Renault hat nach dem zweiten Test von Robert Kubica in einem Boliden von 2012 erstmals geäußert, dass der Pole für die Saison 2018 eine Option ist. Bei seinem Outing in Le Castellet überzeugte der Pole in der vergangenen Woche abermals hinter dem Steuer des Lotus E20. Zuvor hatte er bereits den Renault R.S.17 im Simulator getestet. Das Testprogramm, dem Renault seinen ehemaligen Piloten in diesen Wochen unterzieht, nährt permanent die Spekulationen um eine mögliche Grand-Prix-Rückkehr des 32-Jährigen - als Ersatz für den in die Kritik geratenen Jolyon Palmer. In Budapest hätte Renault erstmals die Gelegenheit, Kubicas Tauglichkeit für den Ernstfall zu erproben.

"Was ich sagen kann, ist, dass er immer noch schnell und konstant ist - und noch viel wichtiger, dass er immer noch diese Energie und diesen Hunger hat, diesen Enthusiasmus den er immer schon hatte", so Renault Managing Director Cyril Abiteboul hinsichtlich Kubicas zweitem Test auf dem Circuit Paul Ricard in Südfrankreich. Der Franzose will sich zwar immer noch nicht festlegen, doch alle bisherigen Tests mit dem Rückkehrer brachten die Erkenntnis, dass es "keine offensichtlichen Hindernisse" hinsichtlich seiner physischen Konstitution gibt.

Außerdem stellte Abiteboul klar, dass es sich bei den Tests mit Kubica keineswegs um reine Show handelt. "Wir machen das nicht aus PR-Gründen, obwohl wir natürlich sehen, dass es in den Medien viele Erwartungen und viel Aufmerksamkeit erzeugt", so Abiteboul, der betont, dass Renault die Träume und Ambitionen des 76-fachen Grand-Prix-Teilnehmers unter keinen Umständen ausnutzen würde: "Robert bedeutet uns viel zu viel, als dass wir so etwas machen würden."

Was diese Tests Kubica bedeuten, steht außer Frage. Über viele Jahre hinweg blieb er der Formel 1 fern, betonte selbst, dass er nur ungerne im Paddock mit all dem konfrontiert werden würde, was er bei seinem schweren Rallye-Unfall Anfang 2011 verlor. Angebote für Tests schlug er aus denselben Gründen konsequent aus. Dass er nach sechs Jahren plötzlich wieder den Fuß in der Tür zur Königsklasse hat, kommt nicht von ungefähr. "Ich hoffe, ich kann meinem Traum ein Stück näher kommen. Das werde ich nicht leugnen", so Kubica, der immer am Comeback-Wunsch festhielt.

Kubica stand 2010 in Spa-Francorchamps als Dritter das letzte Mal auf dem Podium, Foto: Sutton
Kubica stand 2010 in Spa-Francorchamps als Dritter das letzte Mal auf dem Podium, Foto: Sutton

Muss Palmer schon beim Ungarn-Test Platz machen?

Bereits in anderthalb Wochen könnte er den nächsten Schritt in Richtung seines großen Traumes machen: Am 1. und 2. August finden auf dem Hungaroring die zweiten und letzten offiziellen Formel-1-Testfahrten in der laufenden Saison statt. Erst in der Woche nach dem Finale in Abu Dhabi wird erneut getestet. Für Renault bietet der Ungarn-Test somit die letzte offizielle Möglichkeit, Kubica den aktuellen Boliden vor dem Ende der Saison unter realen Bedingungen testen zu lassen. Gleichzeitig würde dies jedoch bedeuten, dass Renault mit seinen Stammfahrern in eine Zwickmühle gerät.

Laut Reglement müssen an den vier offiziellen Testtagen unter der Saison an jeweils zwei Tagen ein Stammfahrer und an den anderen beiden Tagen ein Young Driver hinter dem Steuer sitzen. Als Young Driver zählt, wer nicht mehr als zwei Rennteilnahmen in der Formel 1 vorweisen kann. Kubica fällt mit fünf vollen Saisons aus dem Raster und könnte somit nur für einen Stammfahrer eingesetzt werden. Beim ersten Test in Bahrain saß Nico Hülkenberg als Stammpilot im Cockpit. Als Young Driver hat Renault für den Test in Ungarn bereits den Kanadier Nicholas Latifi, aktuell in der Formel 2 unterwegs, bekanntgegeben. Wem der Part des Stammfahrers zuteilt wird, wurde noch nicht verlautbart. Aufgrund Hülkenbergs Einsatz in Bahrain sollte es eigentlich Jolyon Palmer sein.

Wenn sich Renault jedoch zu einem Test mit Kubica durchringt, müsste der so arg gebeutelte Palmer schon bei den Testfahrten sein Cockpit für den Polen räumen - völlig egal, ob dieser ihn später auch am Rennwochenende ersetzen wird oder nicht. Abiteboul gab im Rahmen des Silverstone-Wochenendes zu Protokoll, dass das Team Palmer versichert habe, auch beim Ungarn GP im Cockpit zu sitzen - entgegen etwaiger Gerüchte, noch vor der Sommerpause von Carlos Sainz ersetzt zu werden. "Ich habe ihm gegenüber sämtliche Spekulationen ausgeräumt, dass er in Budapest ersetzt wird", so der Franzose, dessen Äußerung sich offensichtlich nur auf das kommende Rennen in Budapest beschränkte. Nach einer Zusage, dass Palmer auch nach der Sommerpause noch für Renault startet, klingt das nicht.

Robert Kubica kämpft beim Ungarn GP 2010 gegen Nico Rosberg, Foto: Sutton
Robert Kubica kämpft beim Ungarn GP 2010 gegen Nico Rosberg, Foto: Sutton

Variante B: Renault opfert einen Pre-Season-Test für 2018

Sollten die Franzosen Kubica beim Ungarn-Test ranlassen und feststellen, dass er den Anforderungen der 2017er Boliden doch nicht gewachsen ist, wäre das ein denkbar schlechter Ausgang für alle Beteiligten. Kubicas Traum vom Comeback würde einen Dämpfer erhalten und Palmers bereits angeschlagene Moral alleine dadurch, dass er für den Test das Cockpit räumen muss, den nächsten Tiefschlag kassieren. Für den Briten wäre es der endgültige Beweis dafür, dass Renault einen Ersatz für ihn sucht. Etwas, das seiner Form am Rennwochenende wohl kaum den erhofften Auftrieb verleihen würde.

Das Regelwerk bietet Renault jedoch noch eine andere Möglichkeit, Kubica mit dem diesjährigen Auto testen zu lassen. Wenn ein Team einen Piloten offiziell zum Ersatzfahrer für einen der beiden Stammpiloten ernennt, bekommt es die Möglichkeit einen privaten Test mit diesem durchzuführen - trotz des eigentlich herrschenden Testverbots. Dies würde jedoch auch bedeuten, dass Renault einen seiner Pre-Season-Testtage für 2018 riskiert. Denn wenn Kubica nach der Ersatzfahrer-Nominierung samt Testtag im Jahr 2017 nicht bei einem Grand Prix zum Einsatz, darf Renault bei den Wintertestfahrten für die kommende Saison nur sieben statt acht Testtage abhalten.

Kubica sicher: 2017er Bolide stellt kein Problem dar

Kubica selbst hat nach seinen Testfahrten in Valencia und Le Castellet nicht den geringsten Zweifel daran, dass er auch Renaults aktuellen Boliden bändigen könnte. "Die Unterschiede liegen hauptsächlich in der Kurven-Performance, aber das ist nur eine Frage der Gewohnheit", so der Pole gegenüber dem italienischen Corriere della Sera. "Wenn die anderen das können, sehe ich keinen Grund, weshalb ich nicht dazu in der Lage sein sollte."Kubica ist felsenfest davon überzeugt, dass er an die Form anknüpfen kann, die er zuletzt als Stammpilot in der Formel 1 zeigte.

"Es wird Training und Vorbereitung brauchen, aber ich weiß, dass ich wieder der Fahrer sein kann, der ich vorher war", so Kubica, der vor sieben Jahren für Renault drei Mal auf dem Podium stand. "Und ich kann ohne falsche Bescheidenheit sagen, dass mein Level in der Saison 2010 hoch war", fügt er an. Diese Gewissheit und das Selbstvertrauen zurückzuerlangen, steht für ihn über allem."Ich spürte im Cockpit diesen Frieden, den ich sechs Jahre lang vermisst hatte. Der Rest passierte fast wie durch Magie und das ist es, was für mich bleibt. Egal, was als nächstes passiert", so Kubica.