sich sorgen machte."

Am Ende trugen sämtliche Bemühungen von Team und Fahrer aber keine Früchte. "Wir haben über Monate das Gespräch gesucht, um diese Probleme zu lösen und haben uns aber auch gefragt: Was nun? Unglücklicherweise befanden wir uns in einer Art Sackgasse und hatten die meisten unserer Lösungsansätze erschöpft. Dann haben sie diese Entscheidung gefällt", erklärte Ricciardo.

Ricciardos Motto: Mund abputzen und in der Formel 1 weitermachen

Das Ende seines McLaren-Stints ist für den Australier der erste sportliche Rückschlag seiner Formel-1-Karriere, doch der geschasste meint damit umgehen zu können: "Sich wieder aufzurichten, wird nicht einfach, aber ich bin dazu sehr wohl in der Lage. Es ist sicher ein entscheidender Punkt in meiner Karriere. Aber auch wenn es nicht so im Rampenlicht war, hatte ich schon mehrere große Herausforderungen. Da musste ich mich immer wieder rausziehen. Ich erinnere mich, als ich hier [in Spa, Anm. d. Red.] 2008 in einer der Formel-Renault-Juniorenserien fuhr, da brauchte ich eine echte Ansprache. Damals hatte ich es noch nicht geschafft, aber ich wusste ich muss mich zusammenreißen und es durchziehen. Niemand hat eine perfekte Karriere, also habe auch ich mit der Zeit gelernt, damit umzugehen."

Mental abschließen mit dem Kapitel McLaren muss Ricciardo auch, denn der 223-fache Grand-Prix-Starter ist fest entschlossen, weiter in der Formel 1 bleiben. "Ich liebe den Sport immer noch. Trotz aller Widrigkeiten habe ich das Vertrauen in mich selbst nicht verloren. Natürlich gab es harte Wochenenden und da kommen auch mal die Emotionen hoch. Dennoch liebe ich es noch immer und ich will auch weiterhin dabei sein", schmetterte der ehemalige Red-Bull-Mann jegliche Spekulationen um ein Karriereende ab.

Daniel Ricciardo und der MCL36 wurden nie Freunde, Foto: LAT Images
Daniel Ricciardo und der MCL36 wurden nie Freunde, Foto: LAT Images

Formel-1-Auszeit für Ricciardo möglich: Will konkurrenzfähig sein

Dennoch ist die Fortsetzung seiner F1-Karriere an eine Bedingung geknüpft: "Ich will konkurrenzfähig sein, also muss es am richtigen Ort sein. Ich will kein Fahrer sein, der einfach nur das Feld auffüllt. Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussieht. Wenn sich die richtige Gelegenheit bietet, dann möchte ich hier sein." Ein Cockpit, das auf diese Beschreibung zutrifft, gibt es aktuell nur noch bei seinem ehemaligen Arbeitgeber Alpine zu vergeben. Der Australier ist sich seiner mangelnden Möglichkeiten bewusst: "Natürlich habe ich nicht lauter Optionen in der Startaufstellung, ich kann nicht dort fahren, wo ich vielleicht hinwill."

Was also, wenn Ricciardo kein konkurrenzfähiges Material für die Saison 2023 auftreiben kann? Für die Formel 1 würde der Australier auch ein Jahr aussetzten: "Wenn es Sinn macht, dann ja. Es ist die einzige Rennserie, die mich interessiert. In dieser Phase meiner Karriere ist die Formel 1 der Sport, den ich liebe und wo ich mich rennfahren sehe. Wenn es sich nicht ergibt und nächstes Jahr keinen Sinn ergibt, dann ist eine Auszeit, um sich neu zu ordnen und die Dinge neu einzuschätzen das richtige. Dazu wäre ich bereit."

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