Die Formel-1-Saison 2022 ließ sich für Carlos Sainz eigentlich gut an. P2 beim Ferrari-Doppelsieg im Auftaktrennen in Bahrain, P3 eine Woche darauf in Saudi-Arabien. Doch darauf folgten zwei rabenschwarze Rennen in Melbourne und Imola - null Punkte, keine Zielankunft und viel Kritik für Dreher und Unfälle. Da half auch die Rückkehr aufs Podium in Miami nur bedingt.

"Es war kein idealer Saisonstart für mich, ich bin natürlich nicht 100% glücklich wie es gelaufen ist, aber wenn man es positiv betrachtet, habe ich bei jedem Rennen, bei dem ich ins Ziel gekommen bin, auf dem Podium gestanden", versucht Sainz die Situation positiv zu betrachten. "Obwohl ich nicht 100% mit dem Auto zufrieden bin, kämpfe ich um Pole Positions und fahre aufs Podium, wenn ich ins Ziel komme."

Wenn er ins Ziel kommt: dieser Zusatz schmerzt. Umso mehr da er durch die beiden Ausfälle sogar noch hinter George Russell auf P5 der Fahrer-WM zurückgefallen ist. Sainz macht sich jedoch Mut: noch seien 17 Rennen zu fahren, also genug Zeit, um zurückzuschlagen. Zum Beispiel mit den Neuerungen, die Ferrari für sein Auto in Arbeit hat. "Hoffentlich ist es mit dem Upgrade dann etwas mehr nach meinem Geschmack", sagt er voller Hoffnung.

Erster Formel-1-Sieg für Sainz? Nichts erzwingen!

Sein Heimrennen in Barcelona wäre natürlich der perfekte Ort, um sich den Frust der ersten Saisonrennen von der Seele zu fahren und vielleicht sogar seinen ersten Grand-Prix-Sieg einzuheimsen. Aber Sainz bleibt mit beiden Füßen auf dem Boden - trotz des ausverkauften Hauses und des Drucks der spanischen Fans: "Ich bin nicht ungeduldig deswegen, ich möchte es [den ersten Sieg, d. Red.], aber man muss bedenken, dass ich seit meinem F1-Einstieg auf einen Rennsieg hinarbeite. Ich habe lange gewartet und bin bereit, noch etwas länger zu warten."

"Es bei meinem Heimrennen zu schaffen, wäre natürlich das Beste überhaupt und ich denke darüber nach, ich träume sogar davon, genauso wie ich mit zehn Jahren davon geträumt habe, einmal ein Formel-1-Fahrer zu sein", erinnert er sich. Dieser Kindheitstraum ist Jahre später Realität geworden. "Dann habe ich davon geträumt, für Ferrari zu fahren." Und auch das ist eingetreten. Jetzt träume er davon, Rennen zu gewinnen - und auch diesen Wunsch möchte er sich erfüllen. Allerdings eben nicht mit aller Gewalt.

Dieser Gedanke motiviert ihn dazu, morgens um 07:00 Uhr mit dem Training zu beginnen und alles zu geben. "Ich denke darüber nach", gesteht Sainz, "aber ich bin nicht davon besessen." So habe er in seinem Leben bislang gelernt: "Wenn man an etwas glaubt und alles gibt, klappt es. Das werde ich machen. Und wenn es nicht in Spanien klappt, dann werde ich es in Monaco erneut versuchen und danach in Kanada. Es ist ein gutes Gefühl, jedes Rennen in dem Wissen anzugehen, dass man eine Chance [auf den Sieg, d. Red.] hat."

Formel 1: Sainz glaubt an Ferrari-Strategie bei Weiterentwicklung

Sainz weiß dabei sehr wohl, dass er sich glücklich schätzen kann, in der Formel 1 zu sein und dort in dieser Saison in einem siegfähigen Auto an den Start zu gehen. "Ich bin einer aus einer Million, der diesen Traum auch in die Tat umsetzen kann", gesteht er. "Aber man muss immer weiter pushen."

Das gilt auch für die Teams, die sich trotz Budget-Cap auch in der Formel-1-Saison 2022 in einem Entwicklungswettkampf befinden. Ferrari startete stark in das Jahr, zuletzt holte Red Bull jedoch mit großen Schritten auf - einerseits war dies mit Sicherheit streckenbedingt, andererseits brachte die Mannschaft von Max Verstappen einige neue Teile und Upgrades mit, während Ferrari noch keine Updates an den roten Renner gebracht hat.

"Trotzdem haben wir in Miami mit beiden Autos in der ersten Startreihe gestanden", versucht Sainz die fehlenden Neuerungen bei der Scuderia herunterzuspielen. Er vertraue dem Team und der Richtung, die es eingeschlagen habe. "Aber wir treten gegen das wahrscheinlich stärkste Team in der Formel 1 an, nämlich Red Bull, den amtierenden Fahrer-Weltmeister", schiebt er die Favoritenrolle ab. "Sie sind schnell und eine große Herausforderung. Wir glauben aber weiterhin daran, dass wir es schaffen können und entwickeln so viel wir können weiter. Warten wir ab, ob das reicht."

Formel 1, Sainz: Red Bull nicht immer mit Reifenvorteil

Ein Performance-Differenziator sind dabei die Reifen. So sah der Reifenabbau bei Red Bull zuletzt deutlich besser aus als bei Ferrari. Aber Sainz warnt davor, daraus zu schnelle Schlüsse zu ziehen. Schließlich habe sein Teamkollege Charles Leclerc in Australien nur einen halb so starken Reifenabbau gehabt wie Red Bull. "Ein Wochenende später hatte Red Bull dann viel weniger Abbau als wir", sagt Sainz.

"Ich glaube, es wird sich im Laufe des Jahres immer wieder verändern", so Sainz. "Sie hatten einen Vorteil in den letzten beiden Rennen, aber ich glaube, das bedeutet nicht, dass sie bei jedem Rennen einen Vorteil haben werden."

Stattdessen könne sich das Kräfteverhältnis von Strecke zu Strecke verschieben - je nachdem, in welche Richtung das Pendel aufgrund des Setups, der Upgrades oder eben der Reifen ausschlägt. "Wir sind sehr eng zusammen und es geht um ein Zehntel hin oder her", betont Sainz. Wer in Spanien das Zehntel voraus ist, wird sich erst im Laufe des Wochenendes zeigen. Den ganzen Trainings-Freitag der Formel 1 heute in Barcelona gibt es hier im Live-Ticker.