Beim Formel-1-Team von McLaren rollte mit der Entlassung des Racing Directors Eric Boullier vor dem Heimrennen in Silverstone der nächste Kopf. Nach Freddo-Gate und diesem personellen Einschnitt soll in Woking endlich Ruhe einkehren. Die Performance-Defizite werden allerdings auch an diesem Wochenende wieder auf der Rennstrecke bearbeitet. Ein alles andere als optimaler Zustand für Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne.
"Es hat auf jeden Fall Einfluss auf unsere Trainings am Freitag", so Alonso, der vor einer Woche im ersten Training sogar mit Aero-Rakes unterwegs war und selbst am Nachmittag noch auf den hinteren Plätzen Williams Gesellschaft leistete. "Wir mussten im FP2 immer noch Zeit aus dem ersten Training aufholen. Wir nutzen den Freitag etwas mehr als reine Testsession anstatt Feintuning an der Performance zu betreiben", erklärt der Spanier.
In Spielberg landete er im Qualifying auf dem 13. Platz, was in der Saison 2018 mehr oder weniger die angestammte Position des MCL33 am Samstag darstellt. Für Alonso ein Beleg dafür, dass die Testarbeit am Freitag keinen negativen Einfluss hat: "Ich denke nicht, dass wir für das Qualifying oder das Rennen nicht ausreichend vorbereitet sind." Doch warum muss sich McLaren am Rennwochenende überhaupt mit Testfahrten abmühen?
McLaren im Windkanal-Nirvana: Auto kann nicht weiterentwickelt werden
Der Grund ist nicht nur der Performance-Rückstand des Boliden alleine, wie McLarens CEO Zak Brown gegenüber Motorsport-Magazin.com erklärte. "Wir haben die Bereiche identifiziert in denen wir Probleme haben. Es geht um die Aerodynamik, aber es ist etwas das wir im Windkanal nicht sehen können. Wir können das Problem dort nicht nachstellen und demzufolge auch nicht lösen", so der US-Amerikaner. "Also müssen wir versuchen die Probleme auf der Strecke in den Griff zu bekommen."
Eine mehr als unorthodoxe Vorgehensweise, zumal McLaren sogar über den Luxus verfügt auf zwei Windkanäle zurückgreifen zu können. Neben dem eigenen im McLaren Technology Center in Woking nutzen die Ingenieure auch regelmäßig den in Köln gelegenen Windkanal von Toyota. Dort entwickelten die Japaner einst ihre F1-Boliden und heute auch noch den LMP1-Prototypen.
"Der Windkanal von Toyota ist in Ordnung. Es ist auch kein Windkanal-Problem sondern es liegt an der Charakteristik des Autos, dass du nicht alles simulieren kannst. Das was wir als Schwachstellen identifiziert haben, zeigt sich im Windkanal einfach nicht, egal ob bei Toyota oder bei uns", so Brown. "Durch die Testbeschränkungen müssen wir leider auf der Rennstrecke entwickeln, während die meisten anderen Teams schon ihren Entwicklungsplan verfolgen."
McLaren: Reglement 2018 der Grund für schwache Performance
McLaren räumte mittlerweile ein, dass der MCL33 in Sachen Chassis schwächer ist als sein Vorgänger. Die Gründe dafür sollen in den Änderungen des Reglements liegen. Auch wenn diese für 2018 auf der technischen Seite nicht besonders gravierend ausfielen, sollen sie der Ursprung der Probleme sein. "Wir haben dieses Jahr ein paar Teile nicht mehr, die letztes Jahr noch hinten am Auto waren", bezieht sich Alonso auf den Wegfall von T-Wing, Finne und Monkey Seat.
Das Verbot dieser drei Bauteile zu kompensieren ist laut ihm die Ursache für die Defizite in der aktuellen Saison. "Das Team hat wohl nicht den richtigen Weg gefunden, mehr Downforce und Performance zu finden um die Verluste dieser Regeländerungen zu kompensieren", so der 36-Jährige. "Wir versuchen nun aus jeder Session das Maximum herauszuholen und in den Trainings Daten zu sammeln, die wir analysieren können."
Alonso kann Erfolgschancen nicht abschätzen: Red Bull ist das beste Beispiel
Inwiefern McLaren damit wieder zurück in die Erfolgsspur findet, vermag aber auch der zweimalige Champion nicht abzusehen. "Wenn wir uns Red Bull anschauen mit der Erfahrung und der Wettbewerbsfähigkeit die sie mit ihren Chassis haben. Selbst sie haben seit 2013 um keine Weltmeisterschaft gekämpft", so Alonso. "Das ganze Paket, das Verständnis für die Reifen, es sind so viele Dinge die zusammenkommen müssen um ein WM-fähiges Auto zu haben. Red Bull ist das beste Beispiel."
Brown wurde mit dem Rücktritt Boulliers nun erstmals die Chance gegeben, die Leitung des Rennteams vollständig nach seinen Wünschen aufzustellen. Der US-Amerikaner hat keinen Zweifel, der Herausforderung McLaren gewachsen zu sein. "Nachdem ich in der Vergangenheit schon einige Businesses geleitet und Herausforderungen sowie Probleme überwunden habe, kann ich sagen, dass wenn du sie richtig angehst, du stärker daraus hervorgehen wirst."
Während Boullier seit Anfang 2014 im Team war, stieß Brown erst Ende 2016 dazu. Nach anderthalb Jahren erbittet er sich noch etwas Zeit, um die Weichen richtig zu stellen. "Ich wünschte wir könnten schneller entwickeln und die Probleme schneller lösen. Aber es braucht Zeit. Alles was wir tun können, ist weiter hart zu arbeiten."
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