Im ersten Jahr des neuen Reglements war der 28. Februar ein entscheidendes Datum. An diesem Tag wurden die Power Units homologiert. Danach durften lediglich Änderungen vorgenommen werden, die ausschließlich die Zuverlässigkeit verbessert haben. Weil schon vor dem Stichtag klar war, dass Mercedes der Konkurrenz meilenweit voraus ist, versuchte Renault sogar die Deadline nach hinten zu verschieben. Ohne Erfolg, der Stichtag wurde eingehalten. Deshalb schleppen Renault und Ferrari ihre Defizite über die gesamte Saison mit.

Der Entwicklungsstopp ist Ferrari mindestens so sehr ein Dorn im Auge wie das Testverbot. "Wir wollen die Möglichkeit haben, während der Saison das Auto zu verbessern und auch die Motoren. Wir müssen unsere Techniker motivieren, zu arbeiten und nicht zu viele Dinge einfrieren. Denn die Formel 1 muss Entwicklung und Wettkampf sein", polterte Luca di Montezemolo in einer seiner letzten Reden als Ferrari Präsident.

Komplizierter Regelgebungsprozess

Am Rande des Russland GPs traf sich die Strategiegruppe, um über eine mögliche Lockerung des Engine-Freeze zu diskutieren. Die 18 Parteien konnten sich darauf einigen, den Entwicklungsstopp für das nächste Jahr zu lockern. Allerdings stimmten drei der vier Mercedes-Teams der Änderung nicht zu: Mercedes, Lotus und Williams stimmten dagegen.

So ist die Strategiegruppe zusammengesetzt, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
So ist die Strategiegruppe zusammengesetzt, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

In der Strategiegruppe ist das kein Problem, Entscheidungen müssen nicht einstimmig gefällt werden, die absolute Mehrheit reicht. Von insgesamt 18 Stimmen gehören 6 dem kommerziellen Rechtinhaber, sechs weitere hat die FIA. Die restlichen 6 Stimmen teilen sich die CCB (Constructors Championship Bonus) Teams. Dazu gehören Ferrari, Red Bull, Mercedes, McLaren und Williams. Die letzte Stimme gehört Lotus, weil das Team von Federico Gastaldi im vergangenen Jahr das bestplatzierte Team außerhalb der CCB-Teams war.

So ist die F1-Kommission zusammengesetzt, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
So ist die F1-Kommission zusammengesetzt, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

Die Strategiegruppe kann allerdings nicht über Regeländerungen entscheiden. Sie kann lediglich Vorschläge vor die Formel-1-Kommission bringen, die ihrerseits ein Veto-Recht hat. Erst wenn eine Regeländerung von der Kommission durchgewinkt wird, geht sie vor das WMSC. Weil die Änderung aber erst nach dem 30.06. für die kommende Saison verabschiedet werden soll, ist bei der Formel-1-Kommission ein einstimmiger Beschluss nötig. Den könnte schon ein einziges Mercedes-Team verhindern.

"Es ist knifflig, weil da alle Teams drinnen sitzen und noch anderen Parteien. Und in der F1-Kommission haben wir eindeutige Entscheidungen selten gesehen", warnte Toto Wolff schon in Singapur. Damals sagte der Mercedes Motorsportchef allerdings noch, sich nicht kategorisch querstellen zu wollen. "Wir können nicht sagen, das interessiert uns alles nicht, es geht uns nichts an und wir hören auch nicht hin, denn wir haben die beste Power Unit und alles andere ist uns egal. Das geht auch nicht", so Wolff.

Allerdings gab es nun in Russland drei Gegenstimmen. "In Singapur hatten sich die Teams noch einstimmig auf eine Position geeinigt", schimpft Red Bull Teamchef Christian Horner. "Aber ich denke anschließend hat Mercedes seine Position geändert."

Details zum Beschluss der Strategiegruppe sind noch nicht bekannt, lediglich, dass die Entwicklung während der Saison erlaubt sein soll. Dabei könnte es allerdings verschiedene komplizierte Szenarien geben. Gut möglich, dass Mercedes mit der verabschiedeten Variante nicht zufrieden ist.

Denn Toto Wolff deutete bereits an, kein allzu großer Fan der Entwicklungsfreigabe zu sein. "Wenn man es bis zum 28. Februar nicht schafft, warum soll man es dann drei Monate später besser machen? Wir erhöhen unsere Kosten nur, weil jemand findet, die Deadline kommt zu früh."