Nach einem "verdammten Wikinger-Comeback", so Haas-Teamchef Günther Steiner in Bahrain, hat Formel-1-Rückkehrer Kevin Magnussen beim zweiten Saisonrennen in Saudi-Arabien nun seine Qualitäten als Berserker unter Beweis gestellt. Trotz extremer Nackenschmerzen auf dem ultraschnellen Jeddah Corniche Circuit seit dem Qualifying erzielte der Däne nach P5 beim Saisonstart mit einem neunten Platz in Jeddah gleich das nächste Haas-Ergebnis in den Punkterängen. Und das, obwohl im Rennen nicht nur weiterhin der Nacken zwickte, sondern Haas auch ein Safety Car zum schlechtesten Zeitpunkt in die Parade fuhr.

Als nur einer von drei Fahrern neben Nico Hülkenberg und Lewis Hamilton hatte Magnussen den Großen Preis von Saudi-Arabien auf harten Reifen begonnen. Die Hoffnung: So würde man möglichst lang aushalten können, um von einem möglichen Safety Car zu profitieren. Immerhin ist die Crash-Gefahr auf dem engen Highspeed-Straßenkurs enorm. Tatsächlich kam das Safety Car durch den Crash Nicholas Latifis auch, allerdings zum für Magnussen, Hülkenberg und Hamilton schlechtesten Zeitpunkt - in Runde 16 und damit ideal zum fälligen Reifenwechsel der Medium-Starter auf Hard.

Magnussen: Das Schlimmste was passieren konnte, ist passiert!

"Das Schlimmste was uns passieren konnte, ist passiert! Denn wir sind auf der gegenteiligen Strategie gestartet, mit dem harten Reifen. Und fast alle anderen waren auf Medium. Da war das Schlimmste, was passieren konnte ein Safety Car in Runde 16 oder 17 - und es kam in Runde 16", klagt Magnussen. So erhielten fast alle Konkurrenten einen Boxenstopp mit nur marginalem Zeitverlust - und mussten dank dann harten Reifen auch keinen zweiten Stopp mehr einlegen. Magnussen & Co hingegen konnten noch nicht an die Box. Ein Schlussstint von mehr als 30 Runden auf Medium war illusorisch. "Damit dann noch immer zwei Punkte zu bekommen, ist sehr gut", sagt Magnussen.

Zumindest eine gewisse Entschädigung für das frühe Pech erhielt der Däne dabei allerdings. Letztlich konnte auch Magnussen bei seinem Stopp zumindest etwas Zeit sparen. Haas nutzte die virtuelle Safety-Car-Phase rund um die Ausfälle Fernando Alonsos und Daniel Ricciardos ab Runde 37. Ganz optimal für die Rennzeit war das Timing jedoch nicht. 37 Runden musste Magnussen so auf den harten Reifen verbringen. Nach Wiederfreigabe des Rennens blieben nur noch zehn Runden, um nun den Vorteil der Mediums zu nutzen. Und das wegen des VSCs mit eingefrorenen, nicht genullten Abständen wie bei einem regulären Safety Car.

Formel 1: Spätes VSC rettet Haas in Saudi-Arabien

"Am Ende kam das Glück mit dem VSC ein bisschen zurück, aber wenn das ein Safety Car statt eines VSC gewesen wäre - ich weiß nicht, wie schnell sie an der Spitze waren, aber dann wären auf jeden Fall alle zusammengerückt, wir hätten neue Reifen gehabt und hätten wieder Big Points holen können", klagt Magnussen. Das will der Däne allerdings nur als Kritik auf hohem Niveau verstanden wissen. Magnussen: "Trotzdem bin ich glücklich. Das Team hat einen fantastischen Job gemacht, nach einer schwierigen Session am Freitag zurückzuschlagen."

Günther Steiner weiß angesichts der Mischung aus Pech und glücklicher Wiedergutmachung kaum, ob er sich nun beschweren oder freuen soll. "Ohne das Safety Car [in Runde 16] hätten wir heute vielleicht ein paar Plätze weiter vorne landen können. Dass da ein Safety Car kommt, ist echt das Letzte, was du willst. Sie hätten 50 Runden damit warten können! Nächstes Mal bitte am Ende", sagt der Haas-Teamchef in seiner unverwechselbaren Art auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Aber dann hatten wir ja Mitte des Rennens Glück, dass drei Autos direkt hintereinander ausgefallen sind. Sonst hätten wir keine Punkte geholt. Vielleicht."

