Zugegeben, die FIA Pressekonferenz mit den Teamverantwortlichen am Freitagnachmittag ist meist spannender als das Pendant am Donnerstag mit den Fahrern. Für Skandale ist sie aber meist nicht gut - wenn nicht gerade im Nachhinein ein Teamchef den Entzug der Akkreditierung eines einzelnen Journalisten fordert. Die Freitags-Pressekonferenz in Russland sorgte aber für Aufsehen.

Weniger bei den Journalisten oder den Fans, als vielmehr bei Mercedes Motorsportchef Toto Wolff. Denn der Österreicher ist über die Kommentare von Red Bull Teamchef Christian Horner verärgert. "Ich bin sehr überrascht, Kommentare wie diese zu hören. Denn wir hatten ein Treffen der Strategiegruppe an diesem Morgen und was wir darin diskutieren ist - wie der Name sagt - Strategie und nichts, das öffentlich diskutiert werden sollte", so Wolff gegenüber Adam Cooper.

Renault und Ferrari gegen Mercedes

Darum geht es: Die Motorenhersteller Ferrari und Renault, sowie deren Kundenteams, wollen an der Reglementschraube drehen. Sie wollen den Entwicklungsstopp bei den Power Units während der Saison kippen, um Mercedes' Vorsprung aufzuholen. Laut Reglement darf derzeit bis zum 28. Februar eines Jahres entwickelt werden, dann müssen die Motoren für die gesamte Saison homologiert werden. Deshalb schleppen Renault und Ferrari schon die gesamte Saison ihre Defizite mit.

Power Units sind nicht nur effizient, sondern auch sehr teuer, Foto: Renault
Power Units sind nicht nur effizient, sondern auch sehr teuer, Foto: Renault

Wolff erklärte zwar, sich diesem Thema nicht ganz verschließen zu wollen, Begeisterungsstürme löst das Vorhaben bei Mercedes aber verständlicherweise nicht aus. Denn der Klassenprimus hat schließlich kein Interesse daran, etwas von seinem Vorsprung durch eine Regeländerung einzubüßen. Mercedes' Argument ist aber ein ganz anderes: das Geld. "Absoluter Schwachsinn", meint Wolff. "Wenn man es bis zum 28. Februar nicht schafft, warum soll man es dann drei Monate später besser machen? Wir erhöhen unsere Kosten nur, weil jemand findet, die Deadline kommt zu früh."

In Russland traf sich nun die Strategiegruppe, um über eine Regeländerung zu beratschlagen. Und hier stellten sich offenbar die drei in der Gruppe vertretenen Mercedes-Teams gegen eine Regeländerung. Wie Horner in der FIA Pressekonferenz der breiten Öffentlichkeit erörterte, hätte Mercedes seine Meinung sogar geändert. Denn in Singapur noch hätten sich die Teams einstimmig für eine Anpassung ausgesprochen, so Horner.

"Bis jetzt wurde noch keine Entscheidung getroffen, weil es erst einmal noch durch die Formel-1-Kommission und anschließend durch den World Motorsport Council gehen muss. Über unerledigte Geschäfte zu sprechen ist nicht das, was ich von solchen Treffen erwarte", verleiht Wolff seinem Unmut über Horners Äußerungen Nachdruck.

"Ich bin sehr überrascht, über diese Dinge in der Öffentlichkeit zu sprechen", so Wolff weiter. "Das ist eine Strategiegruppe und wir müssen vermeiden, dass etwas große Wellen schlägt, bevor Entscheidungen getroffen sind."

Vorschlag noch nicht vom Tisch

Mit den Gegenstimmen von Mercedes, Lotus und Williams ist der Vorschlag aber noch nicht vom Tisch. Ändern die Teams ihre Meinung, könnten am Reglement durchaus noch Korrekturen für die nächste Saison vorgenommen werden. Dafür benötigt es allerdings einen einstimmigen Beschluss, nur dann geht der Antrag vor das World Motorsport Council. Einstimmig muss der Beschluss sein, weil der Antrag erst nach dem 30. Juni kommt - das ist der eigentliche Stichtag für Regeländerungen. Alles, was danach kommt, muss einstimmig von der Formel-1-Kommission beschlossen werden.

Neben den elf Teams sitzen auch noch der kommerzielle Rechteinhaber, die FIA, Streckenbetreiber, Reifenhersteller Pirelli, die drei Motorenhersteller sowie einige Sponsorenvertreter in der F1-Kommission. Ein Veto von einem der vier Mercedes-Kundenteams genügt also, um eine Regeländerung zu stoppen.

Im Wesentlichen müssen es Teams und Motorenhersteller unter sich ausmachen: Dass die anderen Parteien der Änderung Steine in den Weg legen, ist eher unwahrscheinlich. "Die FIA und die FOM unterstützen das Vorhaben. Und auch die Nicht-Mercedes-Teams sind dafür - mal sehen, was in etwa einem Monat passiert", meint auch der auskunftsfreudige Horner.

Horners Aussage im Wortlaut

"Das Problem ist ein bisschen ein bewegliches Ziel, weil wir im einen Moment bei etwas übereinstimmen und sich Leute dann plötzlich nicht mehr daran erinnern können, zu was sie zugestimmt haben und sie ändern ihre Meinung. Es geht im Moment etwas vor sich."

"In Singapur hatten sich die Teams noch einstimmig auf eine Position geeinigt. Aber ich denke, anschließend hat Mercedes seine Position geändert. Anschließend hatten wir ein Meeting mit der Strategiegruppe und die Mehrheit hat dafür gestimmt, so dass es nun zur Formel-1-Kommission geht. Diese muss zustimmen, damit Upgrades während der Saison erlaubt sind. Wir werden sehen, wie die Formel-1-Kommission abstimmt. Die FIA und die FOM unterstützen das Vorhaben. Und auch die Nicht-Mercedes-Teams sind dafür - mal sehen, was in etwa einem Monat passiert."