Umfangreiche Änderungen für Sprint-Rennen und neue Regelungen für den Fall abgebrochener Rennen nach der Farce von Spa 2021 ergab das jüngste Treffen der F1-Kommission am Montag. Keine konkreten Beschlüsse wurden allerdings zu dem mit Abstand spannendsten Thema in London gefasst oder kommuniziert - dem skandalösen WM-Finale 2021 in Abu Dhabi. Dort hatte Rennleiter Michael Masi mit höchst kontroversen Entscheidungen in einer späten Safety-Car-Phase das Rennergebnis und resultierend den WM-Ausgang zum Nachteil Lewis Hamiltons beeinflusst.

Nach ersten Protesten und höchst pikierten Reaktionen - nicht nur aus dem Mercedes-Lager - setzte die FIA daraufhin eine Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung ein. Im Rahmen des Treffens der F1-Kommission in London kam es nun zu einem ersten Austausch. Die finalen Analyseergebnisse und ihre Folgen sollen erst beim nächsten Gipfel des Weltmotorsportrats (WMSC) am 18. März in Bahrain folgen.

FIA kündigt kurzfristig Aktionsplan an

Zumindest ein Zwischenfazit hatte sich die Formel-1-Szene allerdings von London versprochen. Gerade nachdem erst jüngst ein eigentlich schon im Dezember veröffentlichter Funkverkehr zwischen Red Bulls Sportdirektor Jonathan Wheatley und Masi während des Abu Dhabi GP wieder ausgegraben wurde und in den sozialen Medien trendete. Darin ist zu hören, wie Masi die Auflösung des Safety Cars letztlich genauso abwickelte, wie zuvor von Wheatley vorgeschlagen. Dieses Material ist ohnehin Teil der FIA-Aufarbeitung.

Große Neuigkeiten gab es nun allerdings nicht. "Die Rückmeldungen der Kommission zu den aufgeworfenen Fragen werden in die Analyse des [FIA]-Präsidenten einfließen, der in den kommenden Tagen Neuigkeiten zu strukturellen Änderungen und zum Aktionsplan öffentlich vorstellen wird", hieß es lediglich in dem obligatorischen Statement zu dem Meeting.

FIA-Präsident will FIA-Integrität und sportliche Fairness zugleich wahren

Zumindest in Kürze soll es also durchaus handfeste Informationen geben - schon vor Bahrain. Was diese beinhalten könnten? Durchaus auch eine Absetzung von Michael Masi als Renndirektor. Sky Sports UK berichtet, dies sei inzwischen wahrscheinlich und hält für den Australier eine neue Sicherheitsrolle innerhalb der FIA für möglich. Als potenzielle Nachfolgerkandidaten gelten weiterhin WEC-Rennleiter Eduardo Freitas und der ehemalige DTM-Rennleiter Niels Wittich. Generell plant die FIA 2022 mehr Unterstützung für die Rennleitung, etwa in Form gleich dreier Rennleiter mit verschiedenen Schwerpunkten, wie Motorsport-Magazin.com berichtete - wer auch immer dann auf diesem, oder diesen, Posten sitzen wird.

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Am Mikrofon von Sky Sports UK nahm nun der neue FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem zumindest knapp Stellung zu dem von ihn geleiteten Gipfel am Montag und kommentierte auch den ankündigten Aktionsplan. "Die Informationen werden bekanntgegeben werden, aber wie ich gesagt habe, wird die Integrität der FIA definitiv immer intakt bleiben", sagte der Nachfolger von Jean Todt. "Dafür wurde ich gewählt, aber auch dafür, fairen Motorsport zu haben, das ist meine Pflicht."

FIA-Präsident will FIA-Integrität und sportliche Fairness zugleich wahren

Das klingt nach einem Kompromiss, vielleicht sogar einem Durchbruch, der bei dem Treffen am Montag erzielt wurde. Immerhin hatte insbesondere das eigener Aussage zufolge, inklusive Hamilton, 'desillusionierte' Mercedes-Team eine Reaktion auf die Vorfälle in Abu Dhabi gefordert. Hamilton mache seinen Verbleib in der Königsklasse von den Ergebnissen der Analyse abhängig, hieß es zeitweise sogar. "Wir sind uns bei gewissen Dingen einig geworden und die Analyse geht noch weiter", bestätigte nun Ben Sulayem. "Aber sie wird bald kommen. Es waren gute Gespräche. [...] Es war ein sehr gutes Meeting. Wir können nur nach vorne schauen. Das ist wichtig für die FIA, für die Integrität der FIA und für den Sport. Wir können die Zukunft nur verbessern."

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Selbst die ewigen Streithähne Toto Wolff und Christian Horner seien bei dem Meeting gut miteinander ausgekommen, so der neue FIA-Chef. "Vielleicht, wegen Valentinstag", scherzte Ben Sulayem. "Sie waren sich nahe und guter Laune, das war gut. Ich hatte etwas mehr Unterhaltung erwartet, aber es war gut, die Harmonie zwischen ihnen zu sehen."

Vettel & Co: Rückendeckung für Michael Masi

Sonderlich überraschend kommt das nicht unbedingt - immerhin hatte sich auch Red Bull im Vorjahr, lange vor Abu Dhabi, höchst unzufrieden mit zahlreichen Entscheidungen der Rennleitung gezeigt. Genauso wie Mercedes, ebenfalls schon lange vor Abu Dhabi.

Von Fahrerseite kam hingegen zuletzt viel Rückendeckung für Rennleiter Michael Masi. Im Rahmen der Fahrzeugpräsentationen von Aston Martin und McLaren verteidigten insbesondere Sebastian Vettel, Daniel Ricciardo und Lando Norris den Australier. "Es ist schade, dass sich alles so auf einen Mann konzentriert", monierte etwa Vettel und forderte, sich eher auf bessere und klarere Regeln zu fokussieren. Norris sprach von 99 Prozent Zufriedenheit mit den Entscheidungen Masis, Ricciardo verwies eine mögliche Überforderung durch enorm gestiegenen Druck.