Danke für nichts: Das dürften sich Pierre Gasly und AlphaTauri beim Türkei GP gedacht haben. Nicht nur, dass der Rennstall beim spektakulären Formel-1-Comeback in Istanbul ohne Punkte blieb, die wirkliche Geschichte des Tages spielte sich schon zuvor zunächst in der Garage und später im Stewardsraum ab.

In einem schwachen Qualifying kamen Pierre Gasly und Daniil Kvyat nur auf die Ränge 15 und 17. AlphaTauri kam bei den regnerischen Bedingungen mit dem glatten Asphalt nicht klar. Deshalb wollte der Rennstall die Chance nutzen und gleich einen neuen Motor in den Pool bringen.

Weil Gasly bereits alle erlaubten Komponenten im Einsatz hatte, wäre das mit einer Strafversetzung einhergegangen. "Nach dem Feuer an Pierres Power Unit in Portimao haben wir uns aber dazu entschieden, nach dem schlechten Qualifying die Power Unit zu wechseln, um uns für den Rest der Saison in eine bessere Position zu bringen", erklärt Teamchef Franz Tost.

AlphaTauri wollte auf Nummer Sicher gehen und den Honda-Motor wechseln, Foto: LAT Images
AlphaTauri wollte auf Nummer Sicher gehen und den Honda-Motor wechseln, Foto: LAT Images

Also fragte AlphaTauri bei der FIA an, alle Komponenten wechseln zu dürfen. Denn nach dem Qualifying herrschen eigentlich Parc-ferme-Bedingungen. Teile dürfen nur getauscht werden, wenn sie defekt sind. Weil die Motorenspezifikation über die Saison ohnehin nicht verändert werden darf, geht ein Wechsel in diesem Fall zwar mit einer Strafversetzung einher, nicht aber mit einem Start aus der Boxengasse, der bei einem Bruch der Parc-ferme-Bedingungen fällig wäre.

Am Samstagabend beantragte AlphaTauri den Wechsel bei der FIA, dem um 18:55 Uhr auch stattgegeben wurde. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt nur eine vorläufige Startaufstellung: Weil beide McLaren-Piloten noch Strafen bekamen, rückte Gasly plötzlich im Grid nach vorne.

FIA Technik-Delegierte schreibt Brief an Stewards

Deshalb überlegte sich AlphaTauri die Sache noch einmal. "Nach den Strafen lag Pierre auf Platz 13. Wir wollten deshalb mit der alten Power Unit weitermachen und nicht vom Ende des Feldes starten", so Tost. "Wir haben die FIA darüber informiert, aber wurden bestraft."

Aber warum? Jo Bauer, der Technische Delegierte der FIA, schrieb am Sonntagmorgen einen Bericht an die Stewards. Sein Problem: AlphaTauri hatte bereits damit begonnen, das Auto unter Parc-ferme-Bedingungen auseinanderzubauen. Getriebe, Verbrennungsmotor, Kühler und weitere Komponenten waren bereits auseinandergenommen. Während der Sperrstunde stand das Auto so aufgebockt in der Garage.

Honda hatte bislang noch keinen unplanmäßigen Motorwechsel zu beklagen, Foto: Honda
Honda hatte bislang noch keinen unplanmäßigen Motorwechsel zu beklagen, Foto: Honda

Erst am Sonntagmorgen zog das Team den Antrag, eine neue Power Unit einzubauen, wieder zurück. "Das lässt vermuten, dass der Wechsel aus strategischen Gründen und nicht aus physischen Gründen beantragt wurde", schreibt Bauer.

Denn die Komponenten dürfen nur ausgetauscht werden, wenn sie defekt sind. Wieso soll der Motor nun plötzlich wieder funktionieren? "Aber wichtiger noch", so Bauer in seinem Bericht weiter: "Das Auto war schon in einem Stadium auseinandergebaut, an dem es unmöglich für die Technischen Kommissare und andere Überwachungsmethoden war, zu garantieren, dass keine Modifikation am Auto vorgenommen wurde."

Der Vorfall bringt das Reglement in eine Zwickmühle: Damit gesteht der Technische Delegierte, dass es generell nicht möglich ist, bei einem solchen Eingriff zu garantieren, dass nur die angeforderten Änderungen vorgenommen werden.

Die Stewards gehen in ihrem Urteil auf diesen Punkt ein: "Normalerweise ist das wegen der einhergehenden Strafe für solch einen Wechsel kein Problem." Heißt im Klartext: Die Strafe, ans Ende des Feldes zu gehen ist zu heftig, als dass man sie normalerweise in Kauf nehmen würde, um kleinere Änderungen am Auto vorzunehmen.

Stewards bestrafen AlphaTauri: Der Wille zählt

Nun hatten sie aber noch immer das Problem dieses konkreten Falls. Ihr Urteil: Es macht keinen Unterschied, ob der Wechsel durchgeführt wird oder nicht, die Strafe ist die gleiche: Strafversetzung ans Ende des Feldes. In diesem Fall war es Platz 19, weil George Russell ebenfalls eine Strafe hatte.

Ihre Begründung: "Die Stewards sind der Auffassung, dass diese spezifische Strafe für die autorisierten Arbeiten im Parc-ferme in Kraft tritt, sobald mit dem Wechsel begonnen wird - egal ob der Motorwechsel letztendlich durchgeführt wieder oder nicht."

Für Gasly und AlphaTauri war das besonders bitter: Ohne Not musste er nun (fast) vom Ende des Feldes starten. Einen neuen Motor bekam er dafür trotzdem nicht. Jetzt muss er die letzten drei Rennen weiterhin mit den bislang verwendeten Motoren überleben - oder eine weitere Strafe auf sich nehmen. Trostpflaster: Weil neben George Russell auch noch Nicholas Latifi aus der Boxengasse startete, ging Gasly de facto immerhin als 18. ins Rennen.