Max Verstappen fuhr lange Zeit einem ungefährdeten Sieg beim ersten Formel-1-Rennen in Miami entgegen. Eine Safety-Car-Phase brachte WM-Leader Charles Leclerc aber spät noch einmal heran. Hätte Ferrari mit einer besseren Strategie das Rennen sogar gewinnen können? Die Rennanalyse des Miami-Debüts.
Den Grundstein für seinen Sieg hatte Verstappen am Start gelegt. Mit einem gewagten Manöver überholte er Ferrari-Pilot Carlos Sainz außen in Kurve eins und begann damit die Jagd auf den Führenden Leclerc. Es war ein offener Schlagabtausch zwischen den beiden Führenden der Formel-1-Tabelle 2022. Verstappen knabberten Runde um Runde am DRS-Fenster. Zu Beginn von Runde neun nutzte der Red-Bull-Pilot dann DRS in Verbindung mit dem überlegenen Topspeed des RB18 und überholte Leclerc.
Zunächst sah es dennoch so aus, als ob Leclerc dranbleiben könnte. Doch dem Ferrari-Wagenlenker gingen die Medium-Reifen ein. Nach einem kleinen Fehler in Runde zwölf wuchs der Rückstand auf knapp drei Sekunden an. Von da an hatte Verstappen das Rennen endgültig unter Kontrolle.
Bis zu seinem Boxenstopp in Runde 24 hatte Leclerc 4,5 Sekunden auf Verstappen eingebüßt. Der wiederum kam zwei Runden später und holte sich wie sein Konkurrenz ebenfalls die harten Reifen.
Auf dem härtesten Reifen konnte Leclerc die Zeiten von Verstappen mitgehen, doch der Abstand von inzwischen knapp acht Sekunden schien wie eingefroren - bis zum Safety Car in Runde 40. Als der Miami GP fünf Runden später wieder freigegeben wurde, machte Leclerc dem Weltmeister ordentlich Druck.
Zwei Faktoren verhinderten aber ein Überholmanöver: Der überlegen Topspeed rettete Verstappen auf den langen Geraden ebenso wie die gute Traktion. Bislang war das Herausbeschleunigen aus den langsamen Ecken eine Stärke des F1-75. Vor allem aus Kurve 16 heraus tat sich Leclerc aber schwer, an Verstappen dran zu bleiben.
Horner: Ferrari mit Boxenstopp zum Miami-Doppelsieg
Und so brachte Verstappen auch die letzten zehn Runden auf dem Miami International Autodrom noch über die Linie. Red-Bull-Teamchef Christian Horner bedankte sich anschließend bei Ferraris Strategen: "Ferrari hat uns aus der Patsche geholfen. Als aus dem Virtuellen Safety Car ein richtiges wurde, war Max schon an der Boxeneinfahrt vorbei."
"Ferrari hätte einen kostenlosen Boxenstopp gehabt, haben es aber mit keinem Auto genutzt. Dafür sind wir dankbar. Wenn sie weiche Reifen aufgezogen hätten, wären wir nur Dritter geworden", rechnet Horner vor.
"Ich hätte eine Position gegen Perez verloren", korrigiert Carlos Sainz, der zu diesem Zeitpunkt auf Platz drei lag. Leclerc hätte bei einem Boxenstopp keine Position verloren, bei Sainz wäre die Rechnung nur aufgegangen, wenn Perez ebenfalls gestoppt hätte. Der Mexikaner stoppte, aber hätte womöglich das Gegenteil getan, wenn Sainz vor ihm zum Reifenwechsel gekommen wäre.
Perez holte sich für den Miami-Schlusssprint Medium-Reifen. Trotzdem biss er sich schließlich die Zähne an Sainz auf 14 Runden älteren Hards aus. Allerdings hatte der Mexikaner ein Problem mit seinem Honda-Motor. Sensoren an einem Zylinder arbeiteten nicht mehr richtig. Das Problem kostete ihn laut Teamchef Horner rund 25 PS.
Ferrari widerspricht Red Bull: Miami-Strategie richtig
Bleibt die Frage, ob Leclerc das Rennen mit einem Extra-Stopp hätte gewinnen können. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto widerspricht seinem Gegenüber von Red Bull: "Wir wollten auf den alten Reifen bleiben, weil wir die nach der Safety-Car-Phase schneller auf Temperatur bekommen haben. Bei frischen Harten wäre das schwierig gewesen. Wir lagen richtig, denn Charles konnte direkt nach dem Restart Druck machen."
Leclercs harte Reifen hatten zum Zeitpunkt des Safety Cars 16 Runden abgespult. Ferrari war aber in einem Dilemma: Die Soft-Reifen hätten womöglich nicht den gesamten Schluss-Sprint überlebt. Medium-Reifen - wie Red Bull - hatte die Scuderia nicht mehr. Ferrari ging mit zwei Hard-Sätzen, einem Medium und drei Softs in den GP. Red Bull hatte einen Hard, zwei Medium und ebenfalls drei gebrauchte Softs übrig.
Somit hätte Leclerc von gebrauchten Hards nur auf frische Hards wechseln können. Allerdings hatte Ferrari tatsächlich Probleme damit, die C2-Mischung ins Betriebsfenster zu bekommen. Das zeigte schon der versuchte Undercut von Leclerc in Runde 24 gegen Verstappen, der überhaupt nicht aufgegangen war.
Im Gegenteil: Weil Leclerc im Rennen in Miami die harten Reifen nicht sofort zum Arbeiten bekam, vergrößerte sich sein Rückstand auf Verstappen sogar in zwei Runden von vier auf acht Sekunden. Erst in der dritten Runde nach dem Stopp konnte er wieder Tempo machen. Genau davor hatte Ferrari beim Restart Angst.
Weiter hinten im Feld traute man sich den Schlussprint auf den weichen C4-Reifen zu. Esteban Ocon, Daniel Ricciardo, Yuki Tsunoda und Pierre Gasly wechselten während der Neutralisierung auf die roten Pirellis. Weil es weiter hinten nach dem Restart hart zur Sache ging, ist nicht ganz klar, was der Soft-Reifen wirklich brachte. Komplett ein ging er jedenfalls nicht. Ocon konnte auch am Ende noch die Rundenzeiten von Teamkollege Fernando Alonso mitgehen, der seine alten harten Reifen nicht wechselte.
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