Im Rahmen des Grand Prix von Brasilien 2017 eskalierte der Streit zwischen Toro Rosso und Renault endgültig. Team und Motorenhersteller schoben sich für die vielen Defekte gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Nächstes Jahr wird das Team mit Honda-Power unterwegs sein, doch Fernando Alonso macht Toro Rosso nur wenig Hoffnung.

"Ich denke, für Toro Rosso ist der Mangel an Power in Hinsicht des kommenden Jahres wirklich besorgniserregend", so der McLaren-Pilot nach dem Rennen in Sao Paulo, bei dem er als Achter die Ziellinie überquerte. Die gesamte Distanz über biss er sich am Williams von Felipe Massa die Zähne aus. Dass er nicht vorbeikam, lag für Alonso einzig und allein am unterpowerten Honda-Aggregat, das mit dem Mercedes-Motor im Williams nicht mithalten konnte.

Der zweimalige Weltmeister sagt Toro Rosso eine düstere Saison 2018 hinaus, mit einer sowohl unzuverlässigen als auch nicht konkurrenzfähigen Power Unit aus Japan. Andererseits wird er im Gegenzug bei McLaren mit den Renault-Motoren unterwegs sein, die in den vergangenen Wochen regelmäßig den Dienst quittierten. Nach seiner Zeit mit Honda glaubt der 36-Jährige allerdings, dass es schlimmer sowieso nicht kommen kann: "Ich mache mir da keine Sorgen. Es ist wirklich kein Vergleich, wir hatten viel mehr."

Alonso sicher: Renault trotz Defekten eine bessere Wahl als Honda

Nach einem Aufwärtstrend in der Saison 2016 erlebte McLaren Honda dieses Jahr ein Desaster. In Sachen Zuverlässigkeit und Performance stand das Team plötzlich wieder ganz am Anfang. "Wenn wir an die Präsentation des McLaren im Februar zurückdenken, mit einem neuen Reglement und vier Monaten Entwicklungszeit für den Motor, waren die Erwartungen für dieses Jahr ganz andere. Sowohl bei mir als auch beim Team. Am Ende Neunter in der Konstrukteurs-WM zu sein und bisher zwölf Motoren gebraucht zu haben - das kann für niemanden im Team eine gute Saison gewesen sein", so Alonso.

Statt sich über Renaults Probleme Gedanken zu machen, verweist er auf die erfolgreiche Vergangenheit der Franzosen, zu welcher er mit seinen beiden WM-Titeln 2005 und 2006 ebenfalls seinen Teil beitrug. "Renault war der beste Motorenhersteller in den letzten 15 oder 20 Jahren, wenn du auf die ganzen Weltmeistertitel schaust. Wir sollten uns da keine Sorgen machen", so der Spanier. Seit 1996 gewannen Teams mit Renault-Power acht Fahrer-Weltmeisterschaften. Ferrari holte seitdem sechs Titel, Mercedes kommt ebenfalls auf acht.

Was Alonso dabei jedoch außenvorlässt, ist die Tatsache, dass Renault in der Formel 1 bisher lediglich mit Saugmotoren erfolgreich war. Zwar führten die Franzosen im Jahr 1977 die Turbo-Technologie in der Formel 1 ein, doch scheiterte man in der ersten Turbo-Ära in den 1980er Jahren mehrmals knapp am Titel. Mit den seit 2014 eingesetzten Hybrid-Turbo-Motoren kann der Hersteller bisher nur auf Einzelerfolge zurückblicken.

Übersicht der eingesetzten Power-Unit-Elemente in der Formel-1-Saison 2017

Team/FahrerICETCMGU-HMGU-KESCEAusfälle
Renault1011127886
Nico Hülkenberg5564444
Jolyon Palmer / Carlos Sainz5663442
Red Bull1211146886
Daniel Ricciardo6683443
Max Verstappen6563443
Toro Rosso12131769105
Daniil Kvyat / Pierre Gasly5793452
Carlos Sainz / Brendon Hartley7683553
McLaren1923231714139
Fernando Alonso911118767
Stoffel Vandoorne1012129772

Honda im Verhältnis unzuverlässiger als Renault

Nachdem das Token-System abgeschafft wurde, setzte Renault für 2017 auf eine komplette Neuentwicklung der Power Unit. Doch schon bei den Wintertestfahrten standen die Boliden von Renault, Red Bull und Toro Rosso regelmäßig mit Defekten in der Box. In der ersten Saisonhälfte litt vor allem Red Bull unter den Zuverlässigkeitsproblemen. Von Max Verstappens sieben Ausfällen 2017 gingen drei auf die Kappe der Power Unit. Daniel Ricciardo musste ebenfalls drei Mal aufgrund von Motorproblemen vorzeitig Feierabend machen.

In der zweiten Saisonhälfte befiel der Defekt-Teufel dann Toro Rosso. Mittlerweile ist das kleine italienische Team bei einigen Power-Unit-Elementen fast schon auf Honda-Niveau angelangt. In Belgien kassierte Kvyat, damals noch in Diensten von Toro Rosso, für Verbrennungsmotor Nummer fünf die erste Startplatzstrafe. Von da an gab es kein Rennwochenende, an dem das Team ohne Grid Penalty davonkam. Renault selbst blieb jedoch auch nicht von den Unzulänglichkeiten des hauseigenen Antriebes verschont.

Nico Hülkenberg und Jolyon Palmer mussten in Monza für die fünfte MGU-H die erste Strafversetzung hinnehmen. Danach gingen dem Werksteam Reihenweise Punkte durch die Lappen. Hülkenberg fiel in Singapur auf Platz vier liegend aufgrund eines Ölverlustes aus. In Mexiko war auf Position acht mit einem Motordefekt Feierabend. Unter dem Strich kommen die Renault-Teams im Vergleich mit McLaren Honda jedoch noch relativ gut weg.

Werden die Zahlen der in dieser Saison bisher eingesetzten Power-Unit-Komponenten ins Verhältnis gesetzt, kommt Honda im Vergleich zu Renault auf einen deutlich höheren Verschleiß - trotz des Umstandes, dass die Japaner nur zwei statt wie die Franzosen sechs Fahrzeuge ausrüsten. Honda kommt zum Beispiel auf 19 Verbrennungsmotoren, während Renault für alle drei Teams bisher nur 15 mehr benötigte. Im Durchschnitt werden per Fahrzeug bei McLaren teilweise doppelt so viele Komponenten gebraucht, wie bei den Renault-Teams.

Renault vs. Honda: Power-Unit-Elemente 2017 im Verhältnis

HerstellerICETCMGU-HMGU-KESCEAusfälle
Renault34354319252617
Ø per Auto5,665,837,163,164,164,33
Honda1923231714239
Ø per Auto9,511,511,58,5711,5