Daniel Ricciardo wird 2023 nicht mehr für McLaren in der Formel 1 fahren. Das gab das Team am Mittwoch vor dem Rennen in Spa bekannt. Die Erwartungen von McLaren konnte der Australier, abgesehen vom Sensationssieg in Monza vor einem Jahr, nie richtig erfüllen. 2022 fällt der Rückstand auf Teamkollege Lando Norris noch wesentlich deutlicher als im Vorjahr aus.

Riccardo muss damit seinen ersten Karriereknick aufgrund seiner Leistung hinnehmen. Den sportlichen Rückschritt von Red Bull zu Renault hatte der Australier 2019 noch bewusst gewählt. Mit seinem Wechsel zu McLaren zur Saison 2021 wollte Riccardo dann eigentlich noch einmal den letzten Angriff auf die Spitze wagen, doch nun muss sich der 33-jährige umsehen, um überhaupt noch in der Formel 1 zu bleiben. Wir haben uns angesehen, wo der Australier 2023 landen könnte.

Diese Möglichkeiten bleiben Daniel Ricciardo in der Formel 1

Alpine:
Die sportlich attraktivste Möglichkeit wäre sicherlich Alpine. Die Franzosen liegen in der Konstrukteurswertung aktuell sogar vor seinem gegenwärtigen Arbeitgeber McLaren, was allerdings auch mit Ricciardos schwachen Leistungen für das britische Traditionsteam zusammenhängt. Der Renault-Werksrennstall braucht nach dem Abgang von Fernando Alonso in Richtung Aston Martin und der Weigerung von Oscar Piastri, 2023 für das Team anzutreten, dringend einen Spitzenfahrer.

Der aktuelle McLaren-Pilot saß dort bereits 2019 und 2020 im Cockpit und hinterließ eine gute Visitenkarte. Der Australier holte 2020 die ersten beiden Podestplätze seit dem Wiedereinstieg als Werksrennstall und schloss das Jahr sogar als fünfter in der Gesamtwertung ab. Dennoch dürften Ricciardos mangelnde Leistungen der letzten eineinhalb Jahre auch bei Alpine einige Zweifel ausgelöst haben. Dazu wäre der Wechsel für beide Seiten das Eingeständnis einer Niederlage: Ricciardo gäbe zu, dass er Renault nie hätte verlassen sollen, und Alpine müsste den Fahrer zurücknehmen, der vor zwei Jahren noch freiwillig das Team verließ.

2020 lieferte Daniel Ricciardo im Renault eine starke Saison ab, Foto: LAT Images
2020 lieferte Daniel Ricciardo im Renault eine starke Saison ab, Foto: LAT Images

Haas:
2021 noch die klare Rote Laterne, hat Haas 2022 ein solides Punkteauto gebaut, aus dem Mick Schumacher und Kevin Magnussen jedoch nicht immer alles herausgeholt haben. Ein erfahrener Pilot wie Daniel Ricciardo könnte dem Team also durchaus gut zu Gesicht stehen. Ricciardo würde dann Mick Schumacher ablösen, denn Magnussen hat einen Vertrag für die Saison 2023. Schumacher genießt jedoch bekanntermaßen die Unterstützung von Ferrari. Maranello hat bei Haas ein gewichtiges Wort mitzureden, da das Kundenteam von der Scuderia technisch abhängig ist. Die Option Haas ist für Ricciardo also stark an die Frage der Zukunft von Mick Schumacher geknüpft.

Williams:
Williams ist das aktuell langsamste Team im Paddock, wodurch sich bereits die Frage stellt, ob ein achtmaliger Grand-Prix-Sieger sich die Mannschaft von Jost Capito überhaupt antun möchte. Andererseits könnte die Aufgabe, einen der traditionsreichsten Rennställe der Geschichte der Königsklasse wieder auf Vordermann zu bringen, reizvoll für Ricciardo sein. Klar scheint, dass Williams wohl einen Platz neben dem bestätigten Alex Albon frei hätte, denn mit einer Vertragsverlängerung von Nicholas Latifi darf kaum noch gerechnet werden. Nachwuchspilot Logan Sargeant gilt als Option, doch bei einem Fahrer von der Vita eines Daniel Ricciardo dürfte Interesse von Williams-Seite durchaus bestehen. Bleiben zwei Fragen: Will Ricciardo einen Williams fahren und könnte sich das Team sein Gehalt leisten?

Andere freie Plätze unrealistisch:
Theoretisch gäbe es auch bei anderen Teams noch nicht bestätigte Plätze und in der Silly Season der Formel 1 sind schon einige verrückte Dinge passiert, die kaum jemand vorhergesehen hätte. Eine Rückkehr zu AlphaTauri scheint dennoch unwahrscheinlich, denn das Team ist dezidiert für Nachwuchspiloten gedacht und Yuki Tsunoda scheint keine schlechten Chancen für eine Vertragsverlängerung zu haben. Bei Alfa Romeo hingegen wird die Wahl für das zweite Cockpit neben Valtteri Bottas wohl zwischen Guanyu Zhou und Theo Pourchaire fallen.

Was wenn Ricciardo nicht mehr in der Formel 1 unterkommt?

Indycar:
Dass Ricciardo für das Indycar-Team von McLaren starten wird, scheint so gut wie ausgeschlossen. Das heißt jedoch nicht, dass nicht andere Teams der Serie Interesse haben könnten, einen Formel-1-Star zu verpflichten. Die Gaststarts von Fernando Alonso beim Indy 500 schlugen hohe Wellen. Riccardo ist als großer Fan der US-amerikanischen Rennserien bekannt. Gleichzeitig äußerte er jedoch auch Zweifel an den gefährlichen Ovalrennen, welche zur amerikanischen Motorsportkultur dazugehören.

In Austin 2021 schnupperte Ricciardo historische Nascar-Luft, Foto: LAT Images
In Austin 2021 schnupperte Ricciardo historische Nascar-Luft, Foto: LAT Images

NASCAR:
Als Daniel Riccardo in Austin 2021 das 1984er Auto von Dale Earnhardt aus der Sammlung von McLaren-Boss Zak Brown pilotieren durfte, erfüllte sich ein Kindheitstraum für den Australier. Auch seine ehemaligen Formel-1-Kollegen Daniil Kvyat und Kimi Räikkönen versuchten sich zuletzt in der amerikanischen Kultserie. Mehr als ein eventueller Gaststart ist für den NASCAR-Fan Ricciardo trotzdem kaum zu erwarten.

Weitere Rennserien:
Viele Rennserien hätten sicher gerne den Namen Ricciardo auf ihrer Starterliste stehen, doch konkrete Indizien für einen solchen Wechsel gibt es nicht. Ob von Seiten des Australiers Interesse besteht, beispielsweise in Le Mans oder in der DTM zu starten, ist nicht bekannt.

Auszeit oder gar das Karriereende?

Riccardo wäre nicht der erste Rennfahrer, der eine Auszeit nimmt und dann wieder in die Königsklasse zurückkehrt. Sogar Weltmeister wie Niki Lauda, Alain Prost, Kimi Räikkönen oder zuletzt Fernando Alonso kamen nach einer Pause wieder in die Formel 1 zurück. Außerdem hat die Formel 1 zuletzt gezeigt, dass sich Türen für ein Comeback schnell öffnen können. Kevin Magnussen hätte noch Anfang des Jahres 2022 nicht damit gerechnet, wieder Stammfahrer in der Formel 1 zu werden. Während der Formel-1-Pause böten sich für Ricciardo andere Rennserien an, um im Rhythmus zu bleiben.

Ein Karriereende des 'Honigdachses' ist wohl kaum zu erwarten. Nur wenn für Ricciardo keinerlei Türen aufgehen und er keinen Sinn in einem Rennengagement sieht, wird er seinen Helm an den Nagel hängen. Ricciardo hatte immer wieder betont, seinen Vertrag bei McLaren erfüllen zu wollen. Als die ersten konkreteren Gerüchte seines Endes in Woking kursierten, schickte er sofort via Instagram eine klare Kampfansage aus. So verhält sich wohl kaum ein Pilot, der mit seiner Karriere bereits abgeschlossen hat. Ricciardo will Formel-1-Rennen fahren, die Frage lautet nur: Wo?

Update:
Daniel Ricciardo äußerte sich nach der Bekanntmachung seiner Trennung von McLaren auf seinen Social-Media-Kanälen. Er betonte seine Liebe zur Formel 1 und dass er weiterhin in der Königsklasse aktiv sein möchte.