Charles Leclerc gegen Lewis Hamilton. Dieses Duell lieferte beim Italien GP 2019 der Formel 1 Spannung pur. Mit allen Mitteln verteidigte sich der von Start an führende Monegasse gegen den permanent drückenden Weltmeister. Leclerc wehrte sich so hart gegen Hamilton, dass er für ein Manöver in Runde 22 sogar die schwarz-weiße Flagge sah. Eine Verwarnung. Noch so ein Ding, dann hätte es eine Strafe gesetzt.

Als Leclerc in Runde 35 die erste Schikane nicht erwischte, schien es so weit zu sein. Doch der spätere Sieger kam ohne Ermittlung davon. Einen Vorteil hatte sich Leclerc damit ohnehin nicht verschafft. Doch hätte bereits der erste Vorfall mehr als eine Verwarnung verdient gehabt? Immerhin musste Hamilton in der Curva Grande auf die Wiese. Hatte Leclerc nicht ausreichend Platz gelassen und Hamilton von der Strecke gedrückt?

Toto Wolff: Leclerc-Manöver sehr hart, vielleicht über der Linie

Für die Stewards offenbar eine Grauzone, daher die Verwarnung, nicht gleich eine Strafe. Ohnehin hatte die FIA erst in Spa erklärt, die schwarz-weiße Flagge ab sofort wieder häufiger einzusetzen. Analog zur gelben Karten im Fußball. Leclerc selbst versteht allerdings nicht einmal diese letzte Warnung. "Ich war überzeugt, dass da noch eine Autobreite Platz war. Da war ich sehr sicher", sagt der Monegasse.

Hamilton sah es zunächst anders, akzeptiert nach dem Rennen die harte Gangart in letzter Konsequenz jedoch irgendwie. Kritischer urteilt sein Teamchef. "Das Racing war sehr hart, vielleicht etwas über der Linie", so Toto Wolff. Schon vor Wochen hatte er Racing 'an der Grenze zu dreckig' kritisiert. Jetzt schiebt Wolff eine pikante Aussage hinterher: "Lewis wollte unbedingt keinen Zwischenfall. Und unter dem Strich - was sollst du tun? Gibst du dem führenden Ferrari in Monza eine Fünf-Sekunden-Strafe? Das ist ausgeschlossen. Dann brauchen wir eine Polizeieskorte, um hier rauszukommen."

Wolff relativiert pikante Heimvorteil-Aussage: Will Ferrari nichts wegnehmen

Ein ganz besonderer Heimvorteil also für die Scuderia? "Ich will Ferrari und Charles heute aber gar nichts wegnehmen. Sie hatten das stärkste Paket und einen aufstrebenden, großartigen und hart fahrenden jungen Mann. Diese Anerkennung musst du ihm geben", sagt Wolff. Dennoch: Grundlegend war die Nummer für den Österreich drüber.

"Es werden sich noch mehr Autos berühren, es wird mehr zu üblichen Praxis werden. Meiner Meinung nach wird es wieder zu einer Kollision kommen und dann werden wir zurückrudern. Modus Operandi. Bis dahin ließen wir sie Rennen fahren", meint Wolff.

Wolff warnt: Irgendwann endet es in der Wand

"Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass die Jungen, die in die F1 kamen, vielleicht etwas aggressiver waren. Diese Manöver können in der Wand enden, wenn niemand aufgibt. Heute hat der Fahrer, der um die Fahrerweltmeisterschaft fährt, Charles gerettet und sich selbst gerettet", ergänzt Wolff. Heißt im Klartext: Für Wolff verhinderte Hamilton Schlimmeres, weil er nicht maximal dagegen hielt, die WM im Kopf hatte. Bloß kein Ausfall.

"Lewis wusste genau, was er tat, er hat es gerettet, er hat bei dem Vorfall keine Teile verloren. Er hätte auch entscheiden können, dass es passiert und die zwei Autos aus dem Rennen nimmt", sagt Wolff. Das werde früher oder später anders ausgehen. Und dann werde die Formel 1 aufwachen, etwas an der seit Spielberg liberaleren Gangart ändern müssen. "Diese Dinge müssen passieren."

Wolff fragt: Strafe wenn Hamilton Flügel verliert?

Sollten sie aber nicht. Wolff würde lieber eine Reaktion sehen, bevor etwas geschieht: "Für mich ist es irgendwie eine wiederkehrende Sache - bis es zu einer Situation kommt, die für den, der etwas aggressiv ist, etwas schrecklich ist. Und da sind wir noch nicht. "Interessant wäre doch gewesen, ob es eine Strafe gewesen wäre, wenn es darin geendet wäre, dass Lewis einen Frontflügel verliert oder beide Autos in der Mauer sind."