Spätestens mit dem Großen Preis von Monaco hat der WM-Kampf zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton so richtig begonnen. Durch seinen souveränen Sieg am Sonntag und ein unterdurchschnittliches Wochenende des Titelverteidigers übernahm der Red-Bull-Pilot erstmals die WM-Führung. Kurz nach dem Rennen würzte Verstappen das großen Formel-1-Duell auch abseits der Strecke. Spätestens damit hat nun auch das Psychoduell zwischen Red Bull und Mercedes Fahrt aufgenommen.

Der entscheidende Satz fiel ganz am Ende der Pressekonferenz nach dem Monaco-GP. Wie wichtig dieser Sieg für die WM nun sei, gerade, weil Hamilton gleichzeitig ein schwaches Wochenende abgeliefert hatte? „Zuerst einmal: Taten sprechen immer lauter als Worte. Ich denke, das ist nach diesem Wochenende eine gute Lektion. Du musst auf der Strecke sprechen, und das mag ich“, antwortete Verstappen.

Hamilton vs. Verstappen: Wortgefecht schon vor Monaco

Damit nahm der Niederländer indirekt Bezug auf eine Aussage seines Rivalen unmittelbar vor dem Wochenende. „Wahrscheinlich hat er mehr das Gefühl, etwas beweisen zu müssen“, kritisierte Hamilton seinen Gegner am Donnerstag vor Monte Carlo unterschwellig. Gefragt worden war Hamilton nach einer Einschätzung des McLaren-CEO Zak Brown, wonach es nur eine Frage der Zeit sei, bis Hamilton und Verstappen kollidieren würden. Vorausgegangen waren kompromisslose Manöver Verstappens bei den Rennstarts in Imola und Barcelona.

Hamilton gab an, er habe alles getan, um Schlimmeres zu verhindern, nicht Verstappen. Der widersprach noch am selben Tag. „Ich habe überhaupt nichts zu beweisen. Kontakt zu vermeiden ist eine Sache, die in beide Richtungen gemacht wird. Das haben wir bisher geschafft, aber wir fahren hart“, sagte Verstappen, offensichtlich wenig begeistert von den Aussagen Hamiltons. Das legt nun jedenfalls sein Statement nach dem Rennen nahe.

Verstappen hält Hamilton eigene Weisheit vor

Plot-Twist: Mit der Aussage, man müsse auf der Strecke sprechen, hielt Verstappen Hamilton auch noch (absichtlich?) dessen eigene Weisheit vor. Oder noch schlimmer: jenen Rat, den Hamilton einst Vater Anthony schon zu Kart-Zeiten mit auf den Weg gab. „Do your Talking on the Track“, hieß es da. Diesen Ratschlag hatte Hamilton erst jüngst in Barcelona wieder einmal zitiert. In Spanien war die psychologische Komponente des WM-Duells ebenfalls Thema gewesen. Dort noch, weil Red Bull kurz zuvor diverse Ingenieure Mercedes’ für sein Motorenprojekt abgeworben hatte. „Ich interessiere mich überhaupt nicht für diese ganzen psychologischen Spielchen“, erklärte Hamilton in Spanien - und ließ die alte Weisheit folgen.

Formel 1: Hamilton warnt vor Crash-Gefahr mit Verstappen (09:44 Min.)

Die Konkurrenz nimmt dem Briten genau das nicht ab. „Lewis liebt das, all diesen Müll. Also lasst ihn einfach machen“, sagte Christian Horner am Wochenende in Monaco bei Sky Sports F1. „Max zieht sein eigenes Ding durch. Du kannst aber anhand der Tatsache, dass Lewis das Gefühl hat, das zu tun, sehen, dass Max ihm vielleicht ein wenig unter die Haut geht.“

Hamilton-Absage an Red Bull: Kindisch, keine Psychospielchen!

Auf diese Aussage des Red-Bull-Teamchefs und Max Verstappens Andeutung in der Pressekonferenz noch am Abend in Monaco angesprochen, reagierte Hamilton irgendwo zwischen verärgert und amüsiert. „Ich treibe keine Psychospielchen. Es ist interessant, womit Christian da aufkommt“, sagte der WM-Zweite.

„Sie haben dieses Wochenende einen tollen Job gemacht und damit hat es sich. Wir hatten auch ein paar gute Rennen und wie gesagt: es kommen noch 17 Rennen. Unter dem Strich ist es nur kindisch, wenn du es zu einem Krieg der Worte werden lässt“, konterte Hamilton.

Mercedes & Red Bull: Teamchefs feiern Entertainment

Anders sieht das sein Teamchef. „Ist doch klasse“, kommentierte Wolff die Psychospielchen der Konkurrenz. „Wir haben einen Kampf zwischen zwei herausragenden Fahrern, die Meisterschaft ist schon in beide Richtungen gewechselt und es werden Sachen gesagt, die gut für’s Entertainment sind. Und diesen Satz würde ich dem Unterhaltungsfaktor zuschreiben. Es ist toll, darüber zu reden und zu schreiben. Das ist Action auf der Strecke und eine Seifenoper abseits der Strecke.“

Da stimmt ausnahmsweise auch Horner mal seinem Pendant bei Mercedes zu. „Das ist großartig, es ist Teil des Sports. Und wir sind nur am Anfang der Meisterschaft. Wir sind noch nicht einmal nah der Halbzeit. Da kann man sich ja vorstellen, wie es erst sein wird, wenn es in die letzten Rennen geht uns sie da noch immer so nah beisammen liegen“, sagte der Brite.

Verstappen stichelt weiter: Hamilton kennt WM-Kampf nicht

Horner weiter: „Es war wichtig, dass wir unsre Chance hier ergreifen. Mercedes hatte einen seltenen Aussetzer und da war es wichtig, das zu nutzen. Wir müssen einfach bis zum Ende der Meisterschaft in Schlagdistanz bleiben, dann kommt der Druck erst richtig.“

Ein Druck, den Hamilton so gar nicht mehr kennt? So lässt es Verstappen seinen Rivalen via Gazzetta dello Sport wissen. „Hamilton musste seit Jahren nicht mehr um den Titel kämpfen. Das Jahr mit Vettel war sowieso kein richtiger Titelkampf“, stichelte der Niederländer. Deshalb habe er keine Angst vor Hamiltons Spielchen. „Ich bin mental stark und weiß, was ich tun muss, um zu gewinnen“, sagte Verstappen.

Hamilton winkt ab: Verstappen nicht härtester Gegner

Hamilton sieht das anders. Auch, wenn er bereits vor dem Saisonstart vor Red Bull gewarnt habe, fühle es sich noch immer nicht wie der engste Titelkampf seines Lebens an, so der Brite. Dieses Standing will er Verstappen erst gar nicht zugestehen. „Ich fahre Rennen, seit ich acht Jahre alt bin. Jede [Meisterschaft] ist auf ihre eigene Art anders. Es ist nicht schlechter oder besser. Es wird hart, ich habe schon ganz am Anfang gesagt, dass sie ein WM-Auto haben und sehr hart zu schlagen sind.“ Schon vor Wochen hatte Hamilton die Duelle mit Vettel, nicht Verstappen, als seine bis dato größte Rivalität ausgemacht.