Der Name 'Schumacher' steht nicht nur für große Erfolge im Motorsport, sondern ebenso für einen hohen Anspruch an Qualität. Den hat Ralf Schumacher auch bei seinem neuesten Projekt, einer jüngst ins Leben gerufenen Kosmetik-Linie. Die eher hochpreisigen Hautpflegeprodukte ergänzen das Business-Portfolio des früheren Formel-1- und DTM-Fahrers bestehend aus einem eigenen Weingut (jetzt auch offizieller Partner der DTM), einem Hotellerie-Betrieb in Südafrika oder einem Luxus-Campingwagen.

Das Interesse an Kosmetikprodukten kommt beim 180-maligen Grand-Prix-Starter und sechsfachen Rennsieger nicht von ungefähr. "Ich bin jetzt 47 Jahre alt, die Zeichen des Alters zeigen sich auch bei mir. Wie viele Männer meiner Generation habe ich erkannt, dass es sehr wichtig ist, auf sich selbst, seine Haut und sein Auftreten zu achten", sagte Schumacher während seiner 'Schumacher Cosmetics'-Präsentation vor knapp 30 Medienvertretern im schicken 'Maximilian Munich Apartments und Hotel'.

Zwischen diversen Hautpflegecremes, Augenserums und Espressos - beide mit Coffein - sowie dem putzmunter herumhüpfenden Familienhund Lilly war Schumacher bei seinem 'Medien-Marathon' eingespannt wie zu besten F1-Zeiten. Für Motorsport-Magazin.com nahm sich der Vater von DTM-Pilot David Schumacher aber Zeit, um Klartext zu reden über die Nachwuchs-Krise im deutschen Motorsport, die Übernahme der DTM durch den ADAC und seine Ambitionen für ein Renn-Comeback.

Ralf, mit deiner neuen Kosmetik-Linie hast du ein weiteres Business neben zahlreichen weiteren eröffnet. Woher kommt eigentlich dieser Unternehmergeist?
Ralf Schumacher: Damit habe ich schon während meiner aktiven Formel-1-Zeit begonnen. Mir war ja klar, dass das im Verhältnis nur von einer relativ kurven Lebensdauer sein würde. Die Formel 1 ist zwar ein sehr schöner Kosmos, aber auch ein sehr spezieller. Da wollte ich irgendwann raus und auch andere Dinge machen. Man muss ja grundsätzlich schauen, wie es darüber hinaus weitergeht und man hat auch eine Verantwortung gegenüber der Familie. Mir wäre sonst auch langweilig geworden, um ehrlich zu sein. Man kann ja nicht immer das Gleiche machen.

Apropos Langeweile: Du hast dieses Jahr einen LMP3-Wagen von Konrad Motorsport in Hockenheim getestet. Wie steht es um dein Comeback als Rennfahrer?
Ralf Schumacher: Ich werde dieses Jahr ein Rennen fahren, wenn es terminlich passt. Ansonsten nächstes Jahr. Das wird in einem LMP3 sein, weil mir das sehr viel Spaß gemacht hat. Das hat auch noch einen anderen Grund, zu dem ich mich zu einem späteren Zeitpunkt äußern werde. Ich möchte das machen, solange ich körperlich dazu noch halbwegs in der Lage bin.

Ralf Schumacher bei der Präsentation seiner Kosmetik-Linie in München, Foto: Schumacher Cosmetics
Ralf Schumacher bei der Präsentation seiner Kosmetik-Linie in München, Foto: Schumacher Cosmetics

Du kennst sowohl die DTM als auch den neuen Markenrechteinhaber ADAC bestens. Was erwartest du in der Saison 2023 nach der Übernahme?
Ralf Schumacher: Es kann nur besser werden. Ich glaube, dass es deutlich professioneller zugehen wird. Auch mit Blick auf die Rennleitung. Ich kenne Sven Stoppe, deshalb bin ich mir sehr, sehr sicher. Das ist ein exzellenter Rennleiter, der vor allem auch die Fahrer kennt und sich die Zeit nimmt, mit ihnen zu sprechen. Zuletzt war das alles wenig befriedigend. Vor allem, wenn man schaut, wie viel Geld dahintersteckte. Die Teams haben viel Geld in die Hand genommen. Allein das Boxen-Equipment für die DTM kostete 100.000 Euro, wenn das denn ausreichte. Die DTM hat es verdient, professionell weitergeführt zu werden. Der ADAC ist der Einzige in Deutschland, der nachhaltig viel für den Motorsport tut.

Ein großes Thema ist und bleibt der Motorsport-Nachwuchs in Deutschland, speziell im Formel-Sport. Deine Meinung?
Ralf Schumacher: Das ist eine Katastrophe. Wir haben uns motorsportlich für die Welt abgeschafft. Und das mit offenen Augen. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, aber offensichtlich war das nicht gewünscht. Unser größtes Problem war es, die Formel 3 zu verkaufen. Die Formel 3 war das Tor zur Formel 1 und als Rahmenprogramm der DTM ein Mittelpunkt des deutschen Motorsports, auch für internationale Fahrer. Jetzt ist Deutschland austauschbar geworden. Warum sollte man hier noch Motorsport machen? Ganz im Gegenteil: In Italien findet der Kart- und Formel-4-Sport statt. Und dann geht es gleich weiter: Wir haben keine Formel-1-Rennen mehr und mit Mercedes nur einen deutschen Hersteller, wenngleich mit Audi ein zweiter hinzukommen wird. Mercedes greift die Leute unabhängig davon ab, wo sie herkommen, was auch richtig ist. Aber Mercedes betreibt keine Nachwuchsförderung im klassischen Sinne. Wir haben obendrein kaum Kart-Bahnen. Und die, die wir haben, sind alt und schlecht.

Ist eine Besserung absehbar?
Ralf Schumacher: Für mich ist der Zug 'Formel-Nachwuchs' abgefahren. Der ADAC wird sich auf den Tourenwagensport konzentrieren. Der Formel-Sport in Deutschland hat sich für mich erledigt für die nächsten Jahre. Wir haben auch nicht investiert. In gar nix! Wer heute im Kart-Sport anfängt, der muss nach Italien gehen. Und wenn er einmal dort ist, dann bleibt er in Italien. Das schließt sowieso 99 Prozent aller Motorsportler aus, weil in Italien im professionellen Bereich eine Saison schon fast eine Viertel-Million kostet. Ich weiß nicht, wie viele Eltern solche Summen aufbringen können.

Das klingt nach einem vernichtenden Urteil für den deutschen Formel-Nachwuchs...
Ralf Schumacher: Das ist die Wahrheit. Ich habe schon vor rund zehn Jahren darauf hingewiesen, es wollte aber keiner hören. Gott sei Dank hat der ADAC die DTM aufgefangen, aber wir haben eine weitere wichtige Plattform verloren (ADAC GT Masters als komplett eigenständige Plattform; d. Red.). Früher waren es zwei, jetzt nur noch eineinhalb. Beide hatten ihre Daseinsberechtigung und boten auch Platz für Nachwuchsserien. Die müssen jetzt irgendwohin ausweichen.

Ralf Schumacher nimmt kein Blatt vor den Mund, Foto: Schumacher Cosmetics
Ralf Schumacher nimmt kein Blatt vor den Mund, Foto: Schumacher Cosmetics

Du hast die neue und altbekannte Rennleitung in der DTM bereits angesprochen. Wo hat die Serie noch Luft nach oben?
Ralf Schumacher: TV und Marketing sind sicherlich entscheidend. Ich hatte selber mal versucht, so etwas wie eine Netflix-Doku über die DTM zu machen. Es gibt ja auch in Deutschland Formate, bei denen man sowas machen könnte. Damit kann man auch die jungen Leute abholen. Das war ja das große Glück der Formel 1: Junge Leute, die die F1 gar nicht mehr auf dem Schirm hatten, fanden durch die Netflix-Serie ihr Interesse an der Serie. Zu mir kamen Freunde von meinem Sohn David, die mir sagten, dass der Blick hinter die Kulissen ja richtig cool sei. So etwas brauchen wir auch für die DTM. Und noch etwas...

Ja, bitte?
Ralf Schumacher: Ich würde in Deutschland gerne mal wieder positivere Dinge hören. Man traut sich ja fast kaum noch, positiv über den Motorsport zu sprechen, wenn man sich manche Politik-Sendungen anschaut. Wir neigen dazu, entweder gar nichts oder zu viel zu machen. Die gesunde Mitte gibt es immer weniger, und das ist auch nicht so gut für den Motorsport.

Ralf Schumachers Sohn David startet wieder in der DTM, Foto: DTM
Ralf Schumachers Sohn David startet wieder in der DTM, Foto: DTM

Was erwartest du von deinem Sohn David, der nach dem Wechsel aus dem Formel-Sport vor seiner zweiten Saison in der DTM steht?
Ralf Schumacher: Ich erwarte gar nichts, die größte Erwartungshaltung hat er selbst an sich nach dem vergangenen Jahr. Nach den Eindrücken der letzten Testfahrten könnte ich mir vorstellen, dass er jetzt im GT-Sektor angekommen ist. Es ist nicht einfach, mit so einem 1,4 Tonnen schweren Auto zu fahren. Das ist ihm jetzt ganz gut gelungen. Mit Lucas Auer hat David zudem bei Winward-Mercedes einen Teamkollegen, vor dem er viel lernen kann.