Fernando Alonso und George Russell sorgten im Formel-1-Rennen in Österreich am Sonntag für beste Unterhaltung. Drei Runden vor dem Ziel gipfelte der lange Zweikampf zwischen dem zweimaligen Weltmeister und dem Mercedes-Junior im Showdown um den letzten WM-Punkt. Der Routinier knackte den Youngster und entriss diesem seinen ersten Zähler mit Williams. Bei aller Euphorie über den Schlagabtausch plagte den kaltschnäuzige Alonso in Anbetracht dessen sein schlechtes Gewissen.

"Es war cool. Aber als ich gesehen habe, dass es Georg war, war ich ein bisschen traurig, dass ich diesen Kampf gegen ihn führen musste", so Alonso, der in der 68. Runde mit einem Manöver in Kurve vier am Briten vorbeiging. Dieser war im 46. Anlauf mit Williams seinem ersten zählbaren Resultat für den britischen Traditionsrennstall ganz nah - und dachte für einen Moment, dass Alonso Gnade walten lässt: "Ich habe es gehofft."

Nach einem schlechten Start von Platz acht hatte er sich wieder zurück in die Top-10 gekämpft. "Ich bin so schnell gefahren wie ich konnte. Wenn du dir einen Fahrer aussuchen könntest, den du am Ende hinter dir haben willst, würdest du wohl nicht Fernando wählen. Das hat es nicht einfacher gemacht", sagt der 23-Jährige.

Russell genießt ersten Kampf in der Formel 1

Seit der 50. Runde hatte Alonso hinter ihm gelegen und sich kontinuierlich herangearbeitet. Nachdem er ins DRS-Fenster vorgestoßen war, erwies sich Russell nicht als leichte Beute. Er leistete erbitterte Gegenwehr. "Es hat mich an meine Tage in den Nachwuchskategorien erinnert, wo du Woche um Woche Rad-an-Rad-Kämpfe hattest. Ich bin froh, dass ich mich gut geschlagen und nichts Dummes gemacht habe", sagt er über die für ihn nach Jahren doch irgendwie ungewohnte Situation.

"Obwohl ich natürlich schon drei Jahre in der F1 bin, war es das erste Mal, dass ich wirklich gegen jemanden gekämpft habe", so Russell über das nervenaufreibende Aufeinandertreffen. "Es ist eine Frage der Erfahrung und des Gefühls, wie es in einem Formel-1-Auto ist. Es ist sehr anders mit all dem Anpressdruck und der Dirty Air. Diese Erfahrung zu machen fühlt sich etwas seltsam an, wenn man schon drei Jahre hier ist."

Für den 39-jährigen Alonso war das Duell in seinem 320. Grand Prix kaum ein Aha-Erlebnis. Genossen hat er es aber mindestens genauso wie sein Rivale. "Es war seht intensiv. Leider ging es nur um den letzten Punkt und es hat sich angefühlt, als wären wir in der letzten Runde der Weltmeisterschaft. Denn natürlich ist so ein Punkt für ihn Gold, und für uns auch wenn wir als 14. losfahren."

Alonso macht Russell Mut: Podien und Siege mit Mercedes

Russell war schlussendlich nicht überrascht, dass ihm die Antworten auf Alonsos Attacke ausgingen. "Mit all seiner Erfahrung und seinem Speed. Er war gestern schon wirklich schnell und hätte da schon in den Top-5 sein müssen. Ihn mit dieser Pace hinter mir zu halten, wäre niemals möglich gewesen", sagt er. Die Niederlage schmerzte ihn deshalb nicht allzu sehr: "Ich bin nicht so niedergeschlagen, denn letztendlich haben wir bekommen, was wir verdient haben. Die anderen waren schneller als wir."

Sein Gegner wiederum ist davon überzeugt, dass Russell auch in Zukunft das bekommen wird, was er verdient. "Ich denke, er wird noch die Chance bekommen, in Zukunft auf das Podium zu steigen und um Rennsiege zu kämpfen, wenn er zu Mercedes geht", so Alonso, der große Stücke auf das Talent des Weltmeisterteams hält. "Für ihn werden noch andere Zeiten kommen."