Kevin Magnussen mit Handicap: Nackenmuskulatur noch nicht F1-tauglich

Vielleicht, weil der VF-22 erneut sehr gut funktionierte und das Haas selbst ohne VSC noch hoffen ließ. "Das Auto war wieder phänomenal! Es ist so eine Freude zu fahren", jubelt Magnussen. Maximal ausnutzen und genießen konnte der F1-Rückkehr den neuen Speed des Haas allerdings nicht. Wegen des sehr kurzfristigen Comebacks ist Magnussens Nackenmuskulatur noch nicht wieder bereit für die astronomischen Kräfte in der Formel 1. Hier hatte der Däne das Training zuvor reduziert, weil die Boliden anderer Rennserien - Magnussen plante für 2022 eigentlich Starts in IMSA und WEC - den Nacken längst nicht so extrem beanspruchen wie die Downforce-Monster in der Königsklasse.

In Bahrain kam Magnussen wegen des entspannteren Streckenlayouts dennoch passabel zurecht. Anders sah es nun eine Woche später in den unzähligen ultraschnellen Highspeed-Kurven des Jeddah Corniche Circuit aus. Das bekam Magnussen im Qualifying schmerzvoll zu spüren. "Mit dem Q3 müssen wir zufrieden sein, aber das Auto war besser als P10, ich habe nicht das meiste herausgeholt", kommentiert Magnussen sein Ergebnis am Samstag. Warum? Wegen des Nackens.

Fix & fertig: Kevin Magnussen nach dem Saudi-Arabien GP, Foto: Motorsport-Magazin.com
Fix & fertig: Kevin Magnussen nach dem Saudi-Arabien GP, Foto: Motorsport-Magazin.com

Magnussen: Nacken hat im Qualifying fünf Plätze gekostet

"Ehrlich gesagt ist mein Nacken im Q3 völlig zerstört gewesen - plötzlich ist er weggeknickt und ich konnte ihn [den Kopf] nicht mehr halten", schildert Magnussen. "Ich bin nicht mehr gut gefahren. Ich denke, vielleicht steckte sogar ein fünfter Platz im Auto, bis dahin war es nur eine halbe Sekunde und meine beste Runde - keine gute Runde, wie gesagt - war auch noch auf gebrauchten Reifen. Für das Team war also P5 drin, aber nicht für mich."

Für das Rennen verstärkte Magnussens Physiotherapeut Thomas Jørgensen den Nacken daraufhin mit Tape und lehnte sich im Cockpit an das Headrest an. So hielt Magnussen die 50 Runden Renndistanz zumindest durch. Wirklich gut ging es dem Dänen danach dennoch nicht. Magnussen: "Der Nacken ist im Nirgendwo - der Nacken ist im Nirgendwo. Ich hoffe, er kommt bald zurück!"

Steiner schwärmt von Magnussen: Kaum Training, neue Strecke, aber geliefert

Angesichts dieser Probleme zeigt sich Haas nur umso beeindruckter von der Leistung Magnussens. "Kevin ist ein Jahr lang kein Formel-1-Auto gefahren, kommt hierher, wo er noch nie gefahren ist, hatte einen miserablen Freitag mit nur drei gezeiteten Runden und dann geht er da raus und fährt diese Zeit im Qualifying. Eine noch bessere Zeit konnte er nur wegen seines Nackens nicht hinlegen", schwärmt Teamchef Günther Steiner.

Zuvor hatte Magnussen am Freitag wegen eines Hydraulik-Lecks im FP1 und eines mechanischen Defekts im FP2 insgesamt nur 15 Runden auf der für ihn völlig neuen Strecke fahren können. Selbst F1-Rookie Guanyu Zhou kannte sich in Jeddah dank seiner Formel-2-Erfahrungen aus dem Vorjahr bereits besser aus. Beim kommenden Grand Prix in Australien kann sich Magnussen nun wieder auf seine Erfahrung berufen. In Melbourne hatte der Däne 2014 bei seinem Formel-1-Debüt gleich sein erstes Podium erzielt. Für 2022 hat der Veranstalter den Albert Park Circuit allerdings einem größeren Umbau unterzogen, um den Strecke überholfreundlicher zu gestalten.