Mit dem Renault-Saisonlaunch am Mittwoch in Paris ist Esteban Ocon offiziell zurück als Stammfahrer in der Formel 1. Bereits bei den Testfahrten nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi 2019 hatte der Franzose erstmals im Renault gesessen, doch erst jetzt beginnt Ocons Comeback nach einem Jahr unfreiwilliger Auszeit so richtig.

Weil der neue Teamkollege von Daniel Ricciardo erst durch die Winterpause wieder voll auf der Höhe ist - zumindest bekundet Ocon das während des Events in Paris. Der Grund: Eine Auszeit war 2019 wirklich nur im Hinblick auf ein Stammcockpit. Von Ruhepause konnte jedoch keine Rede sein.

Ocon: War nach Simulator-Job für Mercedes zerstört

„Die Saison, die ich hatte, war sehr, sehr anstrengend“, sagt Ocon über sein Jahr als Simulatorfahrer bei Mercedes. „Ich habe mal zwei Tage gar nicht geschlafen, das war ziemlich verrückt. Wie viel ich gereist bin, wie viele Stunden ich im Simulator verbracht habe und dann zur Strecke gereist bin, um dies und das für Mercedes zu machen. Sie haben mich gut eingesetzt, aber eine Menge.“

Die Folge: Zu dem genannten Test in Abu Dhabi sei er in katastrophaler Form gekommen und in Richtung Trainingslager wieder abgereist. „Da war ich so leicht wie noch nie“, sagt Ocon, mit 1,86 Meter Körpergröße ohnehin bekannt als der Schlaks des F1-Fahrerlagers. „Ich war von diesem Jahr regelrecht zerstört.“

No pain, no gain: Ocon zurück in Bestform

Den Winter will der 23-Jährige jedoch genutzt haben, die schlechteste in die beste Form seiner noch jungen Karriere verwandelt haben. „Ich habe die ganze freie Zeit für mein Trainingscamp genutzt, in Höhenlage in den Pyrenäen - wie in der Vergangenheit, aber noch mehr“, berichtet Ocon.

Beispiel? Ocon: „Statt am fünften oder sechsten Januar anzufangen, war ich schon am zweiten da. Statt zu Weihnachten am Abend des 23. nach Hause zu fahren, war ich am 24. da. Sowas eben. Und sonst haben ich Zuhause den ganzen Winter nicht gesehen. Ich war immer wieder in der Fabrik.“

4,5 Kilogramm Muskeln in zwei Monaten

Das Ergebnis könne sich sehen lassen. „Ich habe meine Ziele erreicht. Ich habe 4,5 Kilogramm an Muskeln zugelegt, was für zwei Monate gut ist“, sagt Ocon. „Ich bin also ziemlich zufrieden mit meiner Entwicklung. Das ist eine gute, solide Basis, um loszulegen. Jetzt kann ich es kaum erwarten, das neue Auto in Barcelona zu testen. Wir hatten viel Zeit, um uns vorzubereiten und ich fühle mich bereit für die Herausforderung!“

Die Challenge wird für den 50-fachen GP-Starter jedenfalls nicht kleiner werden als in seinen ersten Jahren in der Formel 1. Statt mit Sergio Perez, bei Force India schon eine hohe Messlatte, bekommt Ocon es bei Renault nun mit GP-Sieger Daniel Ricciardo zu tun.

Eskaliert Ocon gegen Ricciardo wie gegen Perez?

Was bei einem engen Duell mit dem Teamkollegen dann schnell passieren kann, zeigte das Beispiel Perez. Zwischen dem arrivierten Mexikaner und dem jungen, hungrigen Ocon krachte es mehrfach. Der Franzose gelobt jedoch Besserung. „Was bei Force India passiert ist, möchte ich nicht noch einmal machen", verspricht Ocon. „Die Atmosphäre zwischen uns war nicht so gut. Wir kamen uns auf der Strecke zu oft zu nah - das war nicht gut."

Mit Ricciardo stimme die Chemie jedoch besser. „Und wenn es so bleibt, dann wird es viel besser für alle“, sagt Ocon. Nachsatz: „Auch wenn es auf der Strecke anders aussehen kann. Unfälle wollen wir aber nicht haben. Am Start kann das mal passieren, aber so, wie es [damals mit Perez] im Rennen passiert ist, war nicht akzeptabel."

Ocon & Ricciardo: Für beide geht es um viel

Potential für Sprengstoff bieten die jeweiligen Karrierephasen der Teamkollegen jedoch allemal. Ocon muss Ricciardo unbedingt schlagen, will er sich als absoluter Topfahrer erweisen. Immerhin hatte sein alter Erzrivale Max Verstappen den Australier zu deren Red-Bull-Zeiten im Griff.

Andersherum darf sich Ricciardo ebenfalls keine Blöße geben, egal, ob er nun mit Renault verlängern sollte (Status im Team) oder für seinen Aktienkurs auf dem Fahrermarkt für 2021. Auf ein heißes Duell freut sich der Australier jedenfalls. Das kündigte er bereits an.

Dennoch geht Teamchef Cyril Abiteboul nicht von einer Eskalation aus. „Ich denke, sie haben die Erfahrung und Professionalität“, meint der Franzose. Falls es noch knirsche, werde er schon handeln. Abiteboul: „Wenn ich eingreifen muss, dann greife ich auch ein!"