Lando Norris machte beim ersten Formel-1-Rennen 2020 in Österreich hinter Sieger Valtteri Bottas und Ferrari-Pilot Charles Leclerc ein sensationelles Podium perfekt. Im Fernduell mit Lewis Hamilton entriss der McLaren-Pilot dem Weltmeister in der letzten Runde mit einem Husarenritt den dritten Platz. Das erste Edelmetall seiner jungen F1-Karriere kam für den Briten glücklich und verdient zugleich.

"Zum Glück haben wir ein Auto, das schnell genug war um ihn einzuholen. Hätte das hier vergangenes Jahr stattgefunden, wäre ich dazu nicht in der Lage gewesen", so ein erleichterter Norris nach dem 22. Grand Prix seiner Karriere. Sein Sprung aufs Podium war das Resultat einer kompromisslosen Attacke.

Zu Beginn der letzten Runde lag er fünfeinhalb Sekunden hinter Hamilton, der für seine Kollision mit Red-Bull-Pilot Alexander Albon eine 5-Sekunden-Strafe kassiert hatte. Mit der schnellsten Rennrunde im 71. und finalen Umlauf entschied Norris das Duell um hauchdünne zwei Zehntelsekunden für sich.

"Ich bin so froh, denn das hätte auch ganz anders ausgehen können", so Norris, der eine äußerst ereignisreiche Schlussphase des Rennens erlebte. Nachdem er die letzte Safety-Car-Phase für den Wechsel auf Medium genutzt hatte, ging es für ihn zunächst rückwärts. "Ich wäre fast bis auf Platz sechs zurückgefallen. Nachdem Charles [Leclerc] mich überholt hatte, ging es bergab", sagt er.

Norris flüchtet vor Sainz

Aus dem Rhythmus geraten spielte er mit dem Gedanken, es sich hinter Sergio Perez gemütlich zu machen. Der Racing-Point-Pilot lag als Vierter unmittelbar vor ihm, hatte aufgrund von Pitlane Speeding jedoch eine 5-Sekunden-Strafe erhalten, durch die Norris im Rennergebnis ohnehin vorbeigerutscht wäre.

Ausgerechnet die Attacken von Teamkollege Carlos Sainz veranlassten ihn dann dazu, die Flucht nach vorne anzutreten und Sergio Perez anzugreifen. "Carlos war hinter mir und versuchte einfach alles, um vorbeizukommen. Ich wusste, dass ich ihn [Perez] überholen muss", erklärt Norris, der 68. Runde mit einem robusten Manöver in Turn drei vorbeiging.

"Das Manöver war ziemlich aggressiv, aber das musste es in dem Moment auch sein", so Norris, der sich am widerwilligen Perez regelrecht vorbei boxte. Doch erst nach dieser hitzigen Szene sollte die Action für ihn richtig losgehen. Das Team informierte ihn drei Runden vor Schluss über die Strafe Hamiltons.

Lando Norris ergriff in Österreich die Flucht vor McLaren-Teamkollege Carlos Sainz, Foto: LAT Images
Lando Norris ergriff in Österreich die Flucht vor McLaren-Teamkollege Carlos Sainz, Foto: LAT Images

Norris zieht gegen Hamilton alle Register

"Ich nutze alle Motoreinstellungen die ich hatte und reizte die Track Limits und die Kerbs voll aus", so Norris, dessen MCL35 die aggressiven Streckenbegrenzungen im Gegensatz zu den von Sensorproblemen geplagten Mercedes-Boliden besser verkraftete: "Das ist natürlich hart für das Auto, und wenn du nicht musst gehst du das Risiko nicht ein. Aber wir hatten keine Bedenken und deshalb konnte ich hart rangehen."

Die Entscheidung in letzter Sekunde versetzte Norris regelrecht in Ekstase. "Wenn ich nicht die schnellste Runde des Rennens gefahren wäre, auf die ich wirklich sehr stolz bin, würde ich jetzt nicht hier sitzen", sagt er. "Es war der Schlüssel, um in der letzten Runde noch das Podium zu holen."

Seltsames erstes Podium an perfektem McLaren-Tag

Einen Wermutstropfen gibt es bei diesem Meilenstein seiner Karriere dennoch. Der Publikumsliebling aus Großbritannien vermisst in der Quarantäne die passende Atmosphäre. "Die anderen Jungs hier kennen das Podium schon, aber für mich ist es das erste Mal. Die Fans machen das alles erst so besonders, wenn sie mit dir feiern, egal ob sie Fan von dir sind oder nicht", so Norris. "Dass ich das hier nicht mit ihnen teilen kann, macht es schwierig."

Sportlich ist der Tag für ihn und sein Team trotz dieses Umstands ein außergewöhnlicher Erfolg. Norris dritter Platz plus Bonuspunkt für die Fastest Lap und Sainz auf Platz fünf machten den Sonntag für McLaren perfekt. "Ich bin einfach so glücklich, heute Teil dieses Teams zu sein", sagt Teamchef Andreas Seidl gegenüber Sky Sports UK. "Es könnte für das gesamte Team nichts besseres geben, besonders nach dieser schwierigen Phase."

Die Entwicklung von McLaren-Zögling Norris macht den Deutschen besonders stolz. "Sein gesamtes Wochenende war beeindruckend. Er hat wie erwartet gezeigt, dass er nach seiner Rookiesaison als Fahrer den nächsten Schritt gemacht hat", so Seidl voll des Lobes. "Er hat die gesamte letzte Saison sehr gut analysiert und kam noch besser vorbereitet in dieses Jahr. Außerdem ist er was seine Persönlichkeit und seinen Charakter angeht erwachsen geworden. Ich bin mir sicher, dass wir mit ihm in Zukunft noch viel Spaß haben werden."