Der Crash von Max Verstappen und Esteban Ocon bei einem Überrundungsvorgang im Brasilien GP 2018 in Sao Paulo hält die Formel 1 in Atem. Erst eskalierte die Situation auf der Strecke, dann auch im Parc fermé. Verstappen und Ocon teilten verbal heftig gegeneinander aus. Von Pussy und Idiot bis gewalttätig und unprofessionell war so ziemlich alles dabei.

Damit nicht genug: Der Niederländer wurde sogar handgreiflich, schubste den Franzosen beim obligatorischen Wiegen und kassierte dafür eine Strafe. Doch neben Handgemenge und Crash selbst führte der Konflikt sogar noch auf eine dritte Ebene. Dafür sorgte Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko.

Marko sauer: Mercedes-Junior schießt Verstappen ab

"Ein Mercedes-Fahrer, dem für 2020 ein Sitz versprochen wird, der dem Führenden ins Auto fährt - unglaublich", tönte der Österreicher bei Motorsport-Magazin.com. Ähnliches steckte Marko auch diversen TV-Stationen. Keine zufällige Aussage also. Dafür ist umso klarer, was gemeint ist. Marko unterstellt Mercedes-Junior Ocon damit Absicht, um seine Aktien auf Cockpit für die Zukunft bei den Silberpfeilen zu verbessern.

Eine harte Anschuldigung. Für Ocons Team Force India eine Verschwörungstherorie. "Das ist Unsinn", sagt Teamchef Otmar Szafnauer im Exklusivinterview mit Motorsport-Magazin.com. "Der Grund dafür war, dass wir einen wirklich schlechten Boxenstopp hatten. Der dauerte fünf Sekunden statt zweieinhalb Sekunden. Nur deshalb waren wir überhaupt in dieser Position. Ansonsten wären wir nicht einmal in der Nähe gewesen. Derartige Überlegungen finden nicht statt, das ist Unsinn", betont Szafnauer nochmals.

Force India: Red Bulls Verschwörungstheorie Unsinn

Esteban Ocon selbst weist ein solches Komplott gegen Red Bull ebenfalls entschieden von sich. "Ganz klar nein! Ich kämpfe für mein eigenes Rennen. Das hat damit gar nichts zu tun", sagt der Franzose als er mit den Anschuldigungen konfrontiert wird. Fast genauso hält es die letzte betroffene Partei: Mercedes. Nur, dass Teamchef Toto Wolff die Anschuldigung für derart absurd hält, dass er sich kaum genötigt sieht, so richtig zurückzupoltern.

Eindeutige Worte findet der Österreicher dennoch für seinen Landsmann, zu dem die Beziehung bekanntlich ohnehin nicht die beste in der Formel 1 ist. "So sieht Dr. Marko eben die Welt und dabei will ich es belassen. Ich will mich nicht auf dieses Niveau begeben. Wir haben heute einen fünften Konstrukteurstitel zu feiern", sagt Wolff. Genau sieht es jemand von der Gegenseite. Red Bulls Teamchef Christian Horner unterschreibt die Marko-These nämlich nicht. "Das war einfach ein Zufall", tut der Brite die Mercedes-Fahrer-Theorie ab. "Da gibt es keinen Zusammenhang. Aber diese beiden Fahrer haben einfach eine Vorgeschichte, die bis in ihre Zeiten im Kart reicht."

Toto Wolff: Lasse mich gar nicht erst auf dieses Niveau ein

Die Szene selbst sei einfach sehr unglücklich gewesen, dem Fakt geschuldet, dass Ocon schlicht auf einem sehr viel frischeren Reifen, in einer ganz anderen Rennsituation gewesen sei, so auch Wolff. "Es war ein Vorfall, von dem ich mir sicher bin, dass Esteban in viel lieber vermieden hätte statt sich jetzt mit all der Kritik in der Presse ausgesetzt zu sehen", verteidigt Wolff Ocon für dessen ungewohnten Aussetzer. Eigentlich gilt der Franzose nämlich als regelrechter Saubermann, fährt grundsätzlich überlegt, mit Hirn.

Nicht jedoch an diesem Sonntag. Auch wenn Zurückrunden erlaubt ist, war die Art in diesem Fall zu aggressiv. Das zeigt die harte Strafe der Stewards (10 Sekunden Stop&Go), das zeigt die Einschätzung von Rennleiter Charlie Whiting: "Inakzeptabel!"

Formel-1-Experten diskutieren: Absicht?

Aber Absicht, weil er Mercedes-Junior ist? Neutrale Beobachter hegen Zweifel. "Nein, nein", winkt etwa Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner ab. "Ach, der Doktor zürnt. Das sind doch alles Theorien. Quatsch, der Ocon hatte ein Auto, das auf frischeren Reifen gut ging. Da hat er sich gedacht, ich versuch' es", so Danners klare Einschätzung.

Die Aktion an sich sei aber durchaus mehr als fragwürdig gewesen. Danner: "Aber wie er es versucht hat, war dumm. Das geht nicht. Du musst vom Führenden weg bleiben. Der Verstappen hat auf der Rennstrecke alles richtig gemacht, dem kannst du da nichts vorwerfen.

Villeneuve: Gegen einen Mercedes hätte Ocon das nicht gemacht

Formel-1-Legende Sir Jackie Stewart teilt diese Einschätzung. Vorsatz sei es sicher nicht gewesen. "Nein, das denke ich nicht", so der Brite im Interview mit Motorsport-Magazin.com. Für die pikante Reaktion Red Bulls zeigt Stewart dennoch Verständnis: "Für sie war es eine enorme Enttäuschung. Verstappen hatte es verdient dieses Rennen zu gewinnen."

Einzig Jacques Villeneuve sieht es einmal mehr etwas anders. "Er hätte niemals versucht, einen Mercedes zu überholen", sagt der Kanadier vielsagend zu Motorsport-Magazin.com. Pure Absicht unterstellt jedoch auch Villeneuve nicht. "Aber er hat sich vielleicht gefreut, Max mal zwei oder drei Runden aufzuhalten und sich dann nochmal überrunden zu lassen."