Zum ersten Mal in der Formel-1-Saison 2017 scheint McLaren Honda alles richtig gemacht zu haben. Auf dem Hungaroring gab es das von langer Hand geplante Top-10-Resultat - und das sogar für beide Fahrer. Fernando Alonso machte seine Truppe als Sechster zum Best of the Rest hinter den Top-Teams und schmückte sich obendrein noch überraschend mit der schnellsten Rennrunde. Auf der anderen Seite der Garage freute sich Stoffel Vandoorne als Zehnter über seine ersten Zähler in diesem Jahr. In der Gesamtwertung wurde die rote Laterne damit an Sauber abgegeben.
"Die schnellste Runde war eine Überraschung. Die nehme ich wirklich wie ein Geburtstagsgeschenk", freut sich Alonso, der sich einen Tag nach seinem 36. Geburtstag völlig unerwartet die 23. schnellste Rennrunde seiner Karriere sicherte. Viel wichtiger als das war ihm natürlich das erwartete und erfolgreich realisierte Resultat. Mit Platz sechs lief es für ihn das erste Mal in dieser Saison endlich so richtig nach Plan: "Es fühlt sich großartig an. Wir haben das ganze Wochenende dafür gearbeitet und uns keine Fehler erlaubt."
In Spanien und Monaco gelang es McLaren nicht, ein starkes Qualifying-Resultat in ein gutes Ergebnis umzumünzen. "Es gibt diese drei oder vier Wochenenden im Jahr, bei denen wir wissen, dass wir konkurrenzfähig sind. Doch manchmal wenn du solche Möglichkeiten hast, machst du hier und da Fehler", erklärt Alonso, dem die Erleichterung nach dem blitzsauberen Wochenende ins deutlich anzumerken war: "Wir hatten ein gutes Training, gute Qualifying-Runden und ein perfekt ausgeführtes Rennen. Jetzt gehen wir mit einem Lächeln im Gesicht in die Sommerpause."
Ein Spaziergang war die Hitzeschlacht auf dem Hungaroring für Alonso aber keineswegs. Am Start verlor er eine Position gegen Landsmann Carlos Sainz, gegen den er sich daraufhin über weite Strecken einen harten Kampf lieferte. "Am Start wurde es eng zwischen uns, erst in Kurve 1 und dann auch in Turn 2", so Alonso, der danach sofort Druck machte. "Von da an war es eine sehr schwierige Aufgabe mich gegen Fernando zu verteidigen, den er war heute viel schneller als wir", sagt Sainz, dem dies immerhin bis Runde 36 erfolgreich gelang.
Alonso setzt sich mit "Kamikaze-Moves" gegen Sainz durch
Die bequeme Variante, nämlich Sainz beim Boxenstopp zu kassieren, gelang der McLaren-Mannschaft jedoch nicht. In Runde 35 kamen Alonso und Sainz zeitgleich zum Reifenwechsel, doch der Toro-Rosso-Pilot konnte seine Position behaupten. "Danach dachte ich, dass ich das Rennen hinter ihm beenden würde", sagt Alonso, der in der von ihm gewohnten Samurai-Manier trotzdem nicht eine Sekunde ans Aufgeben dachte: "Ich wusste, dass ich auf den neuen Reifen zwei Runden habe, in denen ich sie richtig rannehmen kann."
Genau das tat Alonso dann auch und startete seine Blitz-Offensive gegen Sainz quasi unverzüglich. "Ich habe zwei oder drei Kamikaze-Moves gemacht, einfach um etwas anderes zu versuchen", erklärt der zweimalig Weltmeister, der sich in Turn 1 erst innen vorbeibremste, die Linie nicht halten konnte und es daraufhin in der zweiten Kurve gleich noch einmal versuchte. Auf der Außenbahn gelang es ihm, das Manöver erfolgreich zum Abschluss zu bringen. "Es hat gut funktioniert", so Alonso, der dem Gegner für seine harte Gegenwehr Rosen streute: "Carlos hat wieder einen tollen Job gemacht. Mit den Plätzen sechs und sieben können wir beide sehr stolz auf uns sein."
Vandoorne patzt beim Boxenstopp
Während Sainz von der Spitze überrundet wurde, war Alonso der letzte Fahrer im Feld, der bei der Zieldurchfahrt noch in der Führungsrunde lag. Im vorletzten Umfeld krönte der Spanier seinen Sonntag dann mit der schnellsten Rennrunde. Stoffel Vandoorne rundete das Team-Ergebnis als Zehnter ab. "Ich bin natürlich glücklich für das Team, dass wir mit beiden Autos Punkte geholt haben", so der Belgier, für den es der erste Zähler in der Saison 2017 war.
Im Gegensatz zu Alonso lief für ihn jedoch nicht alles nach Plan. "Ich denke, für mich wäre etwas mehr drin gewesen", erklärt der 25-Jährige, der sich beim späten Reifenwechsel in Runde 42 selbst ein Bein stellte. "Wir hatten auf die Abstände nach hinten geschaut und versucht, ein paar Leute die auf Verkehr aufliefen per Overcut zu überholen. Leider habe ich beim Boxenstopp einen Fehler gemacht und stand zu lange", erklärt er. Genau wie für den Teamkollegen zählt für ihn einzig die Tatsache, dass McLaren es ohne neuerliches Defekt-Chaos durch das Wochenende schaffte.
"Wir haben bewiesen, dass wir auf den Kursen wo wir gute Chancen haben, auch abliefern können", so Vandoorne. Alonso sieht zudem einen positiven Schub für die Moral innerhalb des Teams: "Die Jungs haben ein paar schöne Ergebnisse verdient. Sie haben sehr hart gearbeitet, aber manchmal sehen wir das Resultat davon nicht, weil wir auf manchen Kursen nicht konkurrenzfähig sind. Platz sechs ist ein gutes Resultat und eine gute Motivation vor der Sommerpause."
McLaren rechnet mit harten Zeiten
Budapest war für McLaren zweifelsohne der vorläufige Höhepunkt in dieser Saison. Abgesehen vom Hungaroring und Monaco, welche der Formel-1-Tross in der ersten Saisonhälfte beide hinter sich gebracht hat, rechnet sich McLaren hauptsächlich in Singapur noch einmal gute Chancen aus. Ansonsten rechnet man in Woking aber erneut mit harten Zeiten. "Natürlich wissen wir auch, dass es im Gegensatz dazu ein paar Rennen gibt, bei denen es für uns sehr hart wird", so Alonso.
Zwei davon, so glaubt er, stehen gleich nach der Sommerpause an: "Die nächsten beiden Rennen in Spa und Monza werden sehr schwierig für uns", fügt er an. In der Gesamtwertung liegt McLaren mit elf Punkten nun vor Sauber und damit erstmals nicht am Ende der Tabelle. "Das Ergebnis aus Ungarn müssen wir genießen. An die schwierigen Rennen denken wir, wenn sie an der Reihe sind", sagt Alonso. Genossen hat Alonso auch seinen Auftritt im Parc Fermé.
Obwohl er nicht auf dem Podium stand, durfte er sich kurzzeitig zu den Siegern gesellen - denn das Parc Fermé war mit einem Gemälde Alonsos geschmückt. Dieses zeigte das wohl bekannteste Motiv des beliebten Spaniers: Im Liegestuhl in Interlagos. "Dieses Bild ist mittlerweile so berühmt... wir liegen in der Gesamtwertung so weit hinten und es gibt einen fantastischen Kampf zwischen Ferrari und Mercedes. Trotzdem sind wir in solchen Bildern noch präsent", merkt er an und richtet sein Wort an die Zuschauer: "Wir wünschen allen F1-Fans schöne Ferien."
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