Das Toyota Racing Team hat in seiner noch jungen Formel 1 Geschichte bereits viele Umstrukturierungen erlebt und viele Managementwechsel in der Zentrale in Köln-Marsdorf mitgemacht. Ebenso sieht es beim Mutterkonzern der Toyota Motorsport GmbH in Japan aus. Dort besitzt Toyota einen Vorsitzenden, zwei stellvertretende Vorsitzende, einen Präsidenten, sechs ausführende stellvertretende Vizepräsidenten und 14 Senior Managing Directors.

Entsprechend viele Wortäußerungen gibt es zum F1-Engagement des Autoriesen, welcher am vergangenen Samstag seinen fünften F1-Boliden der Weltöffentlichkeit präsentierte.

Das große Ziel des einstigen Fünfjahresplans waren hierbei Siege im diesjährigen vierten Jahr und der Angriff auf den WM-Titel im fünften Jahr. Davon sind die Köln-Marsdorfer jedoch weit entfernt. Dennoch gibt es für Jarno Trulli und Ralf Schumacher eine klare Zielvorgabe für 2005, welche auch Ralf unterstützt: Einige Podestplätze müssen her.

Ralf, was hat Dich an Toyota zuerst gereizt?

Ralf Schumacher: Dem Team beizutreten gab mir die Möglichkeit für einen noch jungen und aufstrebenden Rennstall zu fahren. Zudem war ich sehr davon beeindruckt wie professionell das Team operierte als ich bei den ersten Testfahrten im November antrat. Dass der Motor und das Chassis am gleichen Ort gebaut werden ist wichtig, denn alle arbeiten auf das gleiche Ziel hin. Die Tatsache, dass das Team in Deutschland stationiert ist, ist ein zusätzlicher Pluspunkt für mich und ich glaube, dass all diese Dinge eine perfekte Kombination für unseren zukünftigen Erfolg darstellen.

Welche Vorteile bietet es Motor und Chassis unter einem Dach zu bauen?

Ralf Schumacher: Dies bedeutet schlicht und einfach, dass keine Energien verschwendet werden. Wenn alle im gleiche Gebäude arbeiten ist es klar, dass sich alle auf dasselbe Endergebnis konzentrieren.

Hattest Du große Bedenken, weil Toyota bislang noch keine großen Erfolge feiern konnte?

Ralf Schumacher: Ich denke, dass die kurze F1-Geschichte von Toyota typisch für die Formel 1 ist. Man kann niemals erwarten sofort Erfolg zu haben und es gibt viele Gründe dafür. Ich wird Toyota sicherlich noch etwas Zeit kosten es bis an die Spitze zu schaffen, aber die ersten drei Jahre sind nun vorbei und sie haben viel gelernt. Die Leute im Team wissen worum es geht und deswegen sehe ich der Zukunft sehr optimistisch entgegen.

Du hast das Team in Fabrik und an der Rennstrecke arbeiten sehen. Was waren Deine ersten Eindrücke?

Ralf Schumacher: Ich war ermutigt als ich das Team zum ersten Mal sah, denn die Art und Weise wie sie arbeiten ist wirklich professionell. Deswegen ist es wirklich eine Überraschung und auch eine Schande, dass sie bislang noch nicht mehr Erfolg hatten. Aber besonders am Ende der letzten Saison hatten sie etwas Pech, weswegen das Paket wahrscheinlich besser war als es aussah.

Gibt es irgendwelche speziellen Bereiche die Dich besonders beeindruckt haben?

Ralf Schumacher: Auf dem Elektroniksektor ist Toyota sehr weit fortgeschritten und das Potenzial ist besser als alles was ich gewohnt bin. Sie haben auch eine gute Struktur, besonders bei der Weiterentwicklung während des Jahres. Das wird das gesamte System antreiben, was sehr wichtig ist. Denn es war für mich immer frustrierend auf neue Teile zu warten. Der Motor hat eine großartige Fahrbarkeit. Die Elektronik ist leicht zu kontrollieren und ich muss zugeben, dass dies ein sehr weit entwickeltes Stück Technik ist.

Was denkst Du über die neuen Regeln für 2005?

Ralf Schumacher: Nachdem was ich bislang bei den Tests gesehen habe, bin ich von der Leistung der Reifen sehr überrascht. Die Reifen die wir bisher getestet haben sind wirklich gut und sie erzielen ähnliche Rundenzeiten wie im letzten Jahr. Ich schätze, dass wir weniger Boxenstopps sehen werden und ich glaube nicht, dass es gegen Ende des Rennens noch schnellste Rundenzeiten geben wird. Schließlich werden wir die Reifen nicht mehr wechseln dürfen und frische Reifensätze werden immer schneller sein. Aber davon abgesehen spielen die Aerodynamikänderungen eine größere Rolle bei der Einbremsung der Autos. Die F1 ist auf dem Weg in die richtige Richtung. Man versucht den Speed einzubremsen. Wenn das nicht geschieht und wir so weiter machen wie in den letzten Jahren, dann werden wir Autos haben die fünf oder sechs Sekunden schneller sind als vor zwei Jahren. Und das ist einfach zu viel.

Wie viele Boxenstopps erwartest Du denn 2005?

Ralf Schumacher: Die Strategie wird vom Qualifying abhängen. Vielleicht sorgen die neuen höheren Frontflügel dafür, dass wir nicht so viel überholen können wie wir dies gerne möchten. Wenn dies der Fall sein sollte, dann werden wir weniger Boxenstopps sehen. Abhängig von der Strecke könnte es sein, dass wir nur einen sehr frühen Stopp sehen werden.

Welchen Einfluss wird die neue Zwei-Wochend-Motoren-Regel haben?

Ralf Schumacher: Bei Toyota sind wir in einer sehr guten Position, aber ich bin mir sicher, dass wir bei den Teams in diesem Jahr einige Motorschäden sehen werden. Sicherlich ist es das Ziel jedes Teams die gleiche PS-Anzahl und die gleichen Drehzahlen zu haben und dabei die Lebensdauer zu verdoppeln. Es wird also interessant sein zu sehen wie ihnen das gelingt.

Stört es Dich als Fahrer, dass es nun eine größere Wahrscheinlichkeit gibt aufgrund eines technischen Defekts eine Strafe zu kassieren?

Ralf Schumacher: Es hat nichts mit Glück zu tun. Es geht nur darum das volle Vertrauen in die Motorenabteilung zu setzen, die ihr Bestes geben. Es ist nicht unmöglich einen Motor für 1.500 km zu bauen. Es wird eine harte Aufgabe, aber ich bin mir sicher, dass wir diese Herausforderung bestehen können.

Könnte es für Toyota vorteilhaft sein, dass es so viele Regeländerungen gibt?

Ralf Schumacher: Auf der Motorenseite ist es definitiv ein Vorteil für uns alle bei Toyota. Denn unser Motor hat bereits eine sehr gute Lebensdauer. Auf der aerodynamischen Seite ermöglichen es die neuen Regeln anderen Teams aufzuholen und näher an den Top-Teams dran zu sein. Deshalb dürfte es insgesamt gesehen ein Vorteil für Toyota sein.

Toyota besitzt mit Olivier Panis und Ricardo Zonta zwei erfahrene Testpiloten. Wie wichtig ist das für den Erfolg des Teams?

Ralf Schumacher: Es ist wichtig Testfahrer zu haben auf die man sich verlassen kann. Leider werden wir bei so vielen Rennen nie alle Testfahrten bestreiten können, weswegen wir jemanden brauchen auf den wir uns verlassen können. Olivier und Ricardo sind beide eine sehr gute Wahl. Beide haben jede Menge Erfahrung und Speed, was großartig ist. Ich bin es gewohnt einen erfahrenen Testfahrer zu haben und das hat sehr geholfen. Deswegen muss es von Vorteil sein nun zwei erfahrene Piloten im Team zu haben. Es ist zudem ein wichtiges Stabilitätselement innerhalb des Teams, welches bei der Entwicklung sehr entscheidend ist.

Nachdem Du jetzt einige Zeit mit Deinem neuen Teamkollegen Jarno Trulli verbracht hast: Was sind Deine ersten Eindrücke von der Zusammenarbeit mit ihm?

Ralf Schumacher: Jarno war schon immer ein guter Kollege, selbst als wir noch für verschiedene Teams gefahren sind. Er ist – genau wie ich – ein sehr einfacher Kerl, weswegen wir sehr gut miteinander auskommen. Momentan haben wir sehr viel zu tun alles in die richtigen Bahnen zu lenken, aber ich glaube, dass wir die ideale Fahrerpaarung für Toyota sind. Schließlich werden wir uns beide gegenseitig ans Limit pushen.

Was bringst Du dem Team?

Ralf Schumacher: Ich kann einige produktive Kommentare und wertvolle Erfahrung einbringen – und hoffentlich das Wichtigste: Gute Resultate...

Wie anstrengend werden die 19 Rennen des neuen Jahres?

Ralf Schumacher: Ich glaube nicht, dass der F1-Kalender ein besonderes Problem für die Fahrer darstellt. Für den Rest der Jungs ist es sehr viel schwieriger. Allerdings sollte es weniger ein Problem sein, wenn die Testfahrten wie geplant reduziert werden.

Was hältst Du von den beiden neuen Kursen Bahrain und China?

Ralf Schumacher: Die Formel 1 muss weltweit agieren und Bahrain sowie China waren exzellente Anlagen. Das Problem ist, dass einige Strecken in Europa ihre besten Tage schon lange hinter sich haben, weswegen wir die Möglichkeit auf Strecken wie in Bahrain oder China zu fahren auch wahrnehmen müssen.

Haben Dir die neuen Kurse aus Fahrersicht Spaß gemacht?

Ralf Schumacher: Beide Strecken sind sehr herausfordernd und komplett anders. Aber sie machen beide viel Spaß und sind zudem sehr sicher. Die Anlagen sind beide einfach unglaublich und dies nicht nur für die Fahrer, auch für die Mechaniker, Marketingleute oder alle anderen, die etwas mehr Platz zum Arbeiten haben.