Die neuen Aero-Regeln der Formel-1-Saison 2021 erhitzen weiter die Gemüter. Bereits beim Saisonstart in Bahrain lief Aston Martin Sturm gegen die in dieser Saison eingeführten Restriktionen an Unterboden, Diffusor und Bremsbelüftungen. Diese würden Teams mit niedrigem Anstellwinkel signifikant härter treffen, tobte Sebastian Vettels Teamchef Otmar Szafnauer. Damit zielte der 56-Jährige neben seinem Team auch auf Mercedes.

Was Szafnauer dabei vor allem erzürnte war der Prozess der Regelentstehung im Vorjahr. Offiziell wurde der Großteil der Beschränkungen aus Sicherheitsgründen durchgedrückt. Einzig dem Herausschneiden eines Dreiecks aus dem Unterboden hatten alle Teams vorab zugestimmt. Das erschien notwendig, um die Boliden einzubremsen. Die Pirelli-Reifen schienen sonst an ihre Grenzen zu geraten.

Formel-1-Regeln 2021: Racing Point wittert Benachteiligung

„Aber direkt als die Änderungen beschlossen wurden, hat Pirelli verkündet, dass sie auch noch eine neue Reifenkonstruktion bringen“, erinnerte Szafnauer. Diese war ohnehin stabile, die schon beschlossene Regeländerung somit potenziell unnötig. Deshalb rätselt man im Lager Aston Martins nun, ob die Regeln vielleicht doch einen anderen Zweck verfolgten. Sollten sie gewisse Teams bewusst einbremsen?

Vettel-Teamchef klagt an: Neue Formel 1 Regeln gegen uns! (17:29 Min.)

„Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber es wurde von uns allen, die einen kleinen Anstellwinkel fahren klargestellt, dass die Änderungen einen größeren Effekt auf uns haben würden“, klagte Szafnauer. „Und wir hatten recht.“ Zu Beginn des zweiten Rennwochenendes in Imola ging der Teamchef nun noch einen Schritt weiter.

Vettel-Teamchef will Antworten von FIA

Öffentlich forderte Szafnauer Gespräche mit und Aufklärung von der FIA. Einmal, um nachzuforschen, wie es wirklich zu den Beschlüssen kommen konnte. Und, um zu klären, ob es eine Möglichkeit gibt, noch während der laufenden Saison die Regeln anzupassen, um eine in seinen Augen offensichtliche Benachteiligung auszugleichen. Auch rechtliche Schritte schloss der Aston-Teamchef nicht vollständig aus.

Damit war der Fehdehandschuh geworfen. Die Konkurrenz reagierte mit Unglauben und Spott. ‚Völliger Blödsinn’ sei die Forderung nach Regeländerungen während der Saison, hieß es etwa von Red Bull. Auch die ganze Theorie, Mercedes und Aston Martin seien benachteiligt worden, verwies man ins Reich der Fabeln.

Red Bull hält Aston-Vorstoß für Blödsinn

„Das ist jetzt aus Sicherheitsgründen gemacht worden und Mercedes ist es ja auch gelungen, das Auto trotzdem noch hinzukriegen“, sagte. Dr. Helmut Marko bei Motorsport-Magazin.com - und stichelte gegen das seit 2020 von Mercedes kopierte Konzept des Racing Point/Aston Martin: „Die müssen halt schauen, dass sie die gleichen Informationen von Mercedes kriegen. Das ist ja ein Mercedes.“

Während sich die Teamführungen von AlphaTauri und Ferrari sofort anschlossen, wollte sich Mercedes in einer Pressekonferenz zu Beginn des Wochenendes noch nicht äußern. Erst am Samstag bezog Toto Wolff in seiner eigenen Medienrunde Stellung - und das dann deutlich. Obwohl Mercedes die mutmaßlich größeren Auswirkungen auf sein Fahrzeugkonzept in den Augen Red Bulls besser zu kaschieren vermag als Aston Martin, sind die Weltmeister selbst nämlich alles andere als glücklich mit den Änderungen.

Toto Wolff: Mercedes vielleicht Ziel der Regeländerungen, Aston Kollateralschaden

„Ich verstehe das Thema, denn so wie die Regeln im vergangenen Jahr entstanden sind, kann man immer fragen, welche Motivation dahintersteckte“, eröffnete Wolff vielsagend. „Ich denke, dass es natürlich immer das Recht gibt, sich die Dinge noch einmal anzusehen und sie mit der FIA zu besprechen, um herauszufinden, was tatsächlich passiert ist und wie Dinge geschehen sind.“

Dass Mercedes sich nicht über die Änderungen gefreut hat, war schon lange zuvor deutlich geworden. Schon bei den Testfahrten klagte etwa Weltmeister Lewis Hamilton über ein in diesem Jahr viel nervöseres Heck wegen der Regeländerungen. Wenig überraschend unterstützt Mercedes nun den Vorstoß seines Kundenteams. Wolff: „Deshalb respektiere ich Aston Martins Erkundigungen in dieser ganzen Sache. Vielleicht zielten die Dinge auf uns - und sie sind ein Kollateralschaden. Deshalb ist das okay.“

Erste Gespräche mit FIA: Aston schon zahmer

Noch einen Tag - und erste Gespräche mit der FIA - später gab sich unterdessen Aston Martin plötzlich deutlich gezähmt. „Wir hatten einige Meetings mit der FIA. Zu diesem Zeitpunkt sind wir ziemlich zufrieden, dass alle Schritte korrekt befolgt wurden“, sagte Szafnauer. „Wir sind aber noch in Gesprächen. Wir wollen einfach nur herausfinden, wie alle Schritte aussahen, um sicherzustellen, dass alles ordentlich und gerecht abgelaufen ist. Das ist der Grund für die Diskussion. Wir müssen einfach nur ein gutes Verständnis für den gesamten Prozess bekommen und feststellen, dass der Prozess fair abgelaufen ist.“

Sollten die Formel 1 Regeln für Aston Martin geändert werden? (02:00:00)

Welche Argumente der FIA Aston Martin nun genau überzeugt haben? Das wollte Szafnauer auf Nachfrage noch nicht darlegen und verwies auf die eben noch nicht vollständig abgeschlossenen Gespräche.