Ein Qualifying wie jedes andere für Haas in Zandvoort: Platz 19 für Mick Schumacher, Platz 20 für Nikita Mazepin. Auch teaminterner Stress zwischen den beiden Piloten ist nichts Neues - die Intensität jedoch sehr wohl. Am Ende von Q1 kochten die Emotionen hoch. "Das ist nicht in Ordnung. Ihr habt gesagt, dass er mich nicht überholen darf", schimpfte Mazepin am Funk.
Auch in den anschließenden TV-Interviews kochten die Emotionen hoch. "Ich denke, es ist okay, wenn er frustriert ist - das bin ich auch manchmal", zeigte sich Teamchef Günther Steiner verständnisvoll und schickte hinterher: "Er hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht das volle Verständnis, was passiert ist. Er ist direkt zu den Medien gegangen. Aber wir haben anschließend gesprochen und es ist keine einfache Situation mit mehr als einem Moment."
Später, nach dem klärenden Gespräch, sprachen Schumacher und Mazepin noch einmal zu den schreibenden Medien. Wirklich deeskaliert wirkte die Situation allerdings nicht. "Klar ist nach der Diskussion, dass das System, über das ich ihn Imola unterrichtet wurde, nicht mehr im Einsatz ist. Ich weiß aber nicht, wann das geändert wurde und warum", ärgerte sich der Russe.
Schumacher vs. Mazepin: Streit geht zurück auf Imola
Ursprung allen Übels war die Outlap zum letzten Versuch in Q3. Der Russe hatte am Zandvoort-Wochenende das Vorrecht darauf, als erster der beiden Haas auf die Strecke zu gehen. Eigentlich, so musste Mazepin in Imola lernen, muss der Hinterherfahrende seine Position halten. In Italien hatte er selbst diese - ihm bis dahin angeblich unbekannte - Regel gebrochen.
"In Österreich hat er die Regel gebrochen, deshalb war ich sauer", schimpfte Mazepin. In Zandvoort eskalierte es dann endgültig. "Die Radiokommunikation war klar", verteidigt sich Schumacher. "Solange ich ihn vor Kurve drei überhole, ist das in Ordnung."
Allerdings nur aus einem Grund: Schumacher hatte das ganze Wochenende schon größere Schwierigkeiten als Mazepin damit, die Reifen auf Temperatur zu bringen. "Die Session war ein Durcheinander. Am Boxenausgang sind Autos stehengeblieben, dadurch sind die Reifen weiter ausgekühlt. Ich hatte fast überhaupt keinen Grip", so Schumacher.
Der Deutsche brauchte eine schnellere Outlap als Mazepin, um seine Reifen auf Temperatur zu bekommen. "Deshalb habe ich gefragt, ob ich überholen darf", erklärt Schumacher. Steiner bestätigt diese Version: "Wir haben versucht, die Reifentemperaturen zu maximieren. Aber aus unterschiedlichen Gründen hat das nicht funktioniert. Erst die Schlange am Boxenausgang. Dann hast du vier Kilometer Strecke und schließlich wieder eine Schlange. Alle und niemand sind schuld daran."
Das unerwartet Überholmanöver war aber nicht der einzige Grund, weshalb Mazepin so sauer wurde. Problematisch wurde die Situation erst, als beide am Ende der Runde auf die nächste Schlange aufliefen und von hinten auch noch Sebastian Vettel kam.
Hat Schumacher Mazepin absichtlich aufgehalten?
Mazepin dachte zunächst, Schumacher hätte ihn absichtlich aufgehalten, damit er in der Zielkurve nicht genügend Schwung für die fliegende Runde holen kann. Schumacher lag schließlich schon zu diesem Zeitpunkt teamintern vorne. "Das, was der andere Fahrer gemacht hat, hat mir das Gefühl gegeben, dass es das ultimative Ziel war, vor mir zu bleiben", bestätigt Mazepin. "Ich war im 1. Training und im 3. Training schnell und er dachte vielleicht, dass die Reihenfolge so bleiben würde, wenn ich einen schlechten Ausgang aus der letzten Kurve haben würde."
Im Nachhinein sieht Mazepin die Situation etwas anders. "Er musste für Latifi vor ihm bremsen und er wusste nicht, dass Vettel von hinten kommt", gesteht Mazepin. Viel besser macht das die Situation für ihn aber nicht. Das Tischtuch zwischen den beiden ist zerschnitten.
"Ich bin Russe und Russen sind sehr direkt. Ich kenne meinen Platz im Team und wenn mein Teamchef mir Anweisungen gibt, folge ich ihnen", stellt Mazepin klar. "Es ist sehr wichtig, ein Team zu sein. An einem Tag sind die Regeln mal für dich, an einem anderen gegen dich. Aber es sollte konstant sein. Ich mag es nicht, wenn Leute dreist sind, wenn um Platz 19 gekämpft wird. Das zeigt ihre wahre Natur. Und das toleriere ich nicht."
Schumacher gab sich gewohnt zurückhaltend: "Ich bin es gewohnt, diese Diskussionen eher im Team zu haben und nicht öffentlich in der Presse. Das ist neu für mich. Jeder Fahrer und jeder Mensch ist anders, es ist eine Frage der richtigen Kommunikation und dann klären sich die Dinge sicherlich."
Steiner: Das Problem mit zwei Rookies
Als Konsequenz des erneuten Zwists fordert Mazepin klarere Regeln: "Wir müssen ein System finden, das funktioniert. Ich will nicht nachgeben und er auch nicht. Da brauchen wir ein Prozedere, dass das regelt. Wir brauchen ein System, bei dem sich beide Fahrer immer dran halten müssen und nicht nur, wenn einer von uns will."
Günther Steiner muss sich mit seinen Piloten oftmals mehr wie ein Streitschlichter, denn als Formel-1-Teamchef fühlen. "Das ist das Problem mit zwei Rookies", meint der Südtiroler. "Bei erfahrenen Piloten ist das weniger so. Beide wollen beweisen, der Bessere zu sein. Ich wäre auch enttäuscht, wenn sie sich nicht gegenseitig schlagen wollen würden."
Streitschlichter Steiner hat dabei keine einfache Aufgabe. Auf der einen Seite steht der russische Milliardärssohn, dessen Vater mit Millionen das Team finanziert. Auf der anderen Seite Mick Schumacher, der von Haas-Partner Ferrari in das Cockpit gesetzt wurde. "Ich gehe das aber immer gerecht an, im besten Interesse des Teams", versichert Steiner. "Das Team ist das größte Vermögen, das wir haben. Du kannst Partner und Titelsponsoren haben, aber ohne Team hilft dir das nichts. Deshalb spielen wir immer fair."
Mazepin feiert Vettel: Ein wahrer Gentleman
Der Haas-Zwischenfall war aber nicht nur teaminterner Natur. Weil Mazepin Schumacher ausweichen musste, fuhr er Sebastian Vettel direkt in den Weg. Der Heppenheimer war bereits auf seiner schnellen Runde und kam mit reichlich Überschuss von hinten an. Die Stewards untersuchten den Fall und hörten Vettel und die beiden Haas-Piloten an.
Die Stewards sprachen keine Strafen für die beiden Haas-Piloten aus. "Sebastian war ein wahrer Gentleman", lobt Mazepin. "Er hat bei den Stewards das wahre Problem angesprochen: Nämlich, dass jeder in der letzten Kurve verlangsamt hat." Die Stewards bescheinigten Vettels Aussage im Urteil.
Dabei war Vettel selbst vor wenigen Wochen in Österreich noch der Leidtragende. Als einziger Pilot hielt er sich an das sogenannte Gentleman-Agreement und überholte in der Outlap keinen anderen Fahrer. Am Ende der Runde lief er so auf seine Kollegen auf - und blockierte damit Fernando Alonso, der seinerseits auf einer schnellen Runde war. Vettel bekam von den Stewards damals eine Startplatzstrafe aufgebrummt.
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