Im 1. Freien Training der Formel 1 in Russland fuhren gleich vier Teams Freitagsfahrer auf. Artem Markelov war bei Renault erstmals am Rennwochenende im Einsatz, für Force-India-Pilot Nicholas Latifi war es die dritte Teilnahme. Während die beiden noch weit von einem Stammcockpit in der F1 entfernt sind, saßen bei McLaren und Sauber schon die zukünftigen Piloten mit frisch unterschriebenen Verträgen im Auto.

"Ich kann sagen, dass ich jetzt viel ruhiger bin", sagte Antonio Giovinazzi, der erst am Dienstag vor dem Rennwochenende in Russland bei Alfa Romeo Sauber für die Saison 2019 als Teamkollege für Kimi Räikkönen bekanntgegeben wurde. Der Italiener ist als Freitagsfahrer längst ein alter Hase, saß 2017 schon an sieben Rennwochenenden bei Haas im Cockpit und dieses Jahr zwei Mal für Sauber.

Ähnlich wie bei seinen beiden Einsätzen als Ersatzpilot im Sauber, als er 2017 in Australien und China für den verletzten Pascal Wehrlein einsprang, überzeugte Giovinazzi in seinen Trainings längst nicht jeden im Fahrerlager. Eine gewisse Fehleranfälligkeit ließ sich beim Ferrari-Junior nicht verleugnen. Mit dem Vertrag für 2019 in der Tasche zeigte Giovinazzi in Russland mit Platz zehn im FP1 aber gleich einmal auf.

Giovinazzi mit Vertrag ganz entspannt: Früher musste ich etwas beweisen

"Es war meine erste Session nach diesen Neuigkeiten für nächstes Jahr. Ich war schon auf dem Weg zum Auto wirklich gelassen, einfach mit der Einstellung den bestmöglichen Job für das Team zu machen und die Strecke zu lernen", so Giovinazzi, der auf dem Sochi Autodrom weder in der Formel 3 noch in der GP2 Rennen bestritten hatte.

"Früher kam ich immer an die Strecke, um etwas zu beweisen, um ein Cockpit zu bekommen", erklärt er seine einstige Herangehensweise bei den Trainingssessions. "Dieses Mal habe ich nur an nächstes Jahr gedacht und daran, einen guten Job zu machen und das Auto für nächstes Jahr zu verbessern." Am Ende lag er drei Zehntel vor dem zukünftigen Ferrari-Piloten Charles Leclerc.

Die Aussagekraft der Timing Screens nach einem freien Training ist zwar nur äußerst begrenzt, der zehnte Platz war für Giovinazzi dennoch ein Grund zur Freude: "Es war gut in den Top-10 zu sein, denn es war mein erstes Top-10-Ergebnis in der Formel 1. Nach der Vertragsunterschrift war es schön, das zu feiern", so der 24-Jährige.

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Norris macht den Spagat: Formel 2 und Formel 1 nicht ideal

Die Tinte unter Lando Norris' McLaren-Vertrag für 2019 ist längst getrocknet. Schon nach Monza wurde er in Woking bekanntgegeben, war beim darauffolgenden Wochenende in Singapur aber nicht als Freitagsfahrer im Einsatz. In Sotschi war er zurück im MCL33. Wieder wartete für ihn zusammen mit der Formel 2 eine Doppelbelastung.

Im FP1 landete er als 13. rund anderthalb Zehntel vor Teamkollege Stoffel Vandoorne. "Es ist nicht einfach, wenn du von der Formel 2 in die Formel 1 wechselst und zurück", erklärt der Brite, für den neben dem F1-Training auch das Training und die Qualifikation für die Formel 2 anstanden. Letztere schloss er als Zweiter ab, vor Titelrivale und Mercedes-Junior George Russell.

"Manchmal vergesse ich Dinge oder mache Fehler, die ich eigentlich nicht machen sollte", so Norris über das ständige Hin und Her zwischen Formel 2 und Formel 1. Seine Prioritäten sind jedoch klar: "Das ist natürlich nicht ideal. Aber F1 ist größer als F2. So sehr ich auch in der Formel 2 gewinnen will, die Formel 1 ist wo ich nächstes Jahr fahren werde und hoffentlich eine Karriere haben werde."

Norris legt Wert auf F1: Dummheiten in der Formel 2 nicht so schlimm

Andererseits ist der Formel-2-Titel bei 22 Punkten Rückstand und noch vier ausstehenden Rennen in Reichweite. Wohl auch deshalb hat sich Norris bei seinem Formel-2-Team Carlin längst nicht aus dem Tagesgeschäft verabschiedet. "Ich bin bei Carlin und gehe die Daten vom letzten Rennwochenende durch, schaue mir an wo ich Probleme hatte. Es ist nicht so, dass ich nichts mehr für die Formel 2 mache. Ich bin bei McLaren im Simulator und auch bei Carlin. Ich mache so viel ich kann für beide", so der 19-Jährige.

"Aber ich muss sicherstellen, dass ich hier [in der Formel 1] keine Dummheiten mache, wohingegen ich es mir in der Formel 2 eher leisten kann, mit einer Dummheit davonzukommen." Dummheiten leistete er sich am Freitag in Sotschi letztendlich nur im McLaren, als er sich auf einem Run drehte. Der Fahrfehler blieb jedoch ohne Konsequenzen.

Norris: Auto bewegt sich in der Formel 2 viel mehr

"Das Formel-1-Auto fährt sich viel schöner", sagt Norris dennoch. "Der Formel 2 macht Spaß, er bewegt sich viel mehr, du hast mehr Über- und Untersteuern, während das Formel-1-Auto generell besser zu fahren ist." Durch zwei Freitagseinsätze in Spa und Monza sowie regelmäßigen Testfahrten seit den Ungarn-Tests 2017 weiß er aber, worauf er bei der Umstellung besonders achten muss.

"Die Reifen sind in der Formel 1 eine große Sache, genau wie der Anpressdruck und die Leistung. Aber die Bremsen sind der größte Unterschied. Das macht sich bis in die Kurve hinein bemerkbar", so Norris, der in der Formel 2 die Kurven mit weniger Motorleistung zwar langsamer anfährt, aber trotz Karbonbremsen früher bremsen muss.

"Es fühlt sich so an, als ob das Auto nicht verzögert. Auch der Übergang vom Einlenken zum Lösen der Bremse ist anders. Und das Bremsen beeinflusst wirklich die gesamte Kurve. Wenn du das nicht richtig machst, geht der Rest auch schief", so Norris, der zu Beginn des FP1 übrigens Fernando Alonso gleich mal glücklich machte.

"Er hat 20 Minuten am Ende der Boxengasse gewartet und damit für mich ein paar Positionen gutgemacht. Ich bin mit seinem Job heute echt zufrieden", scherzt der Spanier, der aufgrund eines Motorwechsels in Russland mit einer Startplatzstrafe belegt wurde. Da neben ihm auch Red Bull und Toro Rosso Grid Penalties kassierte, galt es für eine bessere Startposition vor der Konkurrenz im FP1 als erstes Auto auf der Strecke zu sein.

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Latifi und Markelov spielen fleißiges Lieschen

Mit 22 beziehungsweise 24 Runden spulten Markelov und Latifi für ihre Teams ein ordentliches Pensum ab. Vor allem der Russe freute sich darüber, bei seiner Premiere nicht von Problemen heimgesucht worden zu sein. "Ich war sehr aufgeregt hier heute zu fahren und bin sehr glücklich mit allem", so der Formel-2-Pilot. In der Zeitenliste landete er als 15. eine Sekunde hinter Stammpilot Nico Hülkenberg.

"Das Team hat mir gutes Feedback gegeben und es war eine tolle Erfahrung. Ich habe mich schon nach der zweiten Runde richtig gut gefühlt. Vielen Dank an Renault für diese erste Erfahrung in einer offiziellen Session", so Markelov, der das F2-Qualifying im Gegensatz zu Norris nur als 19. abschloss.

Latifi wurde anderthalb Sekunden hinter Stammpilot Esteban Ocon 17. Der Kanadier, dessen Vater diesen Sommer als Shareholder bei McLaren einstieg, half dem Team dabei, das in Singapur erstmals eingesetzte Upgrade am VJM11 weiter zu erforschen. "Das Team lernt immer noch über das neue Upgrade-Paket und ich habe mich gefreut, mehr Daten dafür sammeln zu können", so Latifi.