Licht und Schatten bei Red Bull in Australien: Daniel Ricciardo fährt nach starkem Qualifying sensationell zu seinem ersten Podiumsplatz in der Formel 1 - Sebastian Vettel muss von Platz 12 starten und fällt schon nach fünf Runden wegen Motorproblemen aus. Zwei Fragen stellen sich rund um die Truppe aus Milton Keynes: Überwiegt Freude oder Ärger? Wie geht es nun weiter mit dem Weltmeister-Team?

Welches Gefühl nach dem ersten Rennen bei Red Bull vorherrscht, drückte Helmut Marko in aller Deutlichkeit aus. "Das heutige Ergebnis ist vergleichbar mit der Erleichterung nach dem WM-Gewinn 2010", sagte Red Bulls Motorsportberater. "Für das ganze Team war es eine unglaubliche Erleichterung." Nach all den Problemen während der Winter-Testfahrten wäre Red Bull laut Marko schon froh gewesen, in Melbourne einfach nur die Zielflagge zu sehen.

Quantensprung für Red Bull

Stattdessen sorgte Lokalmatador Ricciardo für große Begeisterung auf den Tribünen und erzielte die ersten 18 WM-Punkte für seinen neuen Arbeitgeber. Der junge Australier lieferte eine blitzsaubere Vorstellung ab und verteidigte sich in den Schlussrunden stark gegen den heranrauschenden Kevin Magnussen. "Uns ist ein Quantensprung gelungen", meinte Marko hinsichtlich der Performance. "Ein sensationeller Einstand von Daniel, und Platz zwei zeigt, was möglich ist."

Marko klang hellauf begeistert angesichts der Power, die im RB10-Boliden schlummert. Sein Credo: Wenn die Probleme mit der instabilen Power Unit ausgeräumt sind, fährt Red Bull wieder an der Spitze. "Wir wissen, welche Möglichkeiten im Motor stecken und das Chassis fangen wir ja gerade erst an zu entwickeln", schickte Marko eine Kampfansage an die Konkurrenz. "Jetzt müssen wir das abrufen und zuverlässig machen." Genau hier liegt allerdings der große Knackpunkt: Wie lange wird es dauern, bis Red Bull alles im Griff hat?

Renault hat Probleme unterschätzt

Schon während der Testfahrten hatte sich angedeutet, dass Adrian Newey wieder einmal ein extrem schnelles Auto gebaut hat. Der Speed wurde aber von den eklatanten Motorenproblemen überschattet. Im Lauf des Wochenendes in Melbourne hat Red Bull nun gemeinsam mit Renault einen Plan aufgestellt, wie es weitergehen soll. Dieser sowohl kurz- als auch mittelfristige Lösungen vor, schließlich steigt das zweite Rennen bereits in zwei Wochen in Malaysia.

Riesen-Jubel bei Ricciardo, Foto: Sutton
Riesen-Jubel bei Ricciardo, Foto: Sutton

Marko zum Zwei-Punkte-Plan: "Wir haben einen Aktionsplan mit Renault erstellt. Wir sind auf Renault angewiesen. Sie haben die Probleme unterschätzt und den zeitlichen Rahmen nicht richtig kalkuliert. Jetzt arbeiten wir aber gemeinsam an einer Lösung. Es ist passiert und macht nun keinen Sinn mehr, zurückzublicken." Positiv sei der Schritt gewesen, der dem französischen Motorenlieferanten seit den letzten Tests in Bahrain gelungen ist - das Resultat setzte Ricciardo mit einem Top-Ergebnis um.

Plan: Mercedes besiegen

Unter der kurzfristigen Lösung verstand Marko die Rennen bis zum Europa-Auftakt Anfang Mai in Spanien. Heißt: In Malaysia, Bahrain und China sollen offenbar die wichtigsten Probleme gelöst werden, um nicht den Anschluss an Mercedes und Co. zu verlieren. Die mittelfristige Lösung laut Marko: "Was muss bis zum Sommer passieren?" Der Gesamtplan sieht natürlich vor, die Weltmeisterschaft in allen Kategorien zu verteidigen - der ausgemacht Gegner heißt Mercedes.

"Die Frage ist: Wie schnell können diese Schritte gesetzt werden, damit wir näher an Mercedes herankommen", so Marko. "Mit dem Wissen, was bei uns noch alles nicht funktioniert, ist der Rückstand aufholbar." Aktuell sei der Mercedes-Motor noch leistungsstärker, was sich gerade auf Strecken wie Bahrain und Malaysia mit ihren langen Geraden auswirke. "Aber chassismäßig sind wir sicher on top", sagte Marko. "Und es kommt auch darauf an, wie man ein Rennen gestaltet. Heute haben wir gesehen, dass man auch mit dem zweitschnellsten Auto den zweiten Platz holen kann."

Unterdessen zweifelte Teamchef Christian Horner, ob Mercedes wirklich schon alles gezeigt hat, obwohl Rennsieger Nico Rosberg beim Zieleinlauf fast 25 Sekunden Vorsprung auf Ricciardo hatte. "Mercedes ist extrem schnell", warnte Horner. "Ich denke, dass sie eher nach der Pace gefahren sind statt voll am Limit. Die haben wahrscheinlich noch mehr drauf. Was uns aber Mut macht: Wir sind mit Ferrari und McLaren Rennen gefahren und haben sie besiegt - im Vergleich zum Rest des Feldes haben wir unsere Erwartungen übertroffen